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Fallen Angel 07 Tanz der Rose

Titel: Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Autoren: Mary Jo Putney
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Wohltätigkeitsorganisationen, ob sie nun Soldatenwitwen unterstützten oder Schulen für Arbeiterkinder einrichteten. Doch das alles geschah auf Distanz: Er brauchte nicht einmal die Überweisungen persönlich zu unterschreiben. Diesen beiden verarmten Damen mit zwei Shilling aus seiner eigenen Tasche geholfen zu haben war befriedigender als alles, was er in der Vergangenheit anonym geleistet hatte. Vielleicht sollte er seine Menschenfreundlichkeit in Zukunft persönlicher gestalten.
    Seine Hochstimmung verflog, als ihm einfiel, daß er nicht mehr viel Zeit hatte, um seine Gewohnheiten zu ändern. Trotzdem beschloß er, in den wenigen Monaten, die ihm noch blieben, einige Witwen und Schulen zu besuchen, nicht um Dankesbezeigungen zu hören, sondern um selbst dafür dankbar zu sein, daß es ihm vergönnt war, Menschen in Not zu helfen.
    Ein zehn- oder elfjähriger lebhafter Junge ließ die Stalltüren weit auffliegen, und der Kartenverkäufer brüllte: »Treten Sie ein, meine Damen und Herren! Der Sturm wird gleich beginnen. «  Das aufziehende Gewitter untermalte seine Worte durch ein Donnergrollen, was allgemeines Gelächter auslöste. Die Menge drängte in die Scheune, gab die Holzscheiben ab und erhielt im Gegenzug Programmzettel. Ein scharfer Geruch verriet, daß hier normalerweise Kühe untergebracht waren. Man hatte rohe Holzbänke aufgestellt, und das Rampenlicht bestand aus einem halben Dutzend Öllampen, die den Zuschauerraum von der improvisierten Bühne trennten.
    Den beiden Schwestern gelang es, Plätze in der ersten Reihe zu ergattern. Die Bänke füllten sich sehr schnell, und viele - so auch Stephen - mußten sich mit Stehplätzen begnügen. Ihm kam diese Lösung ganz gelegen. An die rechte Scheunenwand gelehnt, spürte er einen kühlen Luftzug, und außerdem könnte er unauffällig verschwinden, falls die Aufführung unerträglich sein sollte.
    Das Publikum fieberte dem Beginn der Vorstellung entgegen, und Stephen wurde von der erwartungsvollen Stimmung angesteckt. Sogar unter diesen primitiven Bedingungen ging vom Theater eine magische Wirkung aus. Obwohl er in jedem wichtigen Londoner Theater eine Loge belegte, hatte er sich seit Jahren nicht mehr so auf ein Stück gefreut, und er hoffte von ganzem Herzen, daß die Schauspieler annehmbar sein würden.
    Ein metallisches Dröhnen - künstlicher Donner - hallte durch die Scheune und ließ einige ängstliche Frauen zusammenzucken. Während künstliche Blitze die Bühne erhellten, tauchten zwei Seeleute aus den Kulissen auf und redeten aufgeregt über den Sturm und den drohenden Untergang des Schiffes.
    Ihre adligen Passagiere gesellten sich zu ihnen und beklagten den scheinbar unausweichlichen Tod durch Ertrinken. Nachdem alle die Bühne verlassen hatten, herrschte sekundenlang tiefes Schweigen. Dann traten Prospero und seine bezaubernde junge Tochter Miranda auf. Beide hatten dunkle Haare und strahlendblaue Augen. Stephen warf einen Blick auf seinen Programmzettel: Thomas und Jessica Fitzgerald, höchstwahrscheinlich auch im wirklichen Leben Vater und Tochter.
    Die Schauspielerin war eine Schönheit und wurde vom Publikum mit lautem Applaus und anerkennenden Pfiffen begrüßt. Miranda schenkte ihren Bewunderern ein süßes Lächeln, wartete, bis wieder Ruhe eintrat, und sprach ihre ersten Sätze mit einer kristallklaren Stimme, die mühelos die ganze Scheune erfüllte.
    Gleich darauf erscholl Prosperos mächtiger Bariton. Eindringlich erklärte er seiner Tochter, daß er einst Herzog von Mailand und sie eine Prinzessin gewesen war. Stephen stemmte sich überrascht von der Wand ab und lauschte fasziniert. Die beiden Fitzgeralds waren großartig! Man fühlte sich aus der primitiven Scheune in die Zelle des Zauberers entrückt. Besser konnte diese Szene an keinem großen Theater gespielt werden.
    Ariels Auftritt veranlaßte die männlichen Zuschauer zu neuen begeisterten Pfiffen, und Stephen konnte ihnen daraus keinen Vorwurf machen, denn der Luftgeist wurde von einer reifen Frau mit üppigen Kurven verkörpert. Maria Fitzgerald - vermutlich Thomas' Frau und Jessicas Mutter - hatte eine melodische Stimme und glänzte in der Rolle des unsichtbaren Wesens, das dem Magier treu dient, obwohl es viel lieber völlig frei wäre.
    Mit verschränkten Armen lehnte Stephen sich wieder an die Wand und versank entspannt in dieser Zauberwelt. Die Natur trug Blitz, Donner und trommelnden Regen bei, um die Illusion einer fernen bezauberten Insel perfekt zu
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