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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Autoren: Mike Carey
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Sie recht. Ich kann nicht beweisen, dass ich den Auftrag erledigt habe. Ich habe keine Augenzeugen. Keinen physischen Beweis. Das liegt in der Natur der Sache. Das meiste von dem, was ich tue, hinterlässt keine Spur.«
    Sie wartete mit kaum verhohlener Ungeduld darauf, dass ich endlich verschwand.
    »Nein«, fuhr ich laut nachdenkend fort. »Für eine gute, solide Spur braucht man ein gutes, solides Verbrechen. Jetzt weiß ich, dass Sie bei Tiler erschienen sind, denn ich habe es zu meinem Geschäft gemacht, das herauszufinden. Sie sind mit zwei Anwälten und einem Polizisten bei ihm erschienen und haben siebenundzwanzig Kartons verschiedener Dokumente übernommen, alles ohne Aufhebens und offizielle Anzeige. Am nächsten Tag reichte er seine Kündigung ein.«
    Alice machte ein Gesicht wie jemand, der sich viele Orte vorstellen konnte, an denen er in diesem Augenblick lieber gewesen wäre. »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte sie.
    Ich zuckte die Achseln. »Es liegt mir fern, auf etwas hinauszuwollen. Es ist am besten, Dinge taktvoll zu regeln. Man gewinnt nichts, wenn man etwas an die große Glocke hängt. Gut, der miese kleine Wichser wollte mich töten, aber ich weiß genauso wie jeder andere, dass es ein höheres Gut gibt. Sagen Sie, Alice, haben Sie getan, worum ich Sie gebeten habe? Sind Sie nach nebenan gegangen und haben sich den Keller angesehen?«
    Sie starrte mich ein oder zwei Sekunden wortlos an.
    »Ja«, sagte sie schließlich – und ich hörte deutlich die Anspannung unter dem neutralen Tonfall, um den sie sich bemühte. »Das habe ich.«
    »Sind Sie zu irgendwelchen Schlussfolgerungen gelangt?«
    Sie nickte zögernd. Sehr zögernd. Wieder ließ sie sich mit einer Antwort Zeit und wählte sorgfältig ihre Worte. »Ich habe mich anwaltlich beraten lassen. Diese Räumlichkeiten befanden sich nie im Besitz des Archivs. Sie gehörten weiterhin der Sozialversicherung, als uns 1980 der Rest des Gebäudes überschrieben wurde. Daher habe ich die Polizei informiert, dass in diese Räume eingebrochen wurde, und es dabei belassen.«
    »Natürlich haben Sie das getan, und zwar als Chefin des Bonnington-Archivs – oder als Privatperson, die es aus tätigem Bürgersinn für notwendig hielt, mit der Polizei zusammenzuarbeiten? Haben Sie einen Namen genannt oder anonym aus einer Telefonzelle angerufen?«
    Sie öffnete den Mund zu einer ärgerlichen Erwiderung, aber ich sprach schnell weiter. »Wie auch immer«, sagte ich, »gewiss haben Sie auch darauf hingewiesen, dass Sie, Jeffrey und Rich im Besitz von Schlüsseln zu dieser Tür waren und dass daher jegliche Untersuchungen im Zusammenhang mit Kidnapping, Vergewaltigung und/oder Mord bei Ihnen dreien beginnen müssten.«
    Ein längeres, angespanntes Schweigen setzte ein.
    »Ich habe meinen und Jeffreys Schlüsselbund gründlich kontrolliert«, sagte Alice. »An keinem befanden sich Schlüssel zu dieser Tür.«
    »Das ist interessant«, sagte ich. »Ich meine, ich sah, wie Rich vor einigen Tagen mithilfe seines Bonnington-Schlüsselbunds diese Räumlichkeiten betrat. Es ist mir aufgrund der begleitenden Ereignisse deutlich im Gedächtnis haften geblieben. Jetzt hingegen befindet Rich sich in einer geschlossenen Abteilung des West Middlesex, bis zur Halskrause vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln und ist natürlich nicht in der Lage, eine Aussage zu machen. Aber ich könnte der Polizei einen Tipp in dieser Richtung geben, für den Fall, dass es ihm irgendwann besser geht.«
    Durchaus möglich, dass Alice’ Gewissen sich bemerkbar machte, aber sie war nicht in der Stimmung, sich herumschubsen zu lassen. »Dann sollten Sie das eventuell tun«, sagte sie. »Was Sie unternehmen, ist allein Ihre Sache, Castor. Auf Wiedersehen und viel Glück!«
    »Wie sieht es denn mit dem Gug aus? Meinen Sie, wir sollten es auch in die Angelegenheit mit hineinziehen?«
    Darauf erfolgte keine Antwort. Alice machte ein Gesicht wie ein Kind, dem man soeben offenbart hatte, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Ich legte die Karten auf den Tisch. Es war keine Freude an Grausamkeit, sondern rein geschäftlich.
    »Außer Ihnen«, sagte ich, »hat Peele während seines Wirkens hier drei Leute eingestellt. Cheryl war ein Glücksgriff, aber von den beiden anderen hat einer das Archiv in großem Rahmen bestohlen, und der andere konnte einer Anklage wegen Mordes nur entgehen, weil er sozusagen im letzten Moment den Verstand verloren hat. Das ist doch eine tolle Bilanz, nicht wahr, und ganz sicher
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