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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Autoren: Mike Carey
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etwas, das beim Anstellungsgespräch, wenn die Leitung des Guggenheim der vorzeitigen Anstellung Ihres ehemaligen Chefs den nötigen formellen Rahmen verleiht, erwähnt würde.«
    Alice wusste anscheinend noch immer nicht, was sie darauf erwidern sollte, daher fuhr ich fort: »Ich denke es mir folgendermaßen. Es gab keinen Grund, Tiler nicht anzuzeigen, außer den Wunsch, keine schlafenden Hunde zu wecken, und Sie haben sich bemüht, die Ermittlungen im Mordfall Snezhna Alanovich vom Bonnington so fern wie möglich zu halten, obgleich Ihnen völlig klar sein muss, dass er sozusagen gleich nebenan passiert ist. Ich glaube, die Polizei war sogar hier und hat ein paar Fragen gestellt, aber offensichtlich war ich bei dieser Unterhaltung nicht zugegen und kann daher nicht sagen, was Sie gefragt wurden und was bei der Unterhaltung herausgekommen ist.
    Höchstwahrscheinlich sind Sie zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das, was in diesem Keller geschah, sie absolut nichts angeht. Höchstwahrscheinlich haben Sie für sich entschieden, dass Rich für das, was er getan hat, längst bestraft wurde und in seinem Zustand niemals in einem Prozess auftreten muss. Möglicherweise haben Sie auch darüber nachgedacht, wie peinlich es für Jeffrey werden könnte, wenn er in nicht nur einen sondern gleich in zwei Strafprozesse hineingezogen würde, und das zu einem Zeitpunkt, wo er gerade im Begriff ist, in einer durchaus eindrucksvollen Karriere den nächsten großen Schritt zu tun und sich als Kunsthistoriker zu etablieren.
    Es wäre eine Schande, wenn er einen Rückzieher machen müsste, und man kann unmöglich voraussagen, wann sich ein zweites Mal eine solche Gelegenheit ergeben könnte. Für Sie beide. Andererseits bin ich im Besitz von Richs Schlüsselbund – der sich auf interessante Weise von Ihrem und Jeffreys unterscheidet. Es ist nur ein Gedanke, Alice. Vor allem unter dem Aspekt, dass Meineid ein Verbrechen ist und so.«
    Ich ließ ihr alle Zeit, die sie brauchte, um sich diese kleine Rede durch den Kopf gehen zu lassen. Ich hatte lange daran gearbeitet und sie sogar mit Pen geprobt, und wir waren beide der Meinung, sie habe einige dramatische Höhepunkte aufzuweisen. Alice stand auf und ging zur Tür, die einen Spaltbreit offen stand. Sie drückte sie schwungvoll ins Schloss. Wir sahen einander quer durch den Raum an.
    »Sie sind ein Bastard, wissen Sie das?«, sagte Alice bei Weitem nicht so verärgert, wie ich erwartet hätte.
    »Ich habe den Auftrag ausgeführt«, rief ich ihr in Erinnerung. »Reden wir nicht drum herum. Ich habe den Auftrag erfüllt und bin dabei fast draufgegangen. Sie sind mir etwas schuldig. Tut mir leid, dass ich Sie so darauf hinweisen musste.«
    Wir feilschten noch ein wenig, aber im Grunde lagen die Dinge auf der Hand. Alice erklärte sich bereit, mir die siebenhundert Pfund zu bezahlen, die mir für den Exorzismus zustanden, und weitere fünfzehnhundert als Finderlohn für das Material, das Tiler entwendet hatte. Unter den gegebenen Umständen empfand ich die Summe nicht als riesig. Es war ziemlich genau der Betrag, den Pen brauchte, um die Hypothekenschulden für das Haus zu bezahlen, daher tat ich im Grunde nichts anderes, als mir mein Dach über dem Kopf zu erhalten. Geschäft war Geschäft.
    Als ich aber zur Tür ging, spürte ich ihren Blick auf meinem Rücken. Ich wandte mich um, und wir sahen einander durch den Raum fragend an. Nun, ich schaute fragend, während ihr Blick eine Anklage war.
    »Sie haben sie gesehen«, sagte ich.
    Alice wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Nach längerem Schweigen nickte sie.
    »Ich habe sie hereingespielt anstatt hinaus.« Ich suchte nach Worten. »Die Melodie hat sie für mich beschrieben. Es war die, die ich normalerweise um sie herum flechten würde, wenn ich einen Exorzismus durchführte, bis sie nicht mehr fliehen kann und verblassen muss, wenn die Musik verstummt. Ich denke – ich vermute –, dass die Melodie sie auch für Sie beschrieben hat und dass Sie sie diesmal sehen konnten. Sie werden Sie jedoch niemals wiedersehen. Ich kann Ihnen versprechen, sie wird nicht zurückkehren.«
    Aus welchem Grund auch immer schien das keine große Hilfe zu sein, aber mir fiel nichts anderes ein, das ich hätte sagen können. Ich tröstete mich damit, dass Alice eine Frau war, die immer zurechtkam.
    Auf dem Weg nach draußen machte ich einen Abstecher in den Arbeitsraum, in dem nur Cheryl saß. Sie sah von ihrer Tastatur hoch, nickte flüchtig und zwang
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