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Fallen Angel 07 Tanz der Rose

Titel: Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Autoren: Mary Jo Putney
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Tagträume keine Zeit. »Der Bursche dürfte eher ein Anwalt als ein Lord sein«, bemerkte sie nüchtern. »Vielleicht ist er auch nur ein erfolgreicher Kornhändler. Iß deine Eier, bevor Brian auftaucht und alles verschlingt, was nicht niet- und nagelfest ist. «
    Jessica stand kichernd auf, gab ihre affektierte Pose auf und nahm sich etwas Herzhaftes zum Frühstück. »Wetten, daß man Julia nie befohlen hat, ihre Eier zu essen, bevor ihr kleiner Bruder sie ihr wegschnappen würde? «
    »Wenn Brian ihr Bruder gewesen wäre, hätte sie sich freiwillig beeilt! « Rosalind verstaute das Gewand, das sie  genäht hatte, in der Kostümtruhe. »Wenn man vom Teufel spricht... «
    Auf der Treppe waren schnelle Schritte zu hören, die abrupt in lautes Gepolter übergingen. Rosalind runzelte die Stirn und wollte aufspringen, doch da kam ihr kleiner Bruder schon zur Tür herein. Er war ein typischer Fitzgerald, mit dunklen Haaren und strahlendblauen Augen, aber jetzt war er sehr blaß und hielt mit der linken Hand sein rechtes Handgelenk fest. »Ich bin gestürzt und habe mir das Handgelenk gebrochen, glaube ich. «
    Es war in dieser Familie sehr schwierig, zwischen Wahrheit und Fantasie zu unterscheiden. Trotzdem eilten Rosalind, ihre Eltern und sogar Aloysius auf den Jungen zu, für den Fall, daß er sich ernsthaft verletzt haben sollte. Brian schrie vor Schmerz auf, als Rosalind sein Gelenk abtastete. »Es dürfte eine leichte Verstauchung sein«, erklärte sie. »Ich mache dir einen Verband, dann ist in ein, zwei Tagen alles wieder in Ordnung. Das wird dir hoffentlich eine Lehre sein, auf Treppen nicht zu rennen. «
    »Heute werde ich keine Rechenaufgaben lösen können«, meinte Brian hoffnungsfroh.
    »O doch, du kannst und wirst sie lösen«, sagte Thomas streng. »Zum Rechnen braucht man nämlich den Kopf und nicht die Hände. «
    »Stimmt nicht, Papa - Brian braucht seine Finger zum Zählen«, provozierte Jessica ihren Bruder.
    »Ist nicht wahr! « rief Brian beleidigt. »Du warst es doch, die Algebra nie kapiert hat! « Mit der linken Hand schaufelte er sich die restlichen Eier auf einen Teller, wobei Aloysius ihm aufmerksam zuschaute.
    Jessica legte den Kopf zur Seite, was sie perfekt beherrschte. »Eine Bühnengöttin braucht keine Algebra. Es genügt völlig, daß ich unsere Einnahmen nach einem einzigen Blick in den Zuschauerraum ziemlich genau schätzen kann. « Rosalind rollte mit den Augen. »Ich hole das Verbandszeug, während ihr zwei euch streitet. « Sie ging zur Tür. Weil Brian als lebhafter Zehnjähriger ein ausgesprochenes Talent besaß, sich irgendwelche Blessuren zuzuziehen, packte sie den Erste-Hilfe-Kasten immer zuoberst ein, um ihn sofort zur Hand zu haben. Von der Schwelle aus warf sie noch einen Blick auf ihre Familie, und ihr Herz schwoll vor Liebe. Zum abertausendsten Mal dankte sie dem Schicksal, das Thomas und Maria in jene schmutzige Hafenstraße geführt hatte, wo die beiden Schauspieler in unvergleichlicher Großzügigkeit beschlossen hatten, einem Bettelkind ein neues Zuhause zu geben. Rosalind hatte nur ein paar vage alptraumhafte Erinnerungen an die Zeit auf der Straße, aber an ihre erste Begegnung mit den Fitzgeralds erinnerte sie sich in allen Einzelheiten. Selbst wenn sie hundert Jahre alt würde - die Güte, die sie als völlig verschüchtertes Kleinkind in Marias Augen entdeckt hatte, würde sie niemals vergessen.
    Ihr fielen plötzlich mit Schrecken erste Spuren des Alters an ihren Eltern auf. Beide waren immer noch attraktiv, aber ihre dunklen Haare waren mit Silberfäden durchzogen. Sie gingen auf die Fünfzig zu, und das Leben einer Wandertruppe war hart. Wie lange würden sie diesen Strapazen noch gewachsen sein? Und was sollte aus ihnen werden, wenn das ewige Tingeln ihnen einfach zuviel wurde? Jetzt lebten sie in bescheidenem Komfort, aber sie hatten kaum Ersparnisse, denn Kostüme, Wagen, Gagen und Übernachtungen kosteten viel Geld.
    Nicht daß Thomas sich jemals Sorgen machte: er besaß ein unerschütterliches Gottvertrauen, das Rosalind nicht zu teilen vermochte, weil sie bezweifelte, daß der Herr sich für die Finanzlage der Fitzgeralds interessierte.
    Leise schloß sie die Tür. Vielleicht würde Jessica ja den großen Durchbruch auf den Londoner Bühnen schaffen und so berühmt werden, daß sie ihre Eltern im Alter unterstützen konnte. Das nötige Talent besaß sie zweifellos, und es fehlte ihr auch nicht an Ehrgeiz. Auch Brian zeigte schon heute beachtliche
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