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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst
Autoren: Martin Clauß
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unpassender Weise über Georgs muskelbepackten Oberarm.
    Als sie sich mit einer tänzelnden Bewegung umwandte und so tat, als würde ihr Interesse erlöschen, kam Bewegung in die beiden.
    Zehn Minuten später stand im ersten Stock in der Fernsehecke ein Aquarium.
    Das seltsamste Aquarium, das die Bewohner von Falkengrund je gesehen hatten.

2
    „Ich verstehe immer noch nicht, wofür wir das brauchen.“ Felipe Diaz blieb hartnäckig. Er war ein ernster und sachlicher Mensch, die meiste Zeit über stummer Beobachter der Geschehnisse auf Falkengrund. Manchmal aber schlüpfte er in die Rolle eines Kritikers und Skeptikers, und wenn er das tat, konnte er gnadenlos darin sein.
    „Er hat nicht Unrecht“, pflichtete Harald dem Studenten mit dem dunklen, schmalen Gesicht bei. „Ich hab’s auch nicht mehr so mit Tieren, seit wir neulich beinahe auf den Hund gekommen wären.“
    „Hast du Angst vor ein paar Fischen?“ Angelika lachte.
    Die gesamte Bewohnerschaft von Falkengrund hatte sich in der Fernsehnische versammelt. Es war eine lauschige Ecke zwischen den beiden Flügeln des Hauses, mit Polstermöbeln, einem kleinen Tischchen und einem großen Fernseher mit Videorekorder und DVD-Player. Ein paar der Studenten verbrachten hier regelmäßig die Abende. Da Harald zu ihnen gehörte, schien er sich besonders an dem monumentalen Kasten zu stören, der nun an einer Seite der Nische Platz gefunden hatte. Diese Ecke sah auf einmal viel, viel kleiner aus. Das Objekt schien sie zu erdrücken. Es war etwa doppelt so groß wie der Fernseher.
    „Ich sehe überhaupt keine Fische“, bemerkte Felipe. „Und wie ein Aquarium sieht es auch nicht aus.“
    „Eher wie ein Behälter für radioaktiven Müll.“ Haralds Kommentar war diesmal weit weniger abwegig als gewöhnlich.
    Was Angelika ein Aquarium nannte, bestand nur zu einem kleinen Teil aus Glas. In der Mitte der Frontseite gab es tatsächlich ein Fenster – es hatte annähernd die Größe eines Zeitschriftencovers. Der Rest war eine silbern glänzende Metallhülle, die einen nahezu unzerstörbaren Eindruck machte. An der Oberseite des Behälters gab es eine schmale Leiste von Schaltern und daneben eine Öffnung, groß genug, um eine Hand hineinzustecken.
    Ob das tatsächlich jemand tun würde, war eine andere Frage, denn vom Inneren des Behälters war praktisch nichts zu erkennen. Selbst durch das Glasfenster konnte man kaum etwas sehen. Das Innere war nahezu schwarz. Schatten schienen sich zu bewegen, als lebe dort etwas. Es mochten aber auch nur Reflektionen auf der Scheibe sein. Oder tangartige Wasserpflanzen, die in einer künstlichen Strömung hin und her schwankten wie wabernde Geister.
    „Ihr müsst genau hinsehen“, sagte Werner Hotten. „Konzentration – ihr braucht mehr Konzentration. So ein Aquarium kann sehr entspannend sein.“
    „Entspannender als eine Folge von Deep Space Nine ?“ Haralds ungläubiger Unterton schien echt zu sein.
    „Für die Fische ist ein Aquarium aber nicht sehr entspannend“, warf Melanie ein.
    „Falls überhaupt welche drin sind. Warum sieht man sie nicht? Kann nicht mal jemand das Licht einschalten?“ Harald beäugte die Knöpfe auf der Oberseite, konnte sich aber nicht entschließen, einen zu drücken.
    „Es sind Tiefseefische“, erklärte Angelika. „Sie leben in ewiger Dunkelheit. Helles Licht würden sie nicht vertragen. Sie machen sich ihr eigenes Licht – Fluoreszenz. Wenn ihr lange genug hinschaut, seht ihr bestimmt etwas aufblinken.“
    „Wenn ich lange genug in die Glotze schaue, sehe ich vielleicht noch mal Janet Jacksons Nippel“, meinte Harald respektlos. „Geduld ist eine hübsche Tugend. Aber sie muss sich auch lohnen.“
    „Wozu brauchen wir ein Aquarium mit Tiefseefischen?“, wollte Felipe wissen. Er war noch längst nicht fertig mit seiner Wozu brauchen wir -Tour. Ihm schien es sehr wichtig zu sein, dass alles auf Falkengrund einen Sinn ergab. Wenn je einem Menschen jegliche Art von Spieltrieb und Neugier gefehlt hatte, dann war es Felipe Diaz, der Mexikaner. Er warf nicht einmal einen Blick durch die Scheibe, saß als einziger ruhig auf der Couch und spulte seine Sinnfragen ab. Die anderen drängten sich lieber vor dem Metallkasten und versuchten einen Blick durch das kleine Fenster zu erhaschen. Selbst Harald machte keine Ausnahme.
    Angelika setzte sich neben Felipe. „Es sind schwierige Zeiten“, begann sie. Ihr kindliches Lächeln war unerträglich für den ernsten Lateinamerikaner, und er wandte
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