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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse
Autoren: Martin Clauß
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ahnen? Eine Art siebten Sinn einsetzen?
    Melanie schloss die Augen. Im nächsten Augenblick riss sie sie wieder auf. Sie fühlte sich beobachtet! Da war jemand im Zimmer, der sie ansah!
    Für einen Moment glaubte sie, eines der Artefakte in diesem Raum habe auf sie reagiert wie eine Alarmanlage. Bei Margaretes Fähigkeiten und der illustren Sammlung, die sie hier hatte, wäre es kein Wunder gewesen ...
    Aber das war es nicht.
    Sie stand mit dem Rücken zur Tür. Jetzt wirbelte sie herum. Sie war ganz sicher gewesen, kein Geräusch gehört zu haben – nicht das der sich öffnenden und wieder schließenden Tür. Nicht das von Schritten.
    Trotzdem stand ein Mensch unmittelbar vor ihr!
    Es war Madoka.
    Das japanische Mädchen hielt den sonst stets gesenkten Kopf hoch. Ihre langen dunklen Haare fielen nach hinten, und vielleicht war es das erste Mal, dass Melanie ihr Gesicht so deutlich und unverhüllt sah.
    Madoka bewegte sich lautlos, wie ein Gespenst. Ihre fließenden Bewegungen erinnerten Melanie an die Posen der chinesischen Schattenboxer.
    Für eine halbe Minute sahen sich die beiden an. Melanie verscheuchte den ungesunden Gedanken, das Mädchen könne durch die geschlossene Tür gekommen sein. Nein, eine solch phantastische Erklärung brauchte man nicht zu bemühen. Sie hatte sich einfach vollkommen lautlos bewegt. Es war nicht das erste Mal, dass sie plötzlich irgendwo auftauchte und sie niemand hatte kommen hören.
    „Du willst es stehlen“, stellte Madoka fest. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, und doch klang sie bedrohlich.
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ Melanie glaubte nicht, dass es Sinn machte, sich dumm zu stellen. Aber sie war noch nicht so weit, dass sie sich bloßstellen ließ. In Arturs Interesse musste sie ihre Absicht verbergen, solange es ging.
    „Du hast lange gebraucht“, fuhr Madoka fort. „Ich hatte dich schon vor Tagen hier erwartet.“
    Melanie erwiderte nichts.
    Madoka kam näher. Jetzt waren nur noch Zentimeter zwischen ihnen. Die beiden Studentinnen waren sich nie so nahe gewesen. „War es so ein schwerer Entschluss?“, wollte die Asiatin wissen.
    „Wovon redest du?“
    „Von der Entscheidung, mein Leben für die Freiheit dieses Mannes zu opfern.“
    Diesen Satz begriff Melanie wirklich nicht. Sie wich einen Schritt zurück, bis sie den Schrank im Rücken spürte. „Dein Leben?“
    Madoka schwieg. Die tiefroten Lippen auf dem blassen Gesicht zuckten. Melanie dachte fieberhaft nach. Sicher, Arturs Schutzengel hatte das Mädchen attackiert, und es war zu einem schlimmen Unfall gekommen, doch das bedeutete doch nicht automatisch, dass er Madoka erneut angreifen würde, sobald er freigesetzt wurde! Sie verstand jetzt. Die Asiatin fürchtete sich davor, dass ihr Angreifer das zu Ende bringen würde, woran ihn Margarete gehindert hatte.
    Das Vorhaben, Madoka zu töten.
    „Hör zu“, stieß Melanie hervor. „Ich verstehe, dass du Angst hast, aber du irrst dich. Ein Schutzengel tut nichts Böses. Er hat dich nur gewarnt. Es gibt jetzt andere, wichtigere Dinge, vor denen er Artur beschützen muss. Welche Gefahr du auch immer für ihn dargestellt hast – es ist vorbei. Die Situation hat sich geändert.“
    „Du verstehst nichts“, sagte Madoka langsam. „Überhaupt nichts.“
    „Hilf mir, ihn zu finden“, versuchte es Melanie in ihrer Verzweiflung. „Wenn du mir hilfst, wird er dein Freund sein! Der Schutzengel und Artur – sie werden beide in deiner Schuld stehen.“
    „Du verstehst nichts von dem, was um dich herum geschieht“, meinte Madoka. Dann ging alles sehr schnell.
    Die Hände der Japanerin zuckten blitzartig nach oben und packten Melanies Oberarme mit stählernem Griff. Gleichzeitig stieß ein Fuß von der Seite nach ihren Beinen und warf sie um. Madoka machte die Bewegung mit, fiel zusammen mit Melanie und saß auf ihr, als sie den Boden erreichte. Die Japanerin hielt die Hand mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger vor das Gesicht der Überrumpelten. Lange, weiße Fingernägel schimmerten wie die tödlichen Klauen einer Raubkatze direkt vor den Augen der rothaarigen Studentin.
    „Diese Nägel“, sagte Madoka mit einer Stimme, aus der erschreckende Grausamkeit sprach, „brauchen keine Sekunde bis in dein Gehirn. Zehn Zentimeter.“ Sie brachte ihre Finger noch näher heran, bis Melanie meinte, jeden Moment die Spitze der Nägel in ihren Augen spüren zu müssen. Dennoch brachte sie es nicht fertig, die Lider zu schließen.
    „Zehn
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