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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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vielleicht.«
    »Wir müssen rausfinden, wer er ist. Die Vermisstenmeldungen im Auge behalten. Noch weitere Gemeindemitglieder befragen.«
    Ralf Meuser steht auf. »Ich fahr jetzt erst mal mit 'nem Foto von unserem Kandidaten zum katholischen Stadtdekanat.«
    »Frag da auch gleich, ob es in Sankt Pantaleon irgendwas Spektakuläres zu klauen gibt.« Manni trägt seinen leeren Kaffeepott wieder zu seinem eigenen Schreibtisch, tippt weitere To-dos auf seine Liste.
    - Woher stammt die Farbe der Spraybotschaft?
    - Gibt es weitere Zeugen, vielleicht Anwohner?
    - Wo hat der Tote seine Soutane gekauft?
    Sie müssen was an die Presse geben, die Bevölkerung zur Mithilfe animieren. Wer hat gegen Mitternacht bei Sankt Pantaleon einen grauen Ritter gesehen? Einen Ritter mit Schwert, zu einer Zeit, in der beinahe jeder verkleidet ist. Und betrunken. Es ist wirklich ein Witz.
    Mörder. Die Botschaft ist wichtig, davon ist Manni überzeugt. Sie beschuldigt das Opfer, sagt aber zugleich etwas über den Täter aus. Die Botschaft ist ein Teil einer sorgfältig geplanten Inszenierung, und wenn das so ist, hat auch alles andere eine Bedeutung: Der Zeitpunkt der Tat, die Körperhaltung des Toten, der Tatort selbst. Und falls der Täter tatsächlich als Ritter verkleidet kam, ist auch dieses Kostüm im Kontext des Karnevals sicher kein Zufall, sondern der geschickt geplante Schachzug eines eiskalten Täters.
    Warum hat sich das Opfer nicht gewehrt? Das ist vielleicht das beunruhigendste Detail, das die Obduktion hoffentlich klären wird. Manni zieht seine Jacke über, nimmt die Treppen ins Parterre im Laufschritt, um seine Müdigkeit zu vertreiben, und lenkt wenig später einen Dienstwagen zurück in die Südstadt. Erbschuld, Erbsünde. Als Zeichen dafür malte der Dorfpriester seinen Schäflein früher zu Aschermittwoch ein Aschekreuz auf die Stirn. Selbst die Kinder blieben davon nicht verschont, nur Manni hatte sich gewehrt, sosehr seine Mutter auch auf ihn einredete. Sein Handy fiept, meldet den Anruf seiner Mutter, als könne sie seine Gedanken lesen. Sie berichtet vom bevorstehenden Aschermittwochs-Fischessen im Rheindorfer Ruderverein, fragt dann wie immer, wann er sie besucht.
    »Ich hab einen neuen Fall, Ma, zurzeit ist das schlecht.«
    »Aber du musst doch mal wieder was Anständiges essen.«
    »Mach ich ja.«
    Er hört die Enttäuschung in ihrer Stimme, weicht ihren Fragen zu den Ermittlungen aus, denkt an diesen merkwürdigen Glanz in ihren Augen, wenn sie früher vom Beichtgottesdienst kam. Einmal, kurz bevor er von Zuhause auszog, hat Manni sie angeschrien: Warum sie da hinrenne, es ändere ja doch nichts. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen, hatte seine Mutter erwidert, ein paar Tränen verdrückt und den Arm um ihn gelegt. Manni beendet das Telefonat, zu schnell, zu ruppig, er hört an ihrer Stimme, dass sie verletzt ist, wahrscheinlich sogar beleidigt, aber er kann es nicht ändern, er hat nicht vor, diesen Fall mit seiner Mutter zu diskutieren. Es reicht voll und ganz, wenn sie von dem Priestermord aus der Zeitung erfährt.
    Noch zwei Stunden bis zur Obduktion, sein Magen knurrt, die Müdigkeit nach der durchwachten Nacht kommt mit Macht zurück. Sogar das fahle Februarlicht beginnt ihn zu blenden. In einem Café kauft er ein paar belegte Brötchen, erreicht wenig später Sonjas Wohnung. Zum ersten Mal hat sie ihm einen Schlüssel gegeben, eigentlich wollte er ihn schon in der Nacht benutzen. Manni geht durch den schmalen Flur in die Küche, legt die Brötchen auf den Tisch. Ein blaues Paillettenkleidchen und ein Fischernetz mit allerlei Plastikmeeresgetier hängen über dem Stuhl, auf dem Boden kringelt sich eine silberne Netzstrumpfhose. Manni hebt sie auf, wirft sie zu den anderen Klamotten. Sonja hat recht, er muss aufhören, sich für seine Mutter verantwortlich zu fühlen, und von Sonja muss er ihr auch dringend erzählen.
    Er schleicht über den Flur ins Schlafzimmer, bleibt abrupt stehen. Neben Sonjas rotblonden Haarschopf auf dem Hochbett ist noch ein anderer, dunklerer zu sehen. Rückzug funkt Mannis Hirn, doch genau in diesem Moment öffnet Sonja die Augen.
    »Fredo – hey!«
    Er dreht sich um, geht zurück in den Flur, hat plötzlich überhaupt keine Energie.
    »Das da in meinem Bett ist meine Freundin Kirsten!« Kurz vor der Wohnungstür holt Sonja ihn ein. »Das letzte Kölsch hat sie umgehauen, bis Bonn hätte sie es nicht mehr geschafft.«
    Sie nimmt Mannis Hand, dirigiert ihn in
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