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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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stammelte rum, wollte sie in den Arm nehmen, doch das kriegte Bat nur noch undeutlich mit. Jana hat sich umgebracht. Immer und immer wieder hörte sie nur diesen einen Satz. Vier grausame Worte, die sich um Bats Herz krampften, es in eine Stahlzange nahmen und zudrückten, bis es sich roh und blutig anfühlte.
    Erst als der Anfangsschock vorüber war, begann Bat zu begreifen, dass es eine Lüge war. Jana wollte nicht sterben. Und selbst wenn: Niemals hätte sie Bat ohne Abschied verlassen. Doch wenn Jana nicht freiwillig vor den Zug gesprungen war, musste jemand sie gestoßen haben. Jemand, der bislang damit durchgekommen ist, weil niemand außer Bat von ihm weiß, nicht einmal Fabian. Doch das wird sich ändern, bald, denn nach zwei Jahren Sucherei hat sie nun endlich eine Spur.
    Long Train singen die Sisters of Mercy. Heyheyhey.
Und Bat springt und dreht sich und schreit und keucht und ihre Tränen vermischen sich mit Schweiß, aber sie lässt sich erst auf die Isomatte fallen, als sie bei
Some Kind of Stranger
angekommen sind, dem letzten Song auf der CD, sie hält durch, bis es wirklich nicht mehr geht, genauso wie Jana es früher tat.
    Der Engel sieht auf Bat herunter, sein Umhang flattert im Wind, als tanze er. Bat öffnet den letzten Breezer, gibt Jana einen Schluck, trinkt dann selbst. Lars heißt der Mann, von dem niemand weiß. Einmal hatte Jana ihn Bat von weitem gezeigt. Musiker sei er, Produzent, hatte sie geschwärmt und Bat schwören lassen, vorerst niemandem von ihm zu erzählen. Und plötzlich war Jana tot, und Bat konnte diesen Lars nicht mehr finden, sosehr sie auch suchte. Sie hatte sogar in Musikstudios rumgefragt, doch niemand schien einen Lars zu kennen, fast hatte sie schon zu glauben begonnen, dass es ihn gar nicht gab. Und dann stand er vor ein paar Tagen einfach an der Bar im Lunaclub und trank ein Bier. Es war voll und verraucht im Club, und Bat war schon ziemlich betrunken, es dauerte ewig, bis sie die Bar erreichte, und als sie dort ankam, war Lars verschwunden. Aber sie hatte ihn gesehen, ganz ohne Zweifel, und jetzt wird sie erst recht nicht aufgeben. Sie wird ihn wiederfinden, im Lunaclub oder woanders, bald, sehr bald. Sie wird ihn finden und dafür sorgen, dass Jana endlich Gerechtigkeit widerfährt. Bat hebt die Flasche und sieht dem Engel in die steinernen Augen.
    »Ich finde ihn. Ich finde ihn ganz bestimmt«, schwört sie. »Verlass dich auf mich.«
    ***
    Das Blaulicht der Einsatzfahrzeuge zuckt über die Kirchenfassade, rechts leuchtet ein Scheinwerfer der Spurensicherung auf. Emsig wie Ameisen bewegen sich die Kriminaltechniker hinter der Polizeiabsperrung hin und her, einer stummen Choreographie gehorchend, die sich als bruchstückhaftes Schattenspiel auf der Fassade der Kirche wiederholt. Jenseits der Scheinwerfer liegt der Kirchenpark im Dunkeln und ist noch dazu durch eine übermannshohe Steinmauer vor Blicken von der Straße geschützt. Ein Ort der Ruhe, trotz seiner Innenstadtlage. Wie geschaffen für einen Mord.
    »Es gibt einen Zeugen!« Der frisch zum Oberkommissar beförderte Ralf Meuser hastet auf Manni zu.
    »Wo?« Manni sieht sich um.
    »Im Rettungswagen.«
    »Ist er verletzt?«
    »Wohl nicht lebensgefährlich.«
    »Kann er was sagen?«
    »Schon, aber …«
    Sie erreichen die Sanitäter und wedeln mit ihren Dienstausweisen. Der Zeuge, Erwin Bloch, ist ein rotnasiger Rentner mit Schnapsfahne und Matrosenmütze. Auf seine rechte Wange hat jemand einen Anker gemalt.
    »Ich bin Kriminaloberkommissar Korzilius.« Manni beugt sich zu ihm herunter. »Sie haben etwas gesehen?«
    Bloch glotzt ihn an, hat ganz offenbar Mühe, die Frage zu verstehen.
    »Der war plötzlich da«, brabbelt er.
    »Wer?«
    »Der Ritter.«
    »Der Ritter?«
    »Der hatte ein Schwert!«
    »Ein Ritter mit Schwert. Okay. Was ist dann passiert?«
    »Weiß nicht.« Bloch stöhnt. »Ich bin gefallen. Alles war schwarz. Mein Bein tut weh.«
    »Klär du die Details«, sagt Manni zu Meuser und sprintet los, auf die Kirche zu, den Protest des Kollegen ignorierend.
    »Ein Priester!« Die Kriminaltechnikerin Karin Munzinger bremst seinen Lauf und versorgt ihn mit Handschuhen und Schuhüberziehern. Manni streift sie über, das Latex spannt über seinen Knöcheln. Matrose, Ritter und nun auch noch ein Priester. Wahrscheinlich ist auch der nur ein Karnevalist. Manni folgt der Spurensicherin zum Seitenportal der Kirche, sieht aus den Augenwinkeln, wie sein eigener Schatten auf die Sandsteinfassade springt. Sankt
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