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Fahr doch zur Hoelle

Fahr doch zur Hoelle

Titel: Fahr doch zur Hoelle
Autoren: Ilaria Palomba
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Alternative , wie sie in den Nachrichten genannt werden. In Wirklichkeit waren es einfach Leute mit ausgefallenem Geschmack. Da waren die Punks mit ihren bunten Irokesen. Dann die Hip-Hopper mit ihren Basecaps und Baggiepants. Die Hippie-Kommunisten in bunten Röcken und Hosen. Die Rastas mit ihren Dreads und dem Geruch nach Gras. Die Gothictypen in ihren Korsetts, Springerstiefeln und geschminkten Gesichtern, bei denen Männer und Frauen kaum voneinander zu unterscheiden waren. Die Metaller, die zentnerweise Metall mit sich rumschleppten, Gürtel-, Schlüssel-, Halsketten zusammengerechnet. Die Raver mit ihren Neonhalsbändern, Tattoos, Piercings und kurzrasierten Haaren, kahl oder mit Dreads. Und schließlich die Punkabbestia mit ihren Hunden und dieser permanenten Aura von Dreck. Insgesamt waren es nie mehr als fünfzig Leute. Jeder kannte jeden. Und es war üblich vom jeweils anderen immer zu behaupten, er sei ein verkommener Junkie. Die Punks zum Beispiel, die sich Amphetamine reinzogen, sagten von den Ravern, das seien die Junkies vom Herrn, bloß weil die neben Amphetaminen auch noch LSD und Ketamin nahmen, während die Raver über die Punkaabbestia sagten, das seien hoffnungslose Junkies vom Herrn, weil die sich das Zeug direkt in die Vene jagten. Gleichzeitig kauften die Raver aber ihr Opium und MDMA bei ihnen. Die Metaller- und die Hip-Hop-Kokainomanen sagten über die Punks, das seien hoffnungslose Junkies, denn keine Koksnase hält sich für einen Drogenabhängigen und tut so, als seien Amphetamin und Speed die Tentakel des Bösen. Die Rasta versuchten natürlich immer, die Marihuana-Kultur hochzuhalten, und wurden dafür von allen verarscht. Die Gothic-Leute tranken Absinth und hatten jeden zweiten Tag eine Alkoholvergiftung, aber trotzdem redeten sie schlecht über die Rasta und die Metaller. Am Ende des Karussells standen die Hippies, die von allen eins auf die Mütze bekamen. Und vor nicht mal ein paar Jahren, Stella erinnert sich noch als wäre es gestern, kam im kleinen Park die Mode von Hepatitis C auf. Alle behaupteten, es zu haben. Wer es nicht hatte, war ein Trottel.
    Während sie am blauen Eingangstor vorbeigehen, erinnert sich Stella, wie damals eine ihrer besten Freundinnen zu ihr kam und ihr erzählte, dass sie es sich jetzt auch geholt habe, durch den letzten Fick mit Sabino, dem Fixer. Stella empfand sogar so etwas wie Neid ihrer Freundin gegenüber.
    Die ist jetzt bestimmt im engsten Kreis des Stoffuniversums akzeptiert.
    Manchmal fühlte sich Stella geradezu minderwertig, weil sie sich nie was gespritzt hatte, und vor den höchsten Göttern des Trips hatte sie immer ihren Kopf senken und sich eingestehen müssen, nur ein kleines Mädchen zu sein. Aber jetzt nicht mehr, nicht dass sie sich was in die Venen jagen würde, aber diese neuen Raver-Drogen, die sie letztens probiert hatte, gaben ihr einen eigenen Ton, eine Identität, als besäße sie etwas Einzigartiges. Und dann Marco. Marco ist so anders als das ganze Pack, das in Bari unterwegs ist.
    Sie durchfährt ein Schauer. Sie spürt noch immer seine Finger zwischen ihren Beinen. Und diese Augen, diese eisblauen Augen, die sich alles nehmen. Sie erinnert sich noch an die Nacht, als sie zum ersten Mal mit ihrem Finger in dieses weiße körnige Pulver getupft hat, der bittere Geschmack auf der Zunge, seine Zunge auf ihrer, seine Hände, die ihre Hose aufknöpfen, seine Fingerspitzen auf ihrer Haut.
    Dieser Wichser kann es besser als jeder andere.
    Sie haben noch nicht mal den Park betreten, als der Klingelton von people are strang e ertönt. Marco. Fast fällt ihr die Tüte mit den Flaschen aus der Hand, aber Tina kriegt sie noch rechtzeitig zu fassen.
    „Hey, na, wo bist du?“
    „Ich bin unterwegs mit einer Freundin.“ Ihre Stimme zittert.
    Tina dreht sich zu ihrer Freundin und formt mit den Lippen die Frage: Wer ist es? Die andere bedeutet ihr mit der Hand, sich noch kurz zu gedulden, sie will ihn unbedingt sehen, sie muss ihn überzeugen zu kommen und sie abzuholen.
    „Welche Freundin“, fragt er.
    „Tina, das Mädchen, das du an dem einen Abend in der besetzten Krankenstation kennengelernt hast.“
    „Ah, alles klar…“, sagt er und fährt zweideutig fort, „du bist unterwegs mit deiner hübschen Freundin.“
    Stella dreht sich um, um sich die andere einen Moment anzuschauen.
    Ehrlich gesagt ist sie hässlich, dass es weh tut.
    „Ja“, erwidert sie, lässt ihn in seinem Glauben. „Mit meiner h ü b s c h e n
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