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Fangonia (German Edition)

Fangonia (German Edition)

Titel: Fangonia (German Edition)
Autoren: Ulrike Talbiersky
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heraus. Wenn man ganz vorsichtig war, konnte man die Karte aber noch auseinanderfalten.
    Sie fasste sie nur an den Ecken an, aus Angst, die Farbe zu verwischen.
    Es war das zweite Mal, dass sie froh war, die Karte eingesteckt zu haben. Sie war fast stolz auf sich. Joe konnte bestimmt herausfinden wo sie waren, und dann konnte man die Lage ganz anders angehen. Joe war gut in solchen Dingen.
    Er beschäftigte sich auch eindringlich mit der Karte. Nach ein paar Minuten Schweigen wandte er sich Dina zu. „Schau, hier sind wir losgefahren. Und da…“, sein Finger wies den Weg, „da haben wir zu Mittag gegessen. Dann ging es weiter Richtung Norden. Der Wind hat uns nicht zum Festland, sondern aufs offene Meer hinaus getrieben. Ich schätze, wir sind dadurch etwa 15-20 Meilen vom Kurs abgekommen.“
    „Und?“
    Dina schaute ihm neugierig über die Schulter und wartete darauf, dass sein Finger auf den hellen Fleck auf der Karte wies, auf dem sie sich momentan befanden.
    „Und?“, fragte sie noch mal.
    Er schluckte.
    „Dina – hier ist nichts. Schau doch, da ist alles blau. Diese Insel dürfte es nach der Karte gar nicht geben! Selbst in einem Umkreis von 40 Meilen ist nichts, und so weit sind wir wirklich nicht abgekommen.“ Dina erschauderte.
    Was? So etwas gab es doch gar nicht. Das Meer war doch heutzutage schon ausgiebig erschlossen. Außerdem, so eine große Insel fiel doch auf!
    „Ob die Tinte durch das Wasser verwischt, und die Insel dadurch unkenntlich geworden ist?“ Dina selbst zweifelte an ihren Worten. Sie konnte sehen, dass die Karte zwar nass, aber noch sehr intakt war. Seufzend ließ sie sich auf einen der Sandhaufen fallen.
    „Au!“, rief ein Stimmchen unter ihr.
    „Huch!“ Erschrocken sprang Dina wieder auf.
    Was war das? Der Sandhaufen schüttelte sich, dass die Körnchen nur so herumflogen.
    Dina bückte sich und schaute geradewegs in ein kleines, wütendes Gesicht.
    Ein winziges Männchen, mit einer dicken Knubbelnase und runden Kieselaugen blickte sie empört an. Er war über und über mit Sand bedeckt. Seine gelbbraunen Bürstenhaare erinnerten an vertrocknetes Gras.
    „Eine Unverschämtheit, mich so aus meinen Träumen zu reißen. Hast du nicht gesehen, dass hier jemand liegt und schläft?“
    Er reichte Dina gerade mal bis zum Knie.
    „Was? Ähm, tut mir leid… Nein, hier war doch alles nur voller Sand. Wo kommst du denn plötzlich her? Und wer bist du?“
    Gerade noch rechtzeitig hatte sie die Frage „ Was bist du“, unterdrücken können.
    Dina und Joe betrachteten das Männchen verdutzt.
    „Das gleiche kann ich dich fragen.“ Auch der kleine Kerl betrachtete sie sehr kritisch. „Riesen haben hier nichts zu suchen. Habt ihr unsere Abmachung vergessen?“ Der Sand knirschte drohend zwischen seinen Zähnen.
    Joe trat vorsichtig einen Schritt näher. Er wollte das Wesen anfassen, wissen, ob es echt war. Das Männchen ließ einen schrillen Pfiff ertönen, und schon kam eine Krabbe im Zickzack angelaufen, dass ihre Scheren nur so klapperten.
    „Vorsicht!“, das Kerlchen richtete warnend den Zeigefinger auf Joe und Dina. „Eine falsche Bewegung und ich hetze die Krabbe auf euch. Brutus kneift!“  
    Joe wich respektvoll zurück, schmunzelte aber dennoch in sich hinein.
    „Wir wollten dich wirklich nicht stören. Es tut uns leid. Wir sind keine Riesen und wissen auch von keiner Abmachung.“
    Dina wollte das gereizte Kerlchen beschwichtigen.
    „Was ist denn hier wieder für ein Lärm? Kann man nicht mal in Ruhe seinen Mittagsschlaf halten? Ist das zu viel verlangt? Muschelstaub, was brüllst du so durch die Gegend? Hattest du wieder Albträume?“
    Rings um Dina und Joe herum erwachte ein Sandhaufen nach dem anderen zum Leben. Die Sandkörner flogen in alle Richtungen, während sie lauter kleine Sandwesen preisgaben.
    Dina fasste Joes Hand. Das war jetzt aber doch sehr unheimlich. Wo waren sie nur gelandet? Wer waren diese Wesen?
    Mit offenem Mund betrachteten sie die Sandkerlchen, die beim Anblick der beiden aufgeregt miteinander tuschelten. Das Geräusch glich schleifendem Sandpapier.
    „Was soll das denn wieder, Muschelstaub, wo hast du die beiden aufgetrieben? Du musst aber auch immer Dummheiten machen! Immer Ärger hat man mit dem Jungen!“
    Ein Sandfrauchen kam entrüstet auf sie zu. Ihr Gesicht glich dem Muschelstaubs, es war nur etwas grobkörniger. Sie war ein Stück kleiner als er und etwas pummeliger. Das Grashaar stand ihr wirr vom Kopf ab. Wütend blitzte sie
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