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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana
Autoren: Agatha Christie
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Eric wäre begeistert gewesen.«
    Miss Marple nahm eine kleine Schere in die Hand und betrachtete sie neugierig. »Eine komische Schere«, sagte sie. »Sie hat zwei Fingerlöcher auf der einen und eins auf der anderen Seite.«
    Carrie Louises Blick kehrte aus der beängstigenden Ferne zurück. »Alex hat sie mir heute Morgen geschenkt«, sagte sie. »Angeblich kann man sich damit leichter die Fingernägel der rechten Hand schneiden. Ein lieber Junge, er war richtig begeistert. Ich musste sie auf der Stelle ausprobieren.«
    »Ich nehme an, dass er die abgeschnittenen Fingernägel aufgesammelt und mitgenommen hat«, sagte Miss Marple.
    »Ja«, sagte Carrie Louise. »Er –« Sie brach ab. »Warum sagst du das?«
    »Ich habe über Alex nachgedacht. Er hatte Grips. Jawohl, er hatte Grips.«
    »Du meinst – deswegen hat er sterben müssen?«
    »Ja, das glaube ich.«
    »Er und Ernie – ich will gar nicht daran denken. Wann ist es mutmaßlich passiert?«
    »Am Abend. Zwischen sechs und sieben wahrscheinlich...«
    »Und sie hatten schon Feierabend gemacht?«
    »Ja.«
    Gina war am Abend drüben gewesen – und Wally Hudd. Stephen hatte auch gesagt, er sei dort gewesen, um Gina zu suchen...
    Aber was das betraf, hätte schließlich jeder –
    Miss Marples Gedankengang wurde unterbrochen.
    »Was weißt du, Jane?«, fragte Carrie Louise plötzlich ganz ruhig.
    Miss Marple schaute sofort auf. Die Blicke der beiden Frauen trafen sich.
    Zögernd sagte Miss Marple: »Wenn ich mir ganz sicher wäre...«
    »Ich glaube, du bist dir sicher, Jane.«
    Jane Marple sagte langsam: »Was möchtest du von mir?«
    Carrie lehnte sich gegen die Kissen zurück. »Es liegt in deinen Händen, Jane. Du wirst tun, was du für richtig hältst.« Sie schloss die Augen.
    »Morgen« – Miss Marple zögerte – »werde ich versuchen, mit Inspektor Curry zu reden. Wenn er mir zuhört...«

Einundzwanzigstes Kapitel
     
    » J a, Miss Marple?«, sagte Inspektor Curry unwirsch.
    »Könnten wir vielleicht in die Große Halle gehen?«
    Inspektor Curry zog die Augenbrauen hoch. »Glauben Sie, da sind wir ungestört? Hier drin wären wir –« Er sah sich im Arbeitszimmer um.
    »Mir geht es nicht so sehr darum, ungestört zu bleiben. Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Alex Restarick hat mich darauf gebracht.«
    Mit einem unterdrückten Seufzer folgte der Inspektor Miss Marple.
    »Hat jemand mit Ihnen geredet?«, erkundigte er sich hoffnungsvoll.
    »Nein«, sagte Miss Marple. »Es geht nicht darum, was die Leute sagen oder gesagt haben. Es geht um Zaubertricks. Die machen das mit Spiegeln, wissen Sie, solche Sachen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Inspektor Curry verstand gar nichts. Er starrte Miss Marple an und fragte sich, ob sie noch ganz richtig im Kopf war.
    Miss Marple baute sich auf und bedeutete dem Inspektor, sich neben sie zu stellen.
    »Ich möchte, dass Sie sich das hier als Bühnendekoration vorstellen, Inspektor. So wie es an dem Abend war, als Christian Gulbrandsen getötet wurde. Sie befinden sich hier im Zuschauerraum und sehen die Leute auf der Bühne. Mr Serrocold und mich, Mrs Strete, Gina und Stephen – und wie auf einer Bühne gibt es Eingänge und Ausgänge und die Personen der Handlung gehen in verschiedenen Richtungen ab. Nur dass Sie als Zuschauer nicht darüber nachdenken, wohin sie eigentlich gehen. Sie gehen ›zur Haustür‹ oder ›in die Küche‹, und wenn die Tür aufgeht, sieht man ein Stück gemalten Hintergrund. Tatsächlich aber gehen die Schauspieler natürlich in die Kulissen – oder hinter die Bühne, wo die Schreiner und die Elektriker sind, und andere Personen, die auf ihr Stichwort warten. Sie gehen hinaus – in eine andere Welt.«
    »Ich verstehe nicht ganz, Miss Marple, was –«
    »Ich weiß, ich weiß, natürlich klingt das ziemlich albern, aber wenn Sie sich das hier als Theaterstück vorstellen und der Schauplatz ›Stonygates, Große Halle‹ ist, was genau liegt dann hinter der Bühne? Doch wohl die Terrasse, nicht wahr? Und zahlreiche Fenster, die sich auf die Terrasse öffnen.
    Und darauf beruhte der Zaubertrick, verstehen Sie? Ich bin durch den Trick mit der zersägten Jungfrau darauf gekommen.«
    »Die zersägte Jungfrau?« Inspektor Curry war sich nun vollends sicher, dass Miss Marple nicht mehr ganz bei sich war.
    »Ja, ein faszinierendes Zauberkunststück. Sie haben es bestimmt schon mal gesehen – nur handelt es sich in Wirklichkeit nicht um eine, sondern um zwei Frauen. Man sieht den Kopf der
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