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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 13 Tiefer als du denkst
Autoren: Martin Clauß
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sich davon ab wie ein Vampir von dem Kreuz. „Menschen aus unserer Mitte verschwinden oder werden verletzt. Wir wissen nicht, was als nächstes passieren wird. Es ist vielleicht die schlimmste Krise, die unsere Schule je durchgemacht hat. Also brauchen wir etwas, um unsere Nerven zu beruhigen und zu unserem inneren Gleichgewicht zurückzufinden. Aquarien strahlen eine tiefe Ruhe aus.“
    Felipe rieb sich die Stirn. „Unter einem Aquarium stelle ich mir etwas anderes vor. Ein lichtdurchflutetes Reich voller bunter Fische, mit schillernden Muscheln und ...“
    „Zu unruhig! Zu aufwühlend!“, fiel ihm das Mädchen ins Wort. „Außerdem würde das nicht zu uns passen. Wir sind eine Schule des Okkulten, des Verborgenen, Versteckten. Wir leben und studieren hier zurückgezogen, im Dunkeln sozusagen. Wir wühlen im Schlamm, bringen mühsam Licht in die Dunkelheit. Wie die Fische der Tiefsee. Sie fristen ihr Leben in vollkommener Finsternis. Unterhalb von 400 Metern Meerestiefe gibt es kein Licht mehr. Deshalb haben die Tiefseefische meistens eine eigene Lichterzeugung. Und sie leben unter enormen Druckverhältnissen. Könnte man das in gewisser Weise nicht auch von uns sagen? Halten wir nicht auch einem großen Druck stand?“
    „Das ist ... sehr poetisch“, meinte Melanie.
    Werner Hotten schmunzelte. Ihm schien zu gefallen, wie Angelika sich ins Zeug legte, um den anderen darzulegen, was sie sich gedacht hatte. Angelika war ein Mädchen voller wilder Ideen und Träume. Sie schrieb Geschichten und zeichnete, war sehr kreativ.
    „Ihre Knochen sind meist nur schwach ausgebildet, denn der Druck würde ihre Skelette sonst zerdrücken. Pro zehn Meter Wassertiefe wächst der Druck um ein Bar. Die Burschen in diesem Aquarium leben in Tiefen von mehreren tausend Metern. Das Wasser ist dort um ein Vielfaches zähflüssiger als an der Oberfläche. Das ist eine Welt, die man aus der Sicht der Oberflächenbewohner nur als Hölle bezeichnen kann.“ Ihre Augen strahlten.
    Georg, der aufmerksam zugehört hatte, kratzte sich über das glattrasierte Kinn. „Lassen sich Fische, die an solche Bedingungen angepasst sind, überhaupt in einem Aquarium halten?“
    „Das ist sehr, sehr schwierig. Sehr schwierig.“ Angelika freute sich sichtlich, dass jemand auf ihre kleine Rede einging. Und ihr genau die Stichworte gab, die sie brauchte. „Dieses Aquarium enthält einen Kompressor, der einen Druck von mehreren hundert Bar erzeugt. Das Spezialglas hält dem Druck stand und lässt nur einen Teil des Lichtspektrums hindurch, um die Fische nicht zu blenden. Solange sie in diesem Behälter sind, überleben sie.“
    Harald drückte seine Nase an der Scheibe platt. Er schirmte seine Augen auf allen Seiten mit den Händen ab und suchte angestrengt das Innere ab. „Woher willst du wissen, ob überhaupt etwas Lebendiges da drinnen ist? Vielleicht hat dich der Händler ja übers Ohr gehauen ...“
    Sanjay drängte sich neben ihn und starrte ebenfalls durch die Scheibe. „Da leuchtet etwas!“, stieß sie nach einer Weile hervor.
    Harald blieb ungerührt. „Ja, ja, schon gut, ich seh’s jetzt auch. Aber bis jetzt spricht immer noch alles für meine Theorie vom radioaktiven Müll. Der leuchtet auch.“
    Ein grünlicher Punkt schimmerte tief im Inneren des Wasserbehälters. Das Leuchten war so schwach, dass man es sofort aus den Augen verlor, sobald man sich auch nur einen Zentimeter von der Scheibe entfernte. Allmählich nahm es eine ovale Form an und schien zu wachsen.
    „Oops, ich glaube, es kommt näher“, wisperte Harald und schmiegte sich an Sanjay. Diese ließ es sich ausnahmsweise gefallen. Vielleicht gab es ihr ein Gefühl von Sicherheit, vielleicht war sie auch so von dem fluoreszierenden Etwas gefangengenommen, dass sie die Nähe des Kommilitonen nicht bemerkte.
    Im nächsten Moment prallten sie beide zurück. Und rissen damit die hinter ihnen stehenden Jaqueline und Michael beinahe um.
    Die anderen wunderten sich nur einen Augenblick lang, was die beiden so erschreckt hatte. Sie brauchten nur die Scheibe anzusehen, schon hatten sie die Antwort.
    Ganz nahe am Fenster befand sich der Kopf eines Monsters! Eines winzigen Monsters!
    Das glimmende Ende einer Antenne war gegen die Scheibe gedrückt und warf einen fahlen Schein auf das hässliche Gesicht dahinter: Der größte Teil des Fisches war ein weißliches Maul mit nadelfeinen Zähnen darin, Zähne, die jetzt mit einem kaum hörbaren Laut über das Innere des Glases schabten.
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