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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd
Autoren: Colin Forbes
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Besuchersessel saß Tweed, der seine Brillengläser polierte.
    „Mein Gott, warum nur?“ Newman sank in seinen Sessel und riß den Umschlag auf. Der handschriftliche Brief war kurz und präzise, wie man es von einem Mann erwartete, der schon so viele militärische Beurteilungen verfaßt hatte. „Ich hab’ Rene wirklich gern gehabt“, sagte Newman und begann zu lesen.
Mein lieber Robert, ich möchte Ihnen versichern, daß ich von den Vorgängen in der Klinik Bern nicht die geringste Ahnung gehabt habe. Ich hatte – mündlich – den Befehl erhalten, häufig Übungen in ihrer Nähe abzuhalten, damit der Eindruck entstand, die Klinik stehe unter militärischem Schutz. In der Nacht, in der die arme Mrs. Laird umgekommen ist, habe ich durchs Glas Gestalten auf dem Klinikgelände beobachtet – ohne genau sagen zu können, ob sie Soldaten waren oder nicht. Ich allein trage die Verantwortung für meine folgenschwere Fehleinschätzung. Leben Sie wohl, mein Freund!
    Rene Lachenal
    Newman gab den Brief wortlos an Beck weiter und wandte sich an Tweed, der seine Brille aufgesetzt hatte und seinen Blick unbehaglich erwiderte.
    „Wie sind Sie mit Dr. Kennedy zurechtgekommen?“
    erkundigte sich Tweed.
    „Schlecht, aber das ist von Anfang an unvermeidbar gewesen, nicht wahr? Schließlich habe ich sie wirklich reingelegt. Eine scheußliche Sache …“
    „Das tut mir aufrichtig leid“, versicherte Tweed. „Aber wir sind darauf angewiesen gewesen, daß uns jemand hilft, der sonst überhaupt nichts mit unserer Organisation zu tun hat. Ich danke Ihnen für alles, was Sie für uns getan haben.“ Er machte eine Pause. „Sollte Ihnen jemals etwas auffallen, das für mich interessant sein könnte…“
    „Dann sehe ich einfach weg!“
    „An Ihrer Stelle würde ich ähnlich reagieren“, bestätigte Tweed gelassen. Er hatte nicht die Absicht, Newman von Blanches Unterstützung zu erzählen: Seine Helfer brauchten nichts voneinander zu wissen.
    „Wir haben die Klinik Bern gestürmt“, fuhr Beck fort, „und das Gaslager intakt vorgefunden. Die Granaten werden unschädlich gemacht. Leupin hat gemeldet“, berichtete er, wobei er angelegentlich aus dem Fenster starrte, „daß die Handgranate von einer jungen Frau geworfen worden ist. Alle Verletzten befinden sich inzwischen auf dem Wege der Besserung – die Handgranate ist defekt gewesen, sie muß ziemlich alt gewesen sein. Wir werden nicht erst versuchen, die junge Frau ausfindig zu machen, wir sind mit der Durchsuchung von Granges Chemiewerk in Horgen bereits mehr als ausgelastet.“
    „Ich habe noch mehrere Fragen, die ich gern beantwortet hätte“, stellte Newman fest. „Zum Beispiel besitze ich ein Photo, das Sie vor der Taubenhalde im Gespräch mit Bruno Kobler zeigt und das mir große Sorgen gemacht hat. Und wer ist Ihre Kontaktperson in der Klinik Bern gewesen? Darüber hinaus interessiert mich, wer Nagy, Mason und Seidler umgebracht hat – und wer auf Willy Schaub, den Hausmeister, geschossen hat.“
    Beck lächelte verständnisvoll. „Kobler hat mich hier aufgesucht, und ich habe ihm erklärt, ich sei allenfalls bereit, außerhalb des Dienstgebäudes mit ihm zu reden – eine bewußte Kränkung. Er hat, versucht, mich zur Einstellung meiner Ermittlungen zu bewegen, aber ich habe ihm geraten, schleunigst zu verschwinden, weil ich ihn sonst wegen versuchter Beeinflussung eines Polizeibeamten festnehmen lassen würde. Mein Kontaktmann in der Klinik Bern?
    Natürlich Dr. Waldo Novak! Er hatte schreckliche Angst, daß ich einen Weg finden würde, ihn aus der Schweiz auszuweisen.
    Was Nagy und Mason betrifft, vermute ich, daß sie von Kobler ermordet worden sind – oder von seinen Schergen. Bei Seidler und Schaub ist der Fall klar. Eines der gestohlenen Militärgewehre hat vor der Klinik neben Koblers Leiche gelegen. Unsere ballistischen Untersuchungen haben bewiesen, daß er Seidler erschossen und dann versucht hat, auch Schaub zu erschießen.“
    Beck lächelte erneut. „Zufrieden, Bob?“
    „Das ist nicht ganz das Wort, das ich gewählt hätte, aber daran ist wohl nichts zu ändern.“
    Newman stand müde auf. „Ich gehe jetzt, wenn’s recht ist. Ich habe das Bedürfnis, einen langen Spaziergang zu machen und dabei nachzudenken…“
    Wie Beck schon zuvor berichtet hatte, war das zweite gestohlene Scharfschützengewehr auf dem Hügel gefunden worden, von dem aus der unheimliche Schütze drei Männer binnen weniger Minuten erschossen hatte. Und die
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