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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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spürte sie, wie ein ganz sonderbares Gefühl über sie kam: Ein glühend heißer Wind umzüngelte sie und gleichzeitig stach ein kalter Hauch ihre Haut mit unzähligen winzigen Eisnadeln. Die Dinge um sie herum verschwammen vor ihren Augen und gewannen wieder Konturen in dauerndem Wechsel, sie fühlte sich elend und verwirrt, verrückt – es war ein furchtbarer Zustand. Und das hatte ihr Vater monatelang ertragen müssen? Wie hatte er das ausgehalten?
    »Was dir das Leben geschenkt hat, soll dich vernichten  – das hat Rafe geschworen«, kreischte die Herrin. »Mein Blut soll sich gegen dich kehren. Wie konnte er das wagen! Das war sein Dank für alles, was ich für ihn getan hatte!«
    »Du hast seine Tochter umgebracht«, sagte Felicity. Sie musste all ihre Kraft und Entschlossenheit aufbieten, um die Worte herauszubringen. »Meine Tante.«
    »Sie war eine Nervensäge.« Die Herrin schnaubte verächtlich. »Ihr habt viel gemeinsam. Sein Blut … Tja, schön und gut, aber wenn keine Blutsverwandten mehr am Leben sind, kann mir die Geschichte auch nichts mehr anhaben.«
    Ein dumpfer Schmerz hämmerte in Felicitys Kopf; jeder Gedanke kostete sie ungeheure Kraftanstrengung. Die winzigen Eisnadeln stachen immer brutaler. Sie wusste, dass sie etwas unternehmen musste, aber sie war wie gelähmt.
    Abednego kam ihr zuvor. Er schnappte sich blitzschnell den Kasten, den Jasper über der Schulter trug. Der Zöllner protestierte, aber der Kapitän kümmerte sich nicht darum, sondern nahm die Sturmmaschine heraus und hielt sie hoch.
    »Sehen Sie, was ich hier habe?«, rief er der Herrin zu. »Jasper Cutgrass hat sie wiedergefunden. Ihr Komplize Barbarous Usage hat sie damals machen lassen, um sie für seine verbrecherischen Zwecke zu benutzen, und jetzt wird sie dazu dienen, Sie zu vernichten.«
    Die Matrosen, die in der Nähe herumstanden, wichen zurück; einige rannten zur Reling, offenbar bereit, sofort über Bord zu springen, falls ein Sturm losbrach. Sie kannten diese Höllenmaschine und wussten genau, was sie anrichten konnte.
    »Du wirst es nicht wagen.« Die Herrin reckte ihren Totenschädel trotzig auf. »Ihr würdet alle sterben.«
    »Nein, nur Sie allein werden vernichtet.« Abednego hob die Glaskugel drohend. Seine Leute wichen noch weiter zurück. »Es sind Ihre Kräfte, die diese Maschine entfesselt.«
    Die Herrin starrte den Kapitän mit ihren schrecklichen Augen an. »Bist du sicher, mein Junge, dass es klappt? Wenn ich überlebe, werde ich nicht ruhen, bis ich dich bestraft habe, das ist dir doch klar.«
    Abednego zögerte. Zweifel huschten über sein Gesicht. Er kannte den grausamen Charakter der Herrin nur allzu gut.
    Sie beugte sich vor, um ihm die Sturmmaschine aus der Hand zu nehmen, aber sie kam zu spät.
    Felicity hatte alle Willenskraft und Entschlossenheit mobilisiert. Das war der entscheidende Moment, ihre Chance, Rafes Gelübde wahr zu machen. Sie schaffte es, die Arme auszustrecken, und schnappte sich die geheimnisumwitterte Glaskugel.
    Noch Jahre später konnte sie sich an alles so genau erinnern, als erlebte sie es eben erst. Es war, als schwebte sie außerhalb ihres Körpers über dem Deck der Sturmwolke und sähe sich selbst in Zeitlupe handeln.
    Sie nahm wahr, wie Jasper seinen Arm ausfuhr – zu langsam –, um sie aufzuhalten. Sie sah Miranda Blake, das Baby auf dem Arm, die gelassen die Lage einschätzte, Abednego, der sich überrascht umdrehte, Henry, der auf sie zurannte und irgendetwas schrie, das sie nicht verstand. Sie sah die verschrumpelte Mumiengestalt, die sich ängstlich duckte.
    Und dann sah sie ihr eigenes vollkommen verwirrtes Gesicht, als die Sturmmaschine ihr sanft, aber bestimmt aus der Hand genommen wurde. Die schreckliche Gluthitze, die ihr die Haut versengte, war plötzlich weg.
    »So endet die Geschichte nicht«, sagte eine vertraute Stimme.
    Felicity fuhr herum. »Alice!«, rief sie. Was machst du hier?«
    Das rotwangige Gesicht der alten Dame sah müde aus. Zum ersten Mal in ihrem Leben bemerkte Felicity die tiefen Furchen und Fältchen der Haut. Alice wandte sich dem gespenstischen Wesen vor ihr zu.
    »Ach, Aura«, sagte sie sanft. »Was ist nur aus dir geworden.« Aus ihrer Stimme klangen Liebe, Enttäuschung und Bedauern.
    »Spar dir dein Mitleid, Schwester «, zischte die Herrin voller Verachtung.
    Felicity und Henry schnappten nach Luft. »Was …?«, fragte Felicity. Alice war die Schwester dieses Ungeheuers?
    Alice sah sie beschämt an. »Du bist sicher
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