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Fast geschenkt

Fast geschenkt

Titel: Fast geschenkt
Autoren: Sophie Kinsella
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geht mich nichts an.«
    Er sieht so niedergeschlagen aus, dass es mir wehtut. Ich würde es ihm so gern sagen - aber ich kann nicht. Ich kann nicht riskieren, darüber zu reden, und selbst zu hören, wie schwach meine Argumente sind. Ich kann nicht riskieren, noch einmal darüber nachzudenken, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich kann nicht riskieren, es mir jetzt noch einmal anders zu überlegen.
    »Luke, ich muss jetzt los«, sage ich mit belegter Stimme. »Und... und du musst zurück in deine Krisensitzung.«
    »Ja«, erwidert Luke nach einer langen Pause. »Ja. Du hast Recht. Ich muss gehen. Ich gehe dann jetzt.« Er steht auf und fasst in seine Tasche. »Nur... eins noch. Ich möchte nicht, dass du das hier vergisst.«
    Und dann zieht er ganz langsam ein langes, hellblaues, mit irisierenden Perlen besticktes Tuch aus Samt und Seide heraus.
    Mein Tuch. Mein Dennyand-George-Tuch.
    Ich spüre, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht.
    »Wie hast du...« Ich schlucke. »Du warst der Bieter am Telefon? Aber... aber du hast doch gepasst. Das andere Mädchen hat...« Ich verstumme und sehe ihn verwirrt an.
    »Ich war beide Bieter.«
    Er legt mir das Tuch zärtlich um den Hals, sieht mich ein paar Sekunden an und küsst mich auf die Stirn. Dann dreht er sich um und verschwindet in der Menschenmenge.

18
    Zwei Monate später:
    »Okay. Also zwei Präsentationen, eine bei Saatchis und eine bei der Global Bank. Ein Mittagessen mit Preisverleihung bei McKinseys und Abendessen bei Merrill Lynch.«
    »Genau. Ziemlich viel. Ich weiß.«
    »Gar kein Problem«, beruhige ich mein Gegenüber. »Gar kein Problem.«
    Ich kritzle etwas in mein Notizbuch, starre dann meine Notizen an und denke angestrengt nach. Das ist der Augenblick, den ich an meinem neuen Job am meisten liebe. Die anfängliche Herausforderung. Hier ist das Rätsel - und jetzt finde die Lösung! Ich sitze einige Sekunden einfach nur da, ohne etwas zu sagen, male zahllose fünfzackige Sterne und lasse meine kleinen grauen Zellen arbeiten, während Lalla mich ängstlich beobachtet.
    »Okay«, sage ich schließlich. »Ich hab‘s. Ihren Hosenanzug von Helmut Lang für die Präsentationen, das Jil-Sander-Kleid für das Mittagessen - und für das Abendessen suchen wir etwas Neues.« Ich sehe sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Vielleicht etwas Tiefgrünes.«
    »Grün steht mir nicht«, behauptet Lalla.
    »Natürlich steht Ihnen Grün«, widerspreche ich. »Grün steht Ihnen hervorragend.«
    »Becky«, sagt Erin und steckt den Kopf zur Tür herein. »Tut mir Leid, wenn ich störe, aber Mrs. Farlow ist am Telefon. Sie ist ganz begeistert von dem Blazer, den du ihr geschickt hast, aber sie möchte wissen, ob es nicht etwas Leichteres gibt, das sie heute Abend anziehen könnte?«
    »Gut«, sage ich. »Ich rufe sie zurück.« Ich sehe zu Lalla. »Na, dann wollen wir mal ein Abendkleid für Sie suchen.«
    »Und was soll ich zu dem Hosenanzug tragen?«
    »Eine Bluse«, antworte ich. »Oder ein Kaschmir-T-Shirt. Das graue.«
    »Das graue«, wiederholt Lalla ganz langsam, als würde ich arabisch sprechen.
    »Das, das Sie vor drei Wochen gekauft haben? Armani? Schon vergessen?«
    »Ach ja! Nein. Jetzt weiß ich. Glaube ich.«
    »Oder sonst Ihr blaues Trägertop.«
    »Okay.« Lalla nickt ernst. »Okay.«
    Lalla ist ein richtig hohes Tier bei einer der größten internationalen Computer-Beratungsfirmen. Sie hat zwei Doktortitel und einen IQ von zirka drei Millionen - leidet aber laut eigener Aussage an gravierender Kleidungslegasthenie. Am Anfang dachte ich ja, das wäre ein Witz.
    »Können Sie mir das nicht aufschreiben?«, fragt sie und drückt mir ihren ledergebundenen Organizer in die Hand. »Einfach alle Kombinationen aufschreiben, ja?«
    »Na ja... okay. Aber Lalla - ich dachte, wir wollten jetzt langsam damit anfangen, dass Sie sich Ihre Outfits selbst zusammenstellen?«
    »Ich weiß. Machen wir auch. Ganz bestimmt. Versprochen. Nur nicht diese Woche. Ich habe so schon genug um die Ohren, den Stress muss ich nicht auch noch haben.«
    »Gut«, sage ich und verkneife mir ein Lächeln. Ich gehe also in mich und überlege, was sie alles in ihrem Kleiderschrank hängen hat, dann fange ich an aufzuschreiben. VielZeit habe ich nicht, wenn ich jetzt auch noch ein Abendkleid für sie finden, Mrs. Farlow zurückrufen und die Strickwaren suchen soll, die ich Janey van Hassalt versprochen habe.
    Die Tage hier sind immer total hektisch. Keiner hat Zeit, alle sind in
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