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0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna

0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna

Titel: 0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna
Autoren: Jason Dark
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Sie hieß Elenor Hopkins.
    Für ihre sechzehn Jahre war sie zu klein und schmächtig. Ein blasses Gesicht wurde von rötlichblonden Haaren umrahmt, die sich jetzt im Wind wie ein struppiges Fell bewegten.
    Elenor trug einen dünnen Mantel. Der Regen hatte ihn schon völlig durchnäßt, doch das störte sie nicht. Ebensowenig wie der schlammige Weg, der nach der langen Trockenheit zu einer Rutschbahn geworden war.
    Die Tropfen hämmerten wie kleine Eispickel auf die Natur nieder. Sie prasselten auf das durch den heißen Sommer vertrocknete Gestrüpp, als wollten sie sich mit gewaltigen Schlägen für die vergangene Hitze rächen.
    Der Wind spielte mit einem alten Lattenzaun, der das Gelände hinter dem Gebäude begrenzte, das sich wie ein finsterer Klotz aus den dichten Regenschleiern hervorhob.
    Elenor wußte, daß sie nur noch wenige Schritte zu gehen hatte, bis sie in Sicherheit war. Sie drückte ihren Kopf noch tiefer. Wasser rann ihr in die Augen und in den offenen Mund, wo es einen bitteren Geschmack hinterließ. Es war nicht abzusehen, wann der Wind endlich nachlassen würde. Im Gegenteil, er schien sogar immer wütender zu toben. Er fegte heulend um die Kapelle und erzeugte dabei Töne, die an das Pfeifen alter Knochenflöten erinnerten.
    Irgendwo und für das Mädchen nicht sichtbar, klapperte etwas. Eine alte Tür an der Rückseite oder ein Fensterladen. Sie kümmerte sich nicht um das Geräusch, sondern sah zu, daß sie den Eingang der kleinen Kapelle so rasch wie möglich erreichte. Auf dem schlammigen Boden wäre Elenor beinahe noch ausgerutscht, denn auch die Sohlen ihrer Turnschuhe waren glatt Wie Seife.
    Zwei alte Treppenstufen waren im Laufe der Zeit von Gras und Moos überwuchert worden und kaum zu sehen. Obwohl sich Elenor auskannte, verfehlte sie die unterste Stufe, fiel gegen die Tür der Kapelle und stieß sich schmerzhaft den rechten Ellbogen.
    Endlich da!
    Sie duckte sich. Der Wind heulte jetzt noch wütender, wie ihr schien, weil ihm ein Opfer verlorengegangen war. Ihr Mantel klebte wie ein alter Lappen am Körper. Der Saum berührte ihre Beine wie ein kalter Ring, und sie schüttelte den Kopf, damit die kalten Regentropfen aus ihren Haaren flogen.
    Tief durchatmen, nicht mehr an den Weg denken, denn sie hatte es endlich geschafft!
    Die Tür war ebenso alt wie das graue Mauerwerk der Kirche. Scherzbolde hatten Sprüche und Herzen in das Holz hineingeritzt. Elenor verzog das Gesicht, als sie dies sah. So etwas haßte sie, denn es entweihte ihre Zuflucht.
    Genauso war es. Sie bezeichnete die Kapelle als ihre Zuflucht. Messen wurden hier schon lange nicht mehr abgehalten.
    Deshalb gehörte sie ihr, ihr allein!
    Sie atmete durch die Nase ein und konzentrierte sich auf den ganz besonderen Geruch der Kirche.
    Noch einmal schaute sie zurück, weil sie sicher sein wollte, daß man sie nicht verfolgt hatte. Es gab zwar keine konkreten Hinweise, aber sie hatte schon ein eigenartiges Gefühl, das sich in den letzten Tagen immer mehr verdichtet hatte.
    Jemand war ihr auf der Spur.
    Elenor konnte nicht sagen, um welche Person es sich dabei handelte. Sie wußte nicht einmal, ob es eine Frau oder ein Mann war. Aber diese innere Warnung wollte einfach nicht weichen, und immer wenn sie daran dachte, rann ein kaltes Prickeln ihren Rücken hinab, so wie jetzt - und das lag nicht an der Kälte.
    Leider fiel der Regen so dicht, daß sie nicht viel sehen konnte. Der aufgeweichte Weg wurde allmählich unpassierbar. Die eigentlich recht nahe stehenden Büsche kamen ihr meilenweit entfernt vor und glichen in diesem Regen und den feuchten Dunstschleier gespenstischen Gestalten, die zu leben schienen.
    Sie zog die Nase hoch, wischte wieder über ihr Gesicht und drehte sich um, denn sie wollte endlich ihr Reich betreten.
    Das Mädchen zitterte. Es war durchgefroren und naß bis auf die Haut. Ihre Eltern würden sich aufregen, wenn sie ihre Tochter sahen, doch das war ihr alles egal. Ihr kam es darauf an, in die Kapelle zu gehen, und sie würde dort alles so wiederfinden, wie sie es verlassen hatte.
    Früher hatte es einmal eine Klinke gegeben, aber irgendwann war sie abgebrochen worden.
    Jedenfalls hatte man sie durch einen Knauf ersetzt. Wieder rüttelte der Wind an dem alten Bauwerk, als wollte er es niederreißen. Lose Schindeln klapperten auf dem Dach.
    Elenor war nicht zum erstenmal hier. Sie kannte sich aus. Mit einem sanften Druck schob sie die Tür auf und betrat die Kapelle.
    Das Knarren der Tür störte Elenor
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