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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana
Autoren: Agatha Christie
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seinen Verdacht erregt hat, aber er hat angefangen zu recherchieren – und ist auf die Wahrheit gestoßen.«
    Der Bischof sagte: »Ich mache mir Vorwürfe, weil ich als Treuhänder nicht gewissenhaft genug war.«
    »Niemand hat je von Ihnen verlangt, dass Sie sich in Finanzdingen auskennen müssen«, sagte Carrie Louise. »Das war ursprünglich Mr Gilfoys Domäne. Als er dann gestorben war, hat Lewis dank seiner großen Erfahrung praktisch die alleinige Kontrolle übernommen. Und das ist ihm natürlich zu Kopf gestiegen.« Ihre Wangen röteten sich.
    »Lewis war ein großer Mann«, sagte sie. »Ein Visionär, der leidenschaftlich daran glaubte, dass er alles erreichen konnte – mit Geld. Er wollte es nicht für sich selbst, jedenfalls nicht im Sinne vulgärer Habgier; was ihn reizte, war die Macht, die es verleiht – er strebte nach der Macht, viel Gutes damit zu tun.«
    »Er wollte Gott sein«, sagte der Bischof. Seine Stimme klang plötzlich streng. »Er hat vergessen, dass der Mensch nur ein bescheidenes Werkzeug von Gottes Willen ist.«
    »Und deshalb hat er Gelder der Stiftung unterschlagen?«, fragte Miss Marple.
    Dr. Galbraith zögerte. »Es war nicht nur das.«
    »Sagen Sie's ihr«, sagte Carrie Louise. »Sie ist meine älteste Freundin.«
    Der Bischof sagte: »Lewis Serrocold war, so könnte man sagen, ein Finanzgenie. In den Jahren seiner Arbeit als hoch qualifizierter Buchhaltungsexperte hat er nur zu seinem Vergnügen verschiedene praktisch narrensichere Betrugsmethoden ersonnen. Das waren rein theoretische Übungen, aber als ihm dann dämmerte, welche Möglichkeiten eine riesige Summe Geldes in sich barg, setzte er diese Methoden in die Praxis um. Ihm stand erstklassiges Material zur Verfügung, wissen Sie. Unter den jungen Männern, die hier durchliefen, wählte er eine kleine, erlesene Gruppe aus. Es waren diejenigen, die eine Veranlagung zum Kriminellen hatten, die das Abenteuer liebten und hochintelligent waren. Wir haben noch lange nicht alles aufgedeckt, aber es zeichnet sich schon ab, dass die Mitglieder dieses esoterischen Zirkels speziell ausgebildet und zur Geheimhaltung verpflichtet wurden und später Schlüsselpositionen einnahmen, wo sie nach Lewis' Anweisungen Bücher dergestalt fälschten, dass große Summen Geldes in falsche Kanäle geleitet wurden, ohne dass irgendjemand Verdacht schöpfte. Wie es aussieht, sind diese Machenschaften und ihre Verästelungen derart kompliziert, dass es Monate dauern wird, bis die Wirtschaftsprüfer alles entwirrt haben. Aber per Saldo scheint das Ergebnis zu sein, dass Lewis unter verschiedenen Namen und mit Hilfe verschiedener Bankkonten und eigens gegründeter Firmen einen gewaltigen Betrag hätte flüssig machen können, mit dem er in Übersee eine Kolonie für ein kooperatives Experiment gründen wollte, wobei letztlich jugendliche Straftäter die Eigentümer und Verwalter dieses Territoriums geworden wären. Es mag ein phantastischer Traum gewesen sein –«
    »Und ein Traum, der in Erfüllung hätte gehen können«, sagte Carrie Louise.
    »Ja, er hätte in Erfüllung gehen können. Aber die Mittel, die Lewis Serrocold anwandte, waren betrügerisch, und das hatte Christian Gulbrandsen entdeckt. Er war erschüttert, vor allem als er sich klarmachte, was diese Entdeckung und die wohl unvermeidlichen juristischen Schritte gegen Lewis für Sie bedeuten würden, Carrie Louise.«
    »Deswegen hat er mich gefragt, ob mit meinem Herzen alles in Ordnung sei, und sich überhaupt so um meine Gesundheit gesorgt«, sagte Carrie Louise. »Ich hatte das nicht verstanden.«
    »Dann kam Lewis Serrocold von seiner Reise zurück, Christian empfing ihn vor dem Haus und teilte ihm mit, dass er über die Vorgänge Bescheid wusste. Vermutlich nahm Lewis es äußerlich gelassen auf. Die beiden Männer waren sich einig, dass sie alles tun mussten, um Sie zu schonen. Christian sagte, er werde mir einen Brief schreiben und mich bitten, in meiner Eigenschaft als Stiftungsrat hierher zu kommen, um alles zu diskutieren.«
    »Aber natürlich«, sagte Miss Marple, »hatte Lewis Serrocold sich längst auf diese Eventualität vorbereitet. Sein Plan stand fest. Er hatte den jungen Mann ins Haus gebracht, der die Rolle von Edgar Lawson spielen sollte. Es gab natürlich einen echten Edgar Lawson, für den Fall, dass die Polizei ihn überprüfen würde. Dieser falsche Edgar wusste genau, was er zu tun hatte, nämlich die Rolle des schizophrenen Opfers einer Verfolgung zu spielen und
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