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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse
Autoren: Martin Clauß
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aus dem Inneren heraus eine Zunge entstand, das Zahnfleisch, Lippen, Augen ...
    Eine zischende Stimme wie von Luft, die aus einem Reifen entwich, drang aus der Tiefe der Kehle, die es vor Sekunden noch nicht einmal gegeben hatte.
    „Exxxx ... ssittt ... Exxxx ... ssittt ...“
    So klangen die Worte des lebenden Toten.
    Mit krampfartig zitternden Finger deutete Fred hinter sich, zum Kühlraum.
    „Blaue ... blaue Metalltür“, keuchte er. „Durch den ... Gang. Exit. Ausgang! Exit!“
    Als dünne, graubraune Haare auf dem Schädel vor ihm zu sprießen begannen, verlor Fred das Bewusstsein. Sein Körper rutschte schlaff zu Boden.
    „Exxx ... qui ... sssittt“, machte der Tote. „Exxx ... qui ... sssssitttttt ...“

4
    Das Geschöpf kroch über die Liege.
    Seine Bewegungen waren unbeholfen – manchmal griff es ins Leere, und wenn es ging, schwankte es nach rechts und links. In dem Vorraum, wo der Röntgengenerator stand, drückte es wahllos einige Knöpfe. Für einen Moment lief der Generator an, und auf dem Display erschien eine rote Schrift: „Attention! X-Ray activated“ Doch sofort wurde der Prozess gestoppt. „Close door“, verlangte die Anzeige. Solange die Tür zum Röntgenzimmer geöffnet war, wurden die Strahlen nicht erzeugt. Hätte sich die fahrbare Liege nicht in der Türöffnung verkantet, wäre Fred Wandel nun in Strahlung gebadet worden.
    Der lebende Tote verlor das Interesse an der Apparatur, die er nicht verstand. Er taumelte weiter in den Kühlraum, sah sich dort um und entdeckte schließlich die blaue Tür. Beim ersten Versuch, sie zu öffnen, bewegte sie sich kaum. Stattdessen geschah etwas anderes. Von der vollkommen regenerierten Handinnenseite des Toten fiel ein Stück Fleisch ab. Irritiert sah der Unheimliche auf die Stelle, an der die blanken Knochen zum Vorschein gekommen waren.
    Er schwankte nun stärker. Die eben erst gewonnene Kraft verließ ihn so schnell, wie er sie erlangt hatte. Seine Haare begannen auszufallen, seine Haut wurde trocken, platzte auf und rieselte in kleinen braunen Krümeln zu Boden. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Er warf sich jetzt mit aller Kraft gegen die schwere Metalltür, stemmte die bröckelnden Füße gegen das Linoleum des Fußbodens.
    Die Tür bewegte sich, öffnete sich einen Spalt weit. Doch seine Kraft ließ nach, und die gewaltige Feder in dem Türschließmechanismus kämpfte darum, den Raum verschlossen zu halten. Der Spalt schrumpfte wieder, die Füße des lebenden Toten glitten über den glatten Untergrund, und in wenigen Sekunden würde sich die Tür vollends geschlossen haben.
    Der Unheimliche reagierte im letzten Moment und stieß seine Hand tief in den Spalt.
    Damit riss er sich das verbliebene Fleisch vom Arm herab, doch der Knochen war stabil. Es knackte zwar, als die Tür gegen Elle und Speiche schlug, die Feder war jedoch nicht stark genug, um die Knochen zu zermalmen.
    Als nächstes zwang der zu künstlichem Leben Erwachte seinen zweiten Arm zwischen Tür und Wand. Dann vergrößerte er den Spalt und schob seinen restlichen Körper hindurch. Eine halbe Minute lang hing sein Brustkorb am Bolzen des Schlosses fest – lange dreißig Sekunden, während deren sich sein Körper nahezu vollständig zum Skelett zurückbildete. Mit einem Ruck löste er sich, und der Untote stolperte hinaus in den Flur. Hinter ihm fiel die Metalltür mit einem Schnappen zu, ein bisschen wie das Maul eines Raubtiers, das seine Beute knapp verfehlt hat.
    Er fiel auf die Tür zu, die rechts in das Labor führte. Sie war nur angelehnt und schwang viel zu schnell auf, als er sich dagegen warf. Der Untote ging zu Boden, und es sah aus, als würde er nie mehr aufstehen.
    Doch in dem Wasserbad auf der Ablage befand sich etwas, das seine letzten Kraftreserven weckte. Er zog sich empor, und seine skelettierten Hände griffen gierig in das sechzig Grad heiße Wasser. Die Hitze tat ihm nichts. Er fischte eine der fünf Getränkedosen heraus, legte sie an seinen Mund ... und schüttelte widerwillig den Kopf, als das erhoffte Gefühl sich nicht einstellte. Wie ein wütendes Tier schleuderte er die Dose gegen die Wand, und sie fiel verbeult, aber ungeöffnet zu Boden.
    Mit der einen Hand hielt er sich an der Ablage fest, mit der anderen griff er sich eine zweite Dose. Mit den Zähnen kratzte er verzweifelt über die Oberseite der Dose, bis er den Verschluss erwischte. Er schob seine Zähne darunter, knackte ihn und spuckte ihn aus. In seinem Mund gab es kein Fleisch mehr, das
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