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Farben der Schuld

Farben der Schuld

Titel: Farben der Schuld
Autoren: Gisa Klönne
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Pantaleon ist eine der vielen romanischen Kirchen Kölns und wird von denen, die so etwas interessiert, bestimmt auch für irgendetwas gerühmt. Heiligenbilder, Schätze oder morsche Gebeine in goldenen Schreinen. Manni schickt einen schnellen Blick zu den Kirchtürmen hinauf. Vor ein paar Jahren wurde im angrenzenden öffentlichen Park eine junge Frau so brutal vergewaltigt, dass sie fast gestorben wäre. Den Täter haben sie nie gekriegt.
    Schattenkampf – Kata. Auf einmal muss er an diese Karatedisziplin denken, in der man gegen einen unsichtbaren Gegner kämpft. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird es mit seinem Training in nächster Zeit wohl wieder einmal nichts werden. Er duckt sich unter dem Absperrband durch, konzentriert sich auf das Szenario vor ihm. Ein weiterer Scheinwerfer strahlt auf und taucht den Toten in gleißendes Licht. Er trägt eine schwarze Soutane und liegt auf dem Pflaster, direkt vor den Stufen des Seitenportals. Ein Mann um die fünfzig, grauhaarig, gepflegt.
    Seine weit aufgerissenen Augen blicken starr in den Himmel. Seine Arme sind ausgestreckt, als wolle er sie zu einem letzten Segen erheben oder denjenigen, der ihn ins Jenseits befördert hat, umarmen.
    Manni geht in die Hocke. Der Tote hat Blut verloren, viel Blut, seine Soutane ist voll davon und auch das Pflaster. Eine Wunde im Brustbereich scheint die Quelle zu sein, von einer Tatwaffe ist nichts zu sehen.
    »Shit«, sagt Manni, denn wer auch immer für diesen Mord verantwortlich ist, hat ihnen auf den Kirchentreppen eine Botschaft hinterlassen. Die Schrift ist rot, glänzend. Manni beugt sich noch tiefer und schnuppert. Farbe, kein Blut, was die Sache nur unwesentlich besser macht.
    »MÖRDER«, buchstabiert Karin Munzinger hinter ihm. »Aber das kann doch nicht… du glaubst doch nicht, dass das wirklich ihm hier gilt?«
    Manni zuckt die Schultern, richtet sich auf.
    »Sieht jedenfalls nicht nach einer Zufallsbegegnung aus.«
    »Vielleicht hat es ein Verrückter auf die katholische Kirche abgesehen.« Ralf Meuser steht plötzlich neben Manni und wirkt im grellen Licht der Strahler noch blasser und dünner als sonst.
    »Langsam, Ralf, noch wissen wir ja nicht einmal, ob unser Kandidat ein echter Priester ist.«
    Meuser befühlt den Stoff der Soutane. »Die wirkt nicht wie ein Karnevalskostüm. Auch sein Birett erscheint mir echt.«
    »Sein was?«
    »Sein Priesterhut.« Meuser zeigt auf einen schwarzen Stoffklumpen am anderen Ende der Stufen, dessen Form Manni entfernt an den Teekannenwärmer erinnert, den seine Oma früher benutzte.
    »Kleidung kann man kaufen.«
    »Soweit ich weiß, muss man sich für den Erwerb von Priesterkleidung als Priester ausweisen.«
    Ausweis, ein gutes Stichwort. Manni beginnt, die Hosentaschen des Toten zu untersuchen. Geldscheine, Münzen, Rosenkranz und Schlüssel. Keine Papiere. Wäre ja auch zu schön gewesen. Er nimmt den Schlüssel und probiert ihn am Seitenportal der Kirche. Er passt nicht. Klar.
    Die Lichtstimmung im Park verändert sich jäh, der Rettungswagen hat gewendet und rollt nun mit rotierendem Blaulicht zur Straße. Wie eine Erscheinung schreitet die Rechtsmedizinerin Ekaterina Petrowa aus dem Lichtergewirr auf sie zu. Sie wirkt noch winziger als sonst, weil sie ausnahmsweise mal keine Absätze trägt. Ihr silberner Lidschatten funkelt wie Eis, ihre kohlschwarzen Augen scannen den Tatort und saugen sich dann an dem Toten fest. Die Lebenden müssen sich mit einem knappen Nicken begnügen. Der Rettungswagen erreicht die Straße, sein Martinshorn heult auf.
    »Du weißt, wo die hinfahren, Ralf?«, fragt Manni.
    Meuser nickt.
    »Hat Bloch diesen Ritter noch näher beschrieben?«
    »Er war grau, sagt er. Wie ein Schatten.«
    Anfänger, denkt Manni böse und wünscht einen Augenblick lang, Judith Krieger wäre hier, weil die wenigstens anständige Vernehmungen führt. Aber die Kollegin Hauptkommissar ist nach ihrer letzten, fast tödlichen Eskapade bis auf weiteres
out of order,
und im Präsidium sind ihre Karten alles andere als gut.
    »Der Zeuge stand unter Schock. Sein Bein ist gebrochen und wir haben seine Personalien …« Meuser plappert, bemüht, seinen Ruf zu retten.
    Die Petrowa bekreuzigt sich und kniet sich neben den Toten. Beinahe zärtlich lässt sie ihre Hände über seinen Körper gleiten.
    »Er wurde erstochen«, verkündet sie nach einer Weile. »Mit großer Wucht und einer langen Klinge.«
    »Die Tatwaffe ist ein Schwert!« Meuser klingt regelrecht enthusiastisch. »Also
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