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Feuer auf See

Feuer auf See

Titel: Feuer auf See
Autoren: Jack London
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Steuerbord-Halsen zurück und durchpflügte die See, nach den Acteonsinseln suchend, nach denen die Ausguckleute auf den Masten vergeblich ausspähten.
    Kapitän Davenport war außer sich. Seine Wut nahm die Form verbissenen Schweigens an, und er verbrachte den Nachmittag damit, neben der Hütte auf und ab zu gehen oder sich gegen die Luvwanten zu lehnen. Bei Anbruch der Nacht ließ er, ohne McCoy zu befragen, vierkant brassen und den Kurs auf Nordwest setzen. Mr. König, der verstohlen Karte und Kompaß, und McCoy, der offen letzteren befragte, wußten, daß sie nach der Haoinsel fuhren. Um Mitternacht verzogen sich die Wolken, und die Sterne kamen zum Vorschein. Kapitän Davenports Laune besserte sich bei der Aussicht auf einen klaren Tag.
    »Morgen früh will ich eine Observation nehmen«, sagte er zu McCoy, »obgleich ich keine Ahnung von unsrer Breite habe. Aber ich werde die Sumnersche Methode anwenden und so Klarheit schaffen. Kennen Sie die Sumnersche Linie?«
    Und er erklärte sie McCoy in allen ihren Einzelheiten.
    Der Tag blieb klar, der Passat blies stetig aus Osten, und die ‘Pyrenees’ machte ebenso stetig ihre neun Knoten. Kapitän und Steuermann berechneten beide die Position nach der Sumnerschen Linie, verglichen sie noch einmal am Nachmittage.
    »Noch vierundzwanzig Stunden, und wir sind da«, versicherte Kapitän Davenport McCoy. »Ein Wunder, daß das Deck des alten Kastens noch hält. Aber es dauert nicht mehr lange. Es kann nicht mehr lange dauern. Sehen Sie nur, es raucht täglich mehr. Und es war doch ganz dicht zu Beginn der Reise. frisch kalfatert in San Franzisko. Ich war ganz überrascht, als das Feuer ausbrach und wir die Luken verschalten. Sehen Sie da!«
    Er brach ab, um mit offenem Munde eine Rauchspirale anzustarren, die sich in Lee des Besanmastes zwanzig Fuß über dem Deck emporringelte.
    »Wo kommt das nun her?« fragte er entrüstet.
    Darunter war kein Rauch. Vom Deck aufsteigend, durch den Mast vor dem Winde geschützt, nahm er erst in dieser Höhe durch irgendeine Laune Form an und wurde sichtbar. Er ringelte sich vom Maste weg und hing einen Augenblick wie ein drohendes Anzeichen über dem Haupte des Kapitäns. Sein Mund schloß sich wieder.
    »Wie gesagt, ich war überrascht, als wir zuerst die Luken verschalten. Es war ein festes Deck und ließ doch den Rauch durch wie ein Sieb. Und seitdem haben wir immer und immer wieder kalfatert. Es muß unten ein furchtbarer Druck herrschen, der soviel Rauch hindurchtreibt.«
    An diesem Nachmittage überzog sich der Himmel wieder, und stürmisches, regnerisches Wetter setzte ein. Der Wind wechselte zwischen Südost und Nordost, und um Mitternacht wurde die ‘Pyrenees’ von einer scharfen Bö aus Südwest zurückgetrieben, woher der Wind unaufhörlich blies.
    »Wir erreichen Hao nicht vor zehn oder elf«, klagte Kapitän Davenport um sieben Uhr morgens, als das leuchtende Versprechen der Sonne durch trübe Wolkenmassen am östlichen Himmel ausgelöscht war. Und im nächsten Augenblick fragte er klagend: »Und wie steht es mit der Strömung?«
    Die Ausguckleute auf den Masten konnten kein Land melden, und der Tag verging mit regnerischen Flauten und heftigen Böen. Bei Anbruch der Nacht setzte eine schwere See aus Westen ein. Das Barometer war auf neunundzwanzig, fünfzig gefallen. Es wehte nicht, und doch begann die unheilvolle See zu wachsen. Bald rollte die ‘Pyrenees’ wie verrückt auf den ungeheuren Wogen, die in unendlicher Prozession aus der Finsternis im Westen heranrollten. Die Segel wurden so schnell gekürzt, wie beide Wachen arbeiten konnten, und als die ermüdete Mannschaft fertig war, konnte man ihre mürrischen und jammernden Stimmen hören, die fast tierisch und drohend in der Dunkelheit klangen. Als einmal die Steuerbordwache nach achtern gerufen wurde, um ein Segel zu sorren und zu sichern, bekundeten die Leute offen ihren Trotz und Unwillen. Jede ihrer langsamen Bewegungen war ein Protest und eine Drohung. Die Atmosphäre war feucht und klebrig wie Schleim, und bei dem Fehlen des Windes schienen alle Leute nach Luft zu keuchen und zu schnappen. Der Schweiß stand ihnen auf dem Gesicht und den bloßen Armen, und Kapitän Davenport, dessen Gesicht hagerer und sorgenvoller denn je war, starrte mit unruhigen Augen, von einem Gefühl drohenden Unglücks niedergedrückt, vor sich hin.
    »Es ist weit im Westen«, sagte McCoy ermutigend. »Schlimmstenfalls streifen wir es eben.«
    Aber Kapitän Davenport wollte sich
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