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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd
Autoren: Colin Forbes
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sie ihre großen goldenen Zigeunerohrringe abnahm. „Komm, wir gehen auf dein Zimmer!“
    „Ich hab’ mein Steak noch nicht aufgegessen.“ Er schob den Teller weg und grinste. „Es ist mir sowieso zu blutig. Ich hab’ keinen Appetit mehr.“
    „Steaks gibt’s überall. Aber was ich dir biete, ist einmalig…“

3
    New York, Kennedy International Airport. 10. Februar 1984. 0°C.
    Der schlanken, attraktiven Swissair-Stewardeß in der taubenblauen Uniform fiel der Passagier, der an Bord von Flug SR 111 nach Genf und Zürich kam, sofort auf. Sie begleitete den großen und stämmigen Mann zu seinem reservierten Fensterplatz in der Ersten Klasse und versuchte, ihm beim Ausziehen seiner zottigen Lammfelljacke behilflich zu sein.
    „Danke, ich komme selbst zurecht!“ Seine Stimme war heiser, sein Ton fast unhöflich. Der Passagier überließ ihr die Jacke, nahm Platz und legte den Gurt an. Er steckte sich eine Zigarette zwischen die vollen Lippen und starrte aus dem Fenster. Die Maschine sollte um 18.55 Uhr starten.
    Die Stewardeß beobachtete ihn unauffällig, während sie seine Jacke sorgfältig auf einen Kleiderbügel hängte. Sie schätzte ihn auf Anfang Fünfzig. Sein volles, weißes Haar stand in krassem Gegensatz zu den dichten, schwarzen Augenbrauen und seinem kantigen Gesicht, das der durch die Häuserschluchten New Yorks pfeifende kalte Wind gerötet hatte. Seine linke Hand, eine wahre Pranke, ruhte auf einem Aktenkoffer, den er auf den Sitz neben sich gelegt hatte. Die Stewardeß zog ihre knappsitzende Jacke glatt, bevor sie zu ihm zurückging.
    „Tut mir leid, Sir, aber Sie dürfen erst rauchen, wenn …“
    „Ich hab’ das verdammte Ding doch gar nicht angezündet! Keine Angst, ich kenne die Bestimmungen. Hier herrscht Rauchverbot, solange das Schild dort vorn leuchtet.“
    „Entschuldigung, Sir!“
    Sie entfernte sich verlegen und tat geistesabwesend ihre Arbeit, während die Boeing 747 startete und über den Atlantik flog. Je länger sie über den amerikanischen Passagier nachdachte, desto klarer wurde ihr, daß ihr vor allem seine Augen unheimlich waren. Ihr kaltes Blau erinnerte sie an das außergewöhnliche Blau von Bergseen.
    „Na, du denkst wohl an deinen Freund?“ erkundigte sich eine ihrer Kolleginnen, während sie die bestellten Drinks vorbereiteten.
    „Nein, an den Passagier in Sitz fünf. Er fasziniert mich. Hast du seine Augen gesehen? Ein eisiges Blau …“
    Der Weißhaarige trank Schweppes Bitter Lemon und starrte aus dem Fenster in die Nacht hinaus, als jemand den Aktenkoffer hochhob und ihm auf die Knie legte. Er sah sich unwillig nach einem kleinen, drahtigen Mann mit ruhelosen Augen um, der sich in den freien Sitz fallen ließ und unbekümmert zu reden begann – allerdings nur halblaut, um nicht belauscht zu werden.
    „Na, das ist doch mein alter Kumpel Lee Foley! Im Auftrag der ‚Firma‘ nach Zürich unterwegs?“
    „Gehen Sie auf Ihren Platz zurück, Ed Schulz.“
    „Wir leben in einem freien Land, und dies ist ein freies Flugzeug – solange man bezahlt hat. Und ich
habe
bezahlt. Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Lee. Der Chefreporter von
Time
läßt nicht locker, bis seine Fragen beantwortet sind.
    Das sollten Sie inzwischen wissen …“
    „Und Sie sollten wissen, daß ich nicht mehr bei der CIA bin.
    Ich arbeite bei einem der größten internationalen Detektivbüros von New York. Das wissen Sie auch. Ende der Unterhaltung.“
    „Ich schlage vor, daß wir dieses Thema noch ein bißchen vertiefen …“
    „Ich bin dagegen.“ Foley beugte sich über Schulz hinweg zur Seite. „Stewardeß, haben Sie einen Augenblick Zeit?“ Als sie eilig kam, zog er zwei Flugscheine aus der Brusttasche seines Hemdes. „Ich habe für diese beiden Sitze bezahlt. Hier sind die Tickets. Wären Sie so freundlich, mir diesen Mann vom Hals zu schaffen. Er versucht, mir etwas zu verkaufen.“
    Er lehnte sich zurück, steckte die Flugscheine, in denen die junge Frau geblättert hatte, wieder ein und starrte wieder in die Nacht hinaus.
Damit ist der Fall erledigt,
schien seine ganze Art zu besagen.
Weitere Diskussionen überflüssig.
    „Tut mir leid, aber dieser Platz ist besetzt“, erklärte die Stewardeß Schulz. „Soll ich Ihnen noch einen Drink bringen, wenn Sie wieder auf Ihrem Platz sitzen?“
    „Bringen Sie mir einen doppelten Whisky.“ Schulz, dessen sonstige Munterkeit einen Knacks bekommen hatte, stand auf und starrte Foleys Hinterkopf erbittert an. „Wir sehen uns
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