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Falltür - bitte klopfen

Falltür - bitte klopfen

Titel: Falltür - bitte klopfen
Autoren: Carter Brown
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aus
einer blutigen Masse mit Haar und Haut — näher läßt sich das nicht beschreiben.
Ich schluckte heftig und mußte mich zusammenreißen, um den Blick abzuwenden.
    Martha Westcott lag
ausgestreckt auf der Couch neben Wanda; der rote Abdruck von Westcotts Hand war
deutlich auf ihrer Wange zu sehen — dort, wo er sie geschlagen hatte, ehe er
ihr das Gewehr aus der Hand riß. Carole Freeman und Boris blickten benommen
drein, als könnten sie gar nicht glauben, was da eben passiert war. Einzig
Eugene, das Gewehr fest in beiden Händen, wirkte gelassen und unbesorgt.
    »Es tut mir leid, daß ich mich
Ihrer derart bedienen mußte, Mr. Baker«, sagte er sanft. »Bitte, nehmen Sie
meine aufrichtige Entschuldigung an. Aber ich hatte leider keine andere Wahl.«
    »Das ist okay«, sagte ich
schlotternd. »Sie haben recht, Ihnen blieb keine andere Wahl, aber...«
    »Aber was, Mr. Baker?« Seine
Stimme wurde scharf.
    »Was Larry sagen will, ist
dies«, schaltete Boris sich ein: »War es wirklich notwendig, ihn so
totzuschießen?«
    »Nein«, erwiderte Eugene kühl,
»ich hätte ihn ja die Pistole aufheben und mich erschießen lassen können!«
    Martha setzte sich langsam auf,
dann warf sie sich plötzlich neben Clurman auf den Boden. Wir alle sahen
hilflos zu, wie sie behutsam seinen Kopf hob und in ihren Schoß bettete. Nach
einer Weile sah sie zu Westcott auf, und in ihren dunklen Augen war nur noch
Haß — aber sie sagte nichts. Die Stille wurde drückender, die Spannung aus Haß,
Gewalttat und Angst immer unerträglicher, bis sie das ganze Zimmer füllte. Und
dann wurde sie von einem scharfen Knarren oben an der Treppe unterbrochen. Es
knarrte ein zweites Mal — und noch einmal... Jemand kam die Treppe herunter.
Alle Köpfe wandten sich zur Tür.
    Carl Westcott erschien, blickte
unbeteiligt von einem zum andern, bis sein Blick mich traf.
    »Oh, da sind Sie ja, Mr.
Baker.« Er lächelte warm. »Das Nickerchen, das Sie mir verordnet haben, hat
Wunder gewirkt.«
    »Das freut mich zu hören«,
sagte ich freundlich.
    »Es gibt keine Zweifel mehr und
keine Verwirrung.« Seine Züge strahlten vor unverhohlener Freude. »Nun weiß
ich, wer ich wirklich bin. Und wissen Sie was?« Er kicherte, und das klang
irgendwie eingerostet, als habe er sehr lange nicht mehr gekichert. »Sie hatten
gleich zu Anfang recht.«
    »Ich hatte... zu Anfang recht?«
murmelte ich. »Womit denn?«
    »Sie und die nackte Dame«,
sagte er glücklich. »Sie beide hatten völlig recht. Mein Name ist nicht Carl,
sondern Eugene — Eugene Westcott.«
    »Eugene?« Ich starrte ihn
verständnislos an. »Sie sind Eugene Westcott?«
    »Mir ist alles wieder
eingefallen«, sagte er ruhig. »Die Sektparty, Yvonne, alles! Ich habe Ihnen
doch erzählt, daß unter all den Alpträumen, die mich in diesen langen Jahren
heimsuchten, ein Traum immer gefehlt hat — nämlich von dem Augenblick, als ich
mein Mädchen mit den goldenen Haaren ermordet habe?«
    »Gewiß, Carl«, sagte ich
besänftigend. »Das haben Sie mir erzählt.«
    »Und heute nacht ist mir alles
wieder eingefallen!« Seine Stimme verriet bescheidenen Triumph. »Ich konnte
damals ja nichts sehen, verstehen Sie, weil ich sehr betrunken war und mir
alles vor den Augen verschwamm, aber ich konnte fühlen, die Schmerzen am Hals
und alles — und ich konnte hören!«
    »Hören?«
    »Ja.« Er nickte hastig. »Und
heute habe ich es wieder so deutlich gehört, als sei Yvonne für einen
Augenblick noch einmal bei mir im Zimmer. Ich hörte sie sagen: >Nein, tu’s
nicht! Stell die Flasche hin!< Und dann muß es wohl meine Stimme gewesen
sein, die gesagt hat: >Wenn ich dich nicht kriege, wirst du auch keinem
anderen gehören!< Danach hat sie geschrien oder es jedenfalls versucht, aber
ihr Schrei wurde gleich erstickt. Und dann sagte sie noch mit flehender Stimme:
>Hör doch auf, ich ersticke! Du bringst mich ja um, Eugene!< hat sie
gesagt.«
    Melancholische Trauer
verdüsterte seine klaren braunen Augen. »Ich weiß natürlich, ich hab’ sie
umgebracht. Aber ich habe deutlich ihre Stimme gehört, wie sie flehte: >Du
bringst mich ja um, Eugene!< Yvonne kann sich unmöglich so geirrt haben —
ich meine, daß sie einen Bruder mit dem anderen verwechselte. Und deshalb weiß
ich jetzt, daß es Eugene war, der ihr die langen goldenen Haare um den Hals
geschlungen und sie zu Tode gewürgt hat. Sie sehen also, Mr. Baker, die ganzen
Jahre über hat ein schrecklicher Irrtum bestanden. Ich weiß, daß ich sie
erwürgt habe,
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