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Fanny Hill

Fanny Hill

Titel: Fanny Hill
Autoren: John Cleland
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verwirrtem Haar und blutender Nase — was die Sache etwas tragisch machte und den Schuft, der noch immer über mir her war, da wurde sie selber verwirrt und wusste nicht was tun. Die Umstände, wie sie uns fand, mussten der Martha den Eindruck machen, dass die Sache schon weiter gekommen sei, als sie wirklich war und dass ich die Ehre des Hauses schon völlig gerettet haben müsste, weshalb sie meine Partei nahm und dem Herrn riet, hinunter zu gehen. Ich würde mich bald erholen und wenn Madame und Phöbe erst wieder nachhause gekommen wären, würden sie schon alles ordnen, bis dahin möge er ein bisschen Geduld haben. Das sagte sie in einem sehr bestimmten Ton; und da der Alte wohl selbst dachte, dass sein Dableiben die Sache nicht besser machen würde, nahm er Hut und Stock und ging brummend hinaus. Ich erinnere mich noch, wie er dabei viele Falten in seine Stirne machte, dass er aussah wie ein alter Affe.
    Sobald er weg war, bot mir Martha sehr zärtlich ihre Hilfe an, wollte mir Hirschhorn-Tropfen geben und mich ins Bett bringen, was ich durchaus nicht wollte, aus Angst, der Mensch käme wieder und wäre dann im Vorteil. Aber sie schwor mir, dass ich diese Nacht Ruhe haben würde, und so legte ich mich nieder. Ich war so matt, dass ich kaum die Fragen beantworten konnte, mit denen mich die neugierige Person belästigte.
    Und dabei dachte ich mit Angst an die Brown, gerade als ob ich die Verbrecherin und sie die Beleidigte gewesen wäre. Aber es hatte ja auch an meinen Widerstand weder die natürliche Tugendhaftigkeit — wenn es so etwas überhaupt gibt — noch irgendwelche moralische Grundsätze den mindesten Anteil, sondern bloß meine Abneigung und mein Ekel vor diesem ersten brutalen und widerlichen Liebhaber. So wartete ich mit Angst und Verzweiflung auf die Rückkehr der Brown. Abends um elf kamen die Beiden heim. Martha war hinuntergelaufen, um sie einzulassen — Herr Krofts, so hieß mein Scheusal, war schon fort, nachdem er sich müde gewartet. Martha gab wohl den beiden einen mir günstigen Bericht, und so kamen sie alsbald die Treppe heraufgestapft. Wie sie mich blass und mit blutigem Gesicht fanden, kümmerten sie sich mehr darum, mich zu trösten als mir, wie ich zu fürchten dumm genug war, Vorwürfe zu machen.
    Endlich ging die Brown, und Phöbe kam sogleich zu mir ins Bett. Durch Fragen und durch ihre Hände überzeugte sie sich bald, dass ich mehr Schrecken ausgestanden als Schaden gelitten hätte. Wir sprachen nicht viel.
    Phöbe schlief bald ein und ich fiel in eine Art Ohnmacht, aus der ich am nächsten Morgen mit einem heftigen Fieber erwachte. Man pflegte mich wie ein junges Huhn, das man, bevor man es an den Bratspieß steckt, noch mästet und füllt, und ich, ich war glücklich über die Sorgfalt, mit der man mich umgab. Meine Jugend kam bald über die Erkrankung hinweg, wozu nicht wenig beitrug, dass man mir die Mitteilung machte, Herr Krofts sei wegen großer Schwindeleien ins Gefängnis gesetzt worden, aus dem er nicht sobald wieder herauskommen würde. Das söhnte die Brown vollends mit mir aus, und sie erlaubte allen Mädchen ihrer Herde mich zu besuchen, natürlich in der Absicht, dass mich ihre Reden leichter dahin brächten, wo mich die Brown haben wollte. Die Mädchen waren lustig und leichtsinnig, und ich fing allmählich an, sie um ihren Zustand zu beneiden; und das wurde schließlich so stark, dass es das Ziel meines Ehrgeizes wurde, eine der ihren zu werden, welche Stimmung sie geschickt zu steigern verstanden. Es fehlte mir jetzt nichts als die völlige Wiederherstellung meiner Gesundheit: ich war zu allem bereit. Nicht etwa aus Verzweiflung, nein — aus erwachender Lust am Vergnügen, aus Eitelkeit und ein bisschen wohl auch aus Furcht, auf die Strasse gesetzt zu werden und da zu verhungern.
    Ich war bald wieder ganz hergestellt und durfte zu gewissen Stunden nach Belieben im Hause umhergehen. Nur darauf sah man sorgfältig, dass ich keine Herrengesellschaft sähe, bis zur Ankunft des Lord B***, dem mich die Brown zu verkuppeln beschlossen hatte und mit dem sie mehr Glück zu haben hoffte, als mit Herrn Krofts. Ich war, wie gesagt, zu allem entschlossen; ich war gewonnen, wie Phöbe sagte, und man hätte ruhig die Tür meines Käfigs offen lassen können — ich dachte nicht daran, zu entwischen, so hatte ich mich schon völlig in den Plan des Hauses gefunden. Was bis jetzt an meiner Unschuld verdorben war, das dankte ich den Mädchen des Hauses: ihr schlüpfriges
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