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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana
Autoren: Agatha Christie
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Kopf, und Mrs Serrocold sagte milde: »Also glaubst sogar du, Jane...?«
    Stephen Restarick kam herein. Er sagte: »Ich hab dich im Theater vermisst, Gina. Ich dachte, du wolltest kommen – Nanu, was ist denn hier los?«
    Lewis sagte es ihm, und während er noch sprach, kam Dr. Maverick herein, begleitet von einem blonden Jungen mit rosa Wangen und einem trügerisch engelhaften Gesicht. Miss Marple erinnerte sich, dass er am Abend ihrer Ankunft in Stonygates am Abendessen teilgenommen hatte.
    »Ich habe Arthur Jenkins mitgebracht«, sagte Dr. Maverick. »Er war anscheinend der Letzte, der mit Ernie gesprochen hat.«
    »Also, Arthur«, sagte Lewis Serrocold, »bitte hilf uns, wenn du kannst. Wo wollte Ernie hin? Ist es nur ein dummer Streich?«
    »Weiß nich, Sir. Ehrlich, ich weiß es nich. Zu mir hat er nichts gesagt, gar nichts. Hat bloß das Theaterspiel im Kopf gehabt die ganze Zeit. Angeblich hat er eine irre gute Idee fürs Bühnenbild gehabt und Mrs Hudd und Mr Stephen haben die angeblich auch erstklassig gefunden.«
    »Da ist noch etwas, Arthur. Ernie behauptet, er sei gestern Abend nach dem Zuschließen noch draußen gewesen. Stimmt das?«
    »Natürlich nich. Nix wie Angeberei is das. Der lügt doch wie gedruckt, der Ernie. Er is nie rausgekommen. Hat zwar immer geprahlt, dass er's kann, aber so gut war er auch wieder nich im Schlösserknacken. Jedenfalls gestern Abend war er drin, das steht fest.«
    »Du sagst das nicht nur uns zu Gefallen, Arthur?«
    »Hand aufs Herz«, sagte Arthur fromm.
    Lewis war offenbar nicht überzeugt.
    »Hört mal«, sagte Dr. Maverick. »Was ist das?«
    Stimmengemurmel näherte sich. Die Tür flog auf, und mit bleichem, entsetztem Gesicht kam der bebrillte Mr Baumgarten hereingestolpert. Keuchend sagte er: »Wir haben ihn gefunden – alle beide. Es ist grauenhaft.«
    Er sank in einen Sessel und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Mildred Strete herrschte ihn an: »Was soll das heißen, Sie haben die beiden gefunden?«
    Baumgarten zitterte am ganzen Leib. »Drüben im Theater«, sagte er. »Mit zerschmettertem Schädel – das große Gegengewicht muss auf sie herabgestürzt sein. Alex Restarick und dieser Junge, Ernie Gregg. Beide tot...«

Zwanzigstes Kapitel
     
    » I ch hab dir eine kräftige Brühe gebracht, Carrie Louise«, sagte Miss Marple. »Bitte trink sie.«
    Mrs Serrocold setzte sich in dem großen, geschnitzten Bett auf. Sie wirkte sehr klein und kindlich. Ihre Wangen hatten die rosige Farbe eingebüßt, und die Augen blickten seltsam abwesend.
    Gehorsam nahm sie die Brühe von Miss Marple entgegen. Sie trank sie in kleinen Schlucken, und Miss Marple setzte sich derweil auf einen Stuhl am Bett.
    »Erst Christian«, sagte Carrie Louise, »und jetzt Alex – und der arme, intelligente, dumme kleine Ernie. Meinst du, er hat wirklich etwas gewusst?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Miss Marple. »Der hat nur immer Lügenmärchen erzählt – wollte sich aufspielen, indem er andeutete, dass er etwas gesehen hätte oder etwas wüsste. Das Tragische ist, dass ihm jemand seine Lügen geglaubt hat...«
    Carrie Louise schauderte. Ihre Augen bekamen wieder den abwesenden Ausdruck. »Wir wollten so viel für die Jungen tun... Und wir haben viel getan. Ein paar von ihnen haben sich sehr herausgemacht. Etliche haben inzwischen regelrechte Vertrauensstellungen. Ein paar sind wieder abgerutscht – da kann man nichts machen. Die moderne Zivilisation ist so komplex – zu komplex für solche schlichten, unterentwickelten Naturen. Weißt du, was Lewis' großer Plan ist? Er war schon immer der Meinung, dass die Verbannung in der Vergangenheit manch einen potentiellen Verbrecher gerettet hat. Die Leute wurden zwangsweise nach Übersee gebracht – und haben sich in einer einfacheren Umgebung ein neues Leben aufgebaut. Auf modernere Art will Lewis dieses System wieder einführen. Er hat vor, ein sehr großes Stück Land zu kaufen, oder eine Inselgruppe. Er will es die ersten Jahre finanzieren und allmählich ein autarkes, auf Kooperation beruhendes Gemeinwesen daraus machen, an dem jeder einen Anteil haben soll. Aber es muss so von der übrigen Welt abgeschnitten sein, dass die anfängliche Versuchung, in die Großstädte zurückzugehen und weiterzumachen wie in den schlechten alten Zeiten, neutralisiert werden kann. Das ist sein Traum. Aber dafür ist natürlich viel Geld nötig, und heutzutage gibt es nicht mehr viele visionäre Philanthropen. Was wir brauchen, ist ein zweiter Eric.
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