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Feenland

Feenland

Titel: Feenland
Autoren: Paul J. McAuley
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Namens wegen, aber
Alex gelang es, den Lieferanten aufzuspüren, bevor das Zeug aus
den Regalen verschwand, und nun stapeln sich die letzten
Weltvorräte an Pisant in einer seiner drei
Industrie-Kühlschränke.
    Sonst gibt es noch eine Edelstahl-Küchenzeile, leer bis auf
eine große Cappuccino-Maschine und die Mikrowelle, in der Alex
die Mitnehmgerichte von Hong Kong Gardens oder seine
gefriergetrockneten malaysischen Armee-Rationen aufwärmt –
er hat im hinteren Teil der Werkstatt Kisten mit etwa tausend
etikettfreien Dosen rumstehen. Ein Bett ist auch da, hinter einem
chinesischen Wandschirm aus Lackpapier, und in einem ehemaligen
Büroraum hat er eine kleine Toilette und eine Duschkabine
installiert. Den übrigen Platz nehmen mit Glaszeug vollgestellte
Labortische ein, ein geschlossener Abzug für die
Chemiedämpfe, eine Ultra-Zentrifuge, ein Gefriertrockner und ein
PCR, ein Secondhand-Bioreaktor, ein Schreibtisch mit einem Metallrack
für den Computer, an dem Alex die DNS-Segmente rekombiniert und
das Ökosystem für sein künstliches Leben steuert
– und mitten auf dem nackten Beton-Fußboden die Maschine,
für die er seine Seele verkauft hat: Black Betty, das
Argon-Laser-Superding von Nuclear Chicago, ein Nucleotiden-Sequencer
und -Assembler nach dem neuesten Stand der Technik.
    Der Geruch der Werkstatt, dieser kräftige Cocktail aus
Lösungsmitteln und einer Spur von Salzsäure-Dämpfen,
beruhigt sein Kleinhirn. Alex lebt nun schon ein Vierteljahr hier,
und es gefällt ihm immer noch. Black Betty schnurrt und klickt,
während die Mini-Cray, die sie steuert, das Assembler-Programm
Zeile um Zeile weiterscrollt. Sie produziert gerade den nächsten
Schwung von dem Zeug, das er am Bahnhof King’s Cross in
Müll verwandelt hat, aber er bringt es nicht übers Herz,
sie abzuschalten. Natürlich hätte er sie niemals kaufen und
sich so hoch verschulden dürfen – ausgerechnet bei Billy
Rock. Aber was soll’s? Es war Liebe auf den ersten Blick, und
niemand außer der Mafia hätte ihm das Geld
vorgestreckt.
    Alex geht seine Post durch, aber es ist nichts Persönliches
dabei. Sein Online-Dämon meldet, daß er in zwei
vielversprechende Diskussionen eingeloggt ist, und will wissen, ob er
eine neue Datenbank für Chemie-Bedarf laden soll, aber Alex
entgegnet, daß er jetzt keine Zeit hat. Der Dämon –
ein flinker roter Teufel mit Gabelschwanz und einem Dreizack in der
Hand – senkt die Hörner und blendet sich langsam aus.
    In diesem Moment könnte Alexs Kontaktmann seine Seele in
einem Polizei-Verhörraum ausschwitzen – obwohl er
vermutlich schlau genug ist, auf seine Diplomaten-Immunität zu
pochen und nichts zu sagen, was ihn belasten könnte. Alex denkt
darüber nach und weiß, daß er von hier verschwinden
sollte, selbst wenn der Typ den Mund hält. Aber im Grunde hat er
nichts Illegales getan, und außerdem kann er seine
Ausrüstung nicht im Stich lassen.
    Das Cool-Z beginnt zu wirken und umschließt ihn mit einem
eisigen Futteral der Ruhe. Alex tut, was er schon am Bahnhof
King’s Cross hätte tun sollen, wenn er beim Anblick der
Blaulichter nicht in Panik geraten wäre. Er ruft Detective
Sergeant Howard Perse an.
    Perse nimmt beim ersten Klingeln ab, als habe er nur auf den Anruf
gewartet. Er sitzt so dicht vor der Telefon-Kamera, daß Alex
sein fleischiges, pockennarbiges Gesicht verzerrt auf den Bildschirm
kriegt.
    »Sie sehen geschafft aus, Mann«, sagt Perse.
    »Und warum wohl?«
    »Ich hab was von einer geplatzten Übergabe in
King’s Cross läuten hören.« Er scheint zu
lächeln, aber bei Perse weiß man das nie genau. »War
das Ihr Ding, Sharkey?«
    »Fragen Sie nicht so scheinheilig, Mann!« Trotz des
Cool-Z läßt sich Alex hochbringen.
    »Aber, aber!« Perse amüsiert sich, das steht fest.
»Ich könnte jetzt sagen: Vergessen Sie’s, Sharkey, Sie
finden immer wieder neue Kunden! Haben Sie angerufen, um das zu
hören? Was wollten Sie den Ausländern übrigens
verhökern? HyperGhost? Sie sind ein ganz Schlimmer,
Sharkey! Die Schlitzaugen ziehen sich doch genug Fernsehen
rein.«
    »Das Zeug ist völlig legal.«
    »Aber nicht mehr lange, das wissen Sie ganz genau. Das Gesetz
geht in spätestens zwei Wochen in die letzte Lesung. Hatten Sie
es deshalb so eilig, den Scheiß loszuwerden?«
    »Yeah, und Sie warten nur darauf, bis das Verbot amtlich ist,
damit Sie mich wie gewohnt in der Hand und unter Kontrolle haben!
Aber vielleicht spiel ich nicht mehr mit, Perse!«
    Perse gibt keine
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