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155 - Der Teufelsrocker

155 - Der Teufelsrocker

Titel: 155 - Der Teufelsrocker
Autoren: A.F.Morland
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Sie befanden sich im Transhimalaya, im Kailasgebirge. Der Manasarowarsee lag hinter ihnen, und sie durchwanderten das kalte, schattige Rakastal zwischen dem 7726 Meter hohen Gurla Mandhata und dem 6650 Meter hohen Kailas.
    Der Weg war steinig und beschwerlich. Professor Paul Robinson und seine Tochter Shelley waren die einzigen Europäer, die dieser kleinen Expedition angehörten. Der Rest waren Sherpas in groben Kleidern und mit wettergegerbten, braunen, faltigen Gesichtern.
    Obwohl die Sonne vom wolkenlosen Himmel brannte, war es kalt in den überhängenden Schatten, und die Luft war so dünn, daß jeder Schritt doppelt anstrengend war.
    Doch Shelley hatte eine hervorragende Kondition. Eher hätte ihr Vater schlappgemacht als sie. Ihr blondes Haar war kurz geschnitten, das verlieh ihr ein männliches Aussehen.
    Sie ähnelte einem hübschen Jungen. Für ein hübsches Mädchen war sie nicht schön genug. Ihre Züge wirkten etwas herb; nicht nur jetzt, durch die Anstrengung.
    Ihr Vater war Gastdozent verschiedener Universitäten, das Gebiet, auf das er sich spezialisiert hatte, war die asiatische Geschichte. Kein anderes Wissensgebiet vermochte ihn so sehr zu fesseln. Er war Lehrender und Lernender, stieß immer wieder auf neue Geheimnisse, die er lösen mußte. Es war wie ein innerer Zwang, dem er gehorchte.
    Da er einer reichen Familie entstammte, hätte er nicht zu arbeiten brauchen. Er tat es gern, forschte leidenschaftlich und gab sein erworbenes Wissen mit Begeisterung weiter.
    Schwer keuchend blieb er stehen, nahm den Hut ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    »Wie weit noch, Saka?« fragte er den Anführer der vier Sherpas. Saka war der einzige Tibetaner, der Englisch konnte. Er hatte schon viele Männer in die Berge geführt, war ein drahtiger Bursche, der so ausgemergelt aussah, daß man ihm diese ausdauernde Kraft niemals zugetraut hätte.
    »Zwei Stunden«, antwortete der wortkarge Saka.
    Zwei Stunden bis zu der Stelle, wo die Sherpas bleiben würden, hieß das. Weiter würden sie nicht einmal für das zehnfache Geld gehen.
    Geld ist kein Allheilmittel; gegen Angst, die tief im Herzen sitzt, kommt es nicht an.
    »In dieser Richtung liegt Gar Dzong, nicht wahr?« sagte Shelley.
    »Ja«, gab der Sherpa zurück. »Aber dort kommen wir nicht hin.«
    In der nächsten Stunde wurden ihre Füße allmählich bleischwer. Vater und Tochter waren froh, als sie endlich das Ziel erreichten. Professor Robinson schaute die steinige Flanke des Berges hinauf. Ein schmaler Pfad schlängelte sich nach oben.
    »Noch eine weitere Stunde«, sagte Saka, auf den Pfad weisend. »Dann stehen Sie vor der Höhle.«
    In der sich der geheimnisvolle Kristall befindet, dachte Robinson aufgeregt. »Waren Sie noch nie dort oben, Saka?« fragte er.
    Der Sherpa schüttelte den Kopf. »Ich gehe immer nur bis hierher.«
    »Gibt es in der Höhle tatsächlich Wandmalereien?«
    Saka nickte. »Viele.«
    »Sie sollen von faszinierender Schönheit sein. Reizt es Sie denn gar nicht, sie einmal zu sehen?«
    »Nein«, antwortete der Sherpa und half seinen Freunden, die beiden Zelte aufzuschlagen.
    Robinson ging ihm nach. »Wie viele haben vor mir schon versucht, den Kristall in ihren Besitz zu bringen?«
    »Sechs.«
    »Und keinem ist es gelungen?«
    »Der Kristall ist noch da.«
    »Sie sind der Meinung, ich sollte die Finger davonlassen, stimmt’s?«
    »Es ist nicht wichtig, was ich denke«, sagte Saka.
    »Fürchten Sie sich vor der unheilvollen Kraft des Kristalls, die man ihm zuspricht?« fragte Robinson.
    »Ja.«
    »Aber er wird doch auch Kristall des Lebens genannt. Es heißt, demjenigen, der ihn besitzt, würde ewiges Leben beschieden sein.«
    »Ich weiß nur, daß er Unglück bringt«, sagte Saka dumpf.
    »Was passierte mit den sechs Männern, denen Sie den Weg zum Zauberkristall zeigten?« wollte Robinson wissen.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Kamen sie unversehrt zurück?«
    Der Sherpa nickte. »Alle sechs. Sie kamen mit leeren Händen und waren enttäuscht.«
    »Aber es ging ihnen gut«
    »Das ja«, gab Saka zu.
    »Da sehen Sie, was man von den Schauergerüchten halten kann«, bemerkte Robinson und setzte sich auf einen kantigen Stein. Seine Tochter trat neben ihn. Er legte seinen Arm um ihre Mitte und zog sie wie eine Geliebte an sich. »Fürchtest du dich auch vor dem Kristall der Wunder, wie man ihn schon vor hundert Jahren nannte.«
    »Nein, Dad«, antwortete Shelley.
    Er tätschelte ihre Hüfte. »Mutiges Mädchen. Du
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