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Der beste Tag meines Lebens

Der beste Tag meines Lebens

Titel: Der beste Tag meines Lebens
Autoren: Ashley Miller , Zack Stentz
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    Teil Eins
    Geburtstagskuchen und eine Pistole
    1 . Kapitel
    Haifischverhalten
    Auf dem offenen Meer schwimmen Fische oft in Schwärmen. Dabei handelt es sich um eine arttypische Strategie zur Futtersuche oder zum Schutz vor Raubfischen. In den Gewässern vor den Galapagosinseln existiert jedoch ein Fischschwarm, der einzigartig auf der ganzen Welt ist …
    Tausende von Hammerhaien finden sich hier zusammen und schwimmen in komplizierten Formationen. Es ist die einzige Haiart, die ein solches Schwarmverhalten an den Tag legt. Wissenschaftler haben bis heute nicht herausgefunden, warum das so ist. Kommen sie hierher, um zu fressen oder um in einem feindlichen Meer Schutz zu suchen? Wählen sie potenzielle Partner aus? Oder zeigen sie einfach ein mysteriöses Sozialverhalten, das ein Beobachter von außen niemals begreifen kann?
    Mein Name ist Colin Fischer. Ich bin 14  Jahre alt und wiege 55  Kilogramm. Heute ist mein erster Tag an der Highschool.
    Bis zum Schulabschluss liegen noch 1365 Tage vor mir.
    ***
    Colin presste sein kostbares Notizbuch mit den Eselsohren an die Brust. Es hatte schon bessere Tage gesehen, obwohl er es sorgsam hütete. Der rote Einband war verblichen, die Spiralbindung aus Metall löste sich langsam, aber sicher auf, und die Löcher im Karton waren vom vielen Öffnen und Schließen ausgefranst.
    Das Notizbuch wurde von Colin auf seine Art und Weise – unausgesprochen, aber demonstrativ – geliebt.
    Er schob sich durch das Menschenmeer, das ihn umgab. Gelegentlich wirbelte es ihn an die Oberfläche, dann wieder schwamm er in tieferen Gefilden mit, aber immer hielt er die Augen gesenkt, um dem Blick und der Aufmerksamkeit der Raubfische zu entgehen, die auf diesem Flur jagen mochten.
    Obwohl Colin sich redlich bemühte, kam es hier und da zu Zusammenstößen mit anderen Schülern. »Entschuldige«, pflegte er zu sagen, ohne hinzuschauen, wenn jemand seinen Arm streifte. »Bitte fass mich nicht an«, wenn sein Ellbogen an einen fremden stieß. »Tut mir leid.«
    Colins Blick huschte nach oben, denn er hatte alle Schritte bis zu diesem letzten gezählt und wusste, dass es von seinem Spind zur Jungentoilette genau 27 waren. Die schwere Holztür gab ihm das Gefühl, ein Zwerg zu sein, und kurz fixierte Colin das blaue dreieckige Zeichen daneben. Colin mochte die Farbe Blau nicht. Ihm wurde kalt davon.
    Er drückte immer noch gegen die Tür und war dabei darauf bedacht, das Notizbuch vor der Berührung mit ihr oder noch schlimmer: mit dem dreieckigen Schild zu schützen.
    Die Jungentoilette war düster und schmutzig. Colin legte sein Notizbuch vorsichtig auf ein schmales, schwarzes Bord und blieb vor dem weißen Porzellanwaschbecken stehen. Er zuckte zusammen, als er registrierte, dass auch das Waschbecken selbst nicht sehr sauber war, und erst nach kurzem Zögern drehte er den Wasserhahn auf (erste Umdrehung – Pause – zweite Umdrehung – Pause – dritte Umdrehung, jetzt
waschen
). Zwei Tropfen Seife aus dem Spender – blau, was Colin nicht gefiel, doch dagegen konnte man nichts tun.
    Erst nachdem er sich die Hände abgespült hatte und seinem eigenen Blick in dem ramponierten Spiegel begegnet war, bemerkte Colin, dass er nicht allein war. Wayne Connelly stand hinter ihm.
    Wayne war ein Tier. In jeder Hinsicht das Gegenteil von Colin. Breitschultrig, dick, wie aus massivem Stein gemeißelt. Colin drehte sich zu ihm um, und Wayne lächelte.
    Colin prüfte das Lächeln. Versuchte es zu analysieren. Was bedeutete es? Im Geiste ging er eine Reihe von Merkzetteln durch, auf die jeweils eine andere Art von Lächeln gezeichnet war, sorgsam von Hand beschriftet:
    FREUNDLICH . NERVÖS . GLÜCKLICH . SCHÜCHTERN . GRAUSAM .
    »Hallo, Wayne«, sagte Colin, als läse er es aus einem Drehbuch. »Wie geht’s dir heute?«
    Waynes Lächeln wurde breiter, als er Colin – schnell für jemand mit seiner Statur – packte. Seine groben Pranken verdrehten den Stoff von Colins gestreiftem Poloshirt, hoben ihn dann in die Luft und trugen ihn zu einer der Klokabinen.
    »Mein Hemd«, stellte Colin fest, »du wirst es kaputt machen.«
    »Schick mir die Rechnung, Fischer«, antwortete Wayne. Mit lautem Donnern, das Colin erzittern ließ, trat er die Kabinentür zu. »Nachdem du den Haien hallo gesagt hast.«
    GRAUSAM , befand Colin, während sich sein Kopf in die Kloschüssel senkte, um sich schlagend, aber hilflos. Das Lächeln war eindeutig GRAUSAM .

2 . Kapitel
    Das Gefangenendilemma
    Ich
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