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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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die Küche. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, ich geb dir meinen Schlüssel und dann …«
    »Nee, Quatsch.«
    Sie sieht ihn an. Ein leichtes Lächeln spielt in ihren Mundwinkeln. »Ich koch dir Kaffee.«
    »Gleich.« Er zieht sie an sich, findet ihren Mund, tastet nach ihren Brüsten unter dem T-Shirt. Ihre Haut ist weich, warm, sie riecht nach Schlaf und Schweiß und Parfüm. Auf einmal ist er überhaupt nicht mehr müde.
    »Ich hab nicht viel Zeit«, sagt er in ihre Haare und fühlt wie ihr Körper auf seine Erregung reagiert.
    »Wir können doch nicht …« Es ist ein schwacher Versuch zu protestieren, nicht wirklich überzeugend, weil Sonja sich nur noch fester an ihn drückt.
    Manni schiebt sie zur Küchentür und schließt ab.
    »Wir haben es lange nicht mehr hier getrieben«, sagt er und dann gibt es keine Worte mehr, nur noch ihren Hunger, Wärme, Hitze. Hitze, die Manni eine Stunde später auf die Straße begleitet und auf der kurzen Fahrt zu Sankt Pantaleon.
    Im Inneren der Kirche riecht es nach Staub und nach Weihrauch, der Altar und die mächtige Orgel sind kunstvoll verziert. Rechts neben den Kirchenbänken künden allerlei Anschlagtafeln von einem regen Gemeindeleben: Seniorennachmittag, Kommunionskindergruppe, Chorproben, Orgelkonzert.
    Mannis Handy fiept. Er checkt das Display, erkennt die Nummer von Holger Kühn.
    »Die Meldung ist raus. Um drei ist die Pressekonferenz. Wir brauchen Ergebnisse. Ich verlass mich auf dich, Korzilius.«
    Manni hebt den Kopf zu der mit rötlichen Ornamenten bemalten Kirchendecke, dreht sich einmal um die eigene Achse und ballt unwillkürlich die Rechte zur Faust, als er die lebensgroße Skulptur auf der Empore entdeckt. Zwei marmorne Jünglinge sind in diesem Kunstwerk miteinander verbunden. Der eine hat die Gesichtszüge eines Dämons und liegt am Boden. Der andere hat goldene Flügel und steht über ihm, rammt eine Lanze in die Brust des Liegenden und lächelt. Direkt gegenüber dem Altar.
    »
    Die Wohnung ist ruhig und dunkel, nur durch die heruntergelassenen Jalousien sickern schmale Streifen Tageslicht. Ruth Sollner hängt ihren Blazer an die Garderobe und trägt die Einkäufe in die Küche, stutzt, als sie den achtlos über einen Stuhl geworfenen Ledermantel entdeckt.
    »Bea, bist du da?«
    Nichts, keine Antwort. Ruth geht ins Wohnzimmer, das leer ist und ruhig. Sie schickt ein stummes Stoßgebet zum Himmel, während sie die Rollläden hochzieht. Tausendmal hat sie ihre Tochter schon gebeten, an die Rollos zu denken, ihr erklärt, dass die Pflanzen Licht brauchen, und dass mögliche Einbrecher denken könnten, die Bewohner seien verreist, wenn die Wohnung tagsüber abgedunkelt ist. Vielleicht hat Beatrice es ja heute Morgen einfach zu eilig gehabt, wollte nicht zu spät zur Arbeit kommen, hat einen vernünftigen Anorak statt des scheußlichen Lederungetüms angezogen. Ruth holt tief Luft und klopft an die Zimmertür ihrer Tochter.
    »Bea?«
    Immer noch keine Antwort. Ruth öffnet die Tür, fühlt, wie die Enttäuschung sie zu übermannen droht. Das Zimmer stinkt nach Schnaps und Nikotin. Auch hier ist es dunkel, aber nicht dunkel genug, als dass Ruth die Silhouette ihrer Tochter unter einem Gewühl aus Kissen und Decken übersehen könnte.
    »Es ist zwei Uhr mittags!« Ruth geht zum Fenster, vorsichtig darauf bedacht, nicht über mögliche Hindernisse zu stolpern. Sie reißt die schwarzen Gardinen beiseite und stößt das Fenster auf, dankbar für die kühle, klare Luft, die ihr von draußen entgegenströmt.
    »Hau ab!« Der Deckenberg bewegt sich, eine leuchtend violette Haarsträhne verschwindet in den Kissen.
    »Warum bist du nicht in der Gärtnerei?«
    »Lass mich in Ruh!«
    Ruth betrachtet die matschigen Schnürstiefel auf dem Teppich, sie lässt den Blick zu dem wirren Haufen aus Klamotten und Schmuck neben der Matratze schweifen, die trotz all ihrer Bitten und Mahnungen, wenigstens einen Lattenrost anzuschaffen, nach wie vor direkt auf dem Boden liegt. Die Stereoanlage am Fußende des Matratzenlagers, in dem sich ihre Tochter versteckt, ist noch eingeschaltet, CDs mit grotesk hässlichen Titelbildern sind davor verstreut. Auch Beatrices Rucksack steht hier. Ein schmuddeliges, von Sicherheitsnadeln, Stickern und Ketten durchlöchertes Stoffding, aus dem Schnapsflaschen ragen. Direkt daneben liegt die leer gegessene Papiertüte einer Fastfoodkette.
    »Was ist los, Beatrice, warum arbeitest du nicht?«
    Keine Antwort, keine Regung. Nur das Chamäleon in
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