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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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Kühn teilen muss. Draußen spielen ein paar fettleibige Tauben Fangen, es sieht aus, als torkelten sie. Immerhin besteht die Chance, dass der ominöse Schwertritter tatsächlich ihr Täter ist, denn im Labor haben sie einige Blutstropfen auf Blochs Jacke sichergestellt. A positiv, die Blutgruppe des Toten. Ob es jedoch definitiv von ihm stammt, wird erst ein DNA-Test ans Licht bringen.
    Manni wirft seinen Computer an. Die Zeit, in der er sich mit Bloch herumgequält hat, hat Kollege Kühn dazu genutzt, die triefäugig-plattnasige Hundegalerie an der Wand hinter seinem Schreibtisch mit einem weiteren Prachtexemplar zu verzieren. Ein besonders hässlicher Köter glubscht Manni an, nichtsdestotrotz ist er mit der Goldschleife eines Zuchtwettbewerbs dekoriert. Auch Kühn selbst führt sich neuerdings auf, als trage er ein Schleifchen. Und leider hat Millstätt ihn auch noch mit der Leitung der Soko Priester betraut. Ausgerechnet Kühn, Judiths Intimfeind, der, statt zu ermitteln, lieber in der Chefetage herumlungert, weil sein Hauptanliegen neben möglichst viel Freizeit für seine Boxerzucht die Präsentation von Erfolgen ist, für die sich maßgeblich andere krummlegen dürfen.
    Doch ein abwesender Chef bedeutet auch ein interessantes Maß an persönlichem Freiraum. Manni konzentriert sich wieder auf die lange Liste, die neben einigen wenigen Fakten vor allem offene Fragen und zu erledigende Aufgaben enthält. Wer ist der Ermordete, den niemand aus der Gemeinde Sankt Pantaleon kennen will? Ist er tatsächlich ein Priester? Die Nonnen und der Gemeindepfarrer, den sie schließlich aus dem Bett scheuchten, kennen ihn jedenfalls nicht. Was hat er dann um Mitternacht an der Kirche gesucht?
    Vielleicht wollte er Zwiesprache mit seinem Herrn halten. Beten. Die Augen der Nonne, die wohl so etwas wie die Chefin der Karmeliterinnen war, hatten genau dieselbe Blauschattierung wie Mannis eigene, das hatte ihn maßlos irritiert.
    Und was wollen Sie hier?
    Sie hatte seine Ruppigkeit überhört und fein gelächelt. Wir sind Karmeliterinnen aus dem benachbarten Kloster Maria vom Frieden. Wir kommen zur Andacht hierher.
    Jetzt, mitten in der Nacht?
    Es ist gleich schon fünf Uhr, der Beginn der Fastenzeit. Zeit, Einkehr zu halten und Buße zu tun.
    Einkehren, beten und büßen. Stillhalten und dankbar sein und den Mund halten, während ein Priester auf der Kanzel predigt, was Gott seiner Meinung nach für richtig hält. Seit Manni 18 ist, war er nicht mehr in einer Kirche. Nur letztes Weihnachten hat er sich überreden lassen, seiner Mutter zuliebe, weil es das erste Fest ohne seinen Vater war. Manni verbiegt eine Büroklammer zu einem Minischwert. Wirft es in den Papierkorb. Wenn in der Gemeinde von Sankt Pantaleon niemand den Toten kennt, ist es sehr gut möglich, dass er gar kein Priester ist. Oder? Oder nicht? Warum denkt er dauernd, dass es noch weitere Morde geben wird? Er springt auf, trägt seinen Kaffeebecher hinüber zum Kollegen Meuser.
    »Sitzt ein Schwuler in der Kirche, kennst du den?«
    Meuser guckt ihn an, als spreche er Mandarin. Manni pflanzt seinen Hintern auf Meusers Schreibtischkante.
    »Zuerst singen und beten sie, dann geht der Priester mit dem Weihrauch rum. Weißt du, was der Schwule da sagt?«
    »Nein.«
    »Psst, Süßer, dein Handtäschchen brennt.«
    Meuser ringt sich ein säuerliches Lächeln ab, ohne den Blick von seinem PC-Monitor zu wenden. Vielleicht ist er schwul. Oder gläubig. Oder beides. Ich weiß eigentlich überhaupt nichts von ihm, wird Manni klar. Ich weiß nur, dass Judith ziemlich dicke mit ihm ist und ihn immer verteidigt, trotz seiner altklugen, umständlichen Art.
    »Was wollte unser Mann nachts an der Kirche?«, fragt Manni versöhnlicher.
    »Jemanden treffen.«
    »Wen?«
    »Seinen Mörder.«
    »Hahaha.«
    Meuser verzieht keine Miene. »Er will seinen Mörder treffen, von dem er annimmt, dass der in guter Absicht kommt und einen Schlüssel zur Kirche besitzt.«
    »Du meinst, weil er selbst keinen Schlüssel bei sich trug.«
    »Ja.«
    »Vielleicht hatte er doch einen und der Mörder hat ihm den weggenommen«, schlägt Manni vor.
    »Wieso sollte er einen haben? In der Gemeinde Sankt Pantaleon kennt ihn niemand.«
    »Behaupten sie.«
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass die uns alle belügen, um einen Mörder zu decken oder gar eine kollektiv verübte Tat?«
    »Vielleicht ist er ja gar kein Priester, vielleicht war das Treffen an der Kirche nur ein Karnevalsscherz.«
    »Ja,
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