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Fahr doch zur Hoelle

Fahr doch zur Hoelle

Titel: Fahr doch zur Hoelle
Autoren: Ilaria Palomba
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Eins
    Stella schlägt die Tür zu und verlässt die Wohnung. Sie erträgt das Rumgeschreie ihrer Eltern nicht mehr. Es ist acht Uhr abends und sie hat richtig Lust, sich abzuschießen. Sie ruft Sabino, den Fixer, an. Sein Handy ist aus.
    Jetzt machen schon die Junkies einen auf hard to get.
    Sie geht die Nummern von den kaputtesten Leuten durch, die sie kennt. Auch Tinas Nummer ist darunter.
    „Hi, ich bin’s, Stella, wie läuft’s?“
    „Na, Schönheit, ich bin in Rotullo, im Bandraum von Freunden.“
    „Alles klar, und was machst du da?“
    „Nichts, hier ist grad Probe von so ’ner Punkband, auch wenn Punk so wie früher gar nicht mehr existiert.“
    Stella beißt sich auf die Lippen, schaut nach links und rechts. Sie befindet sich in der Viale Kennedy, es ist dunkel, der Lärm der Autos rauscht an dem kleinen Park vorbei, in dem die Leute ihre Hunde ausführen. Alles was sie jetzt braucht, ist jemand, mit dem sie den Abend verbringen kann, ein bisschen MDMA, ein Trip oder irgendeine andere Droge, alles außer Marihuana und … Marco.
    Jedes Mal, wenn sie an ihn denkt, spürt sie diesen Hurensohnblick auf ihrer Haut, aalglatt wie zu enger Synthetikstoff. Widerlich und angenehm zugleich. Dieser Blick. Sie hätte wissen müssen, dass hinter diesem Lächeln die Hölle wartet.
    Wenn sie nur an die Szene letztens bei ihm zu Hause denkt:
    „Zieh dich aus.“
    „Nein.“
    „Doch“, hatte er geflüstert, direkt vor ihr stehend, seine halbgeöffneten Lippen fast auf ihren, sie beide umgeben von seinem Geruch nach Minze und Aftershave.
    Ich darf nicht nachgeben.
    „Los, zieh die Hose aus.“
    Seine Finger waren schon am Bund ihrer Jeans, griffen den Bund ihrer Unterhose gleich mit. Sie hatte es nicht geschafft, ihm zu widerstehen. Es gelang ihr nie.
    „Willst du die ganze Nacht in Rotullo bleiben?“, fragt sie ihre Freundin am Telefon.
    „Weiß ich noch nicht, warum?“
    „Na los, komm nach Bari, wir suchen uns ’ne Party, haben Spaß …“
    „Ich weiß nicht, Stella, was geht denn?“
    Stella überlegt einen Augenblick.
    Komm schon, sag ihr dass irgendwo eine krasse Party steigt.
    „Heute steigt eine krasse Party. Neunziger Techno im Zero.“
    Die andere scheint nachzugeben.
    „Ich schau mal, wann der Zug fährt“, sagt sie.
    Die andere macht sich auf den Weg zum Bahnhof, sie hat Tina noch nie so ganz vertraut, schon seit dem Tag, an dem sie sich in den Fluren der Aula kennengelernt haben.
    Stella hatte gerade die Prüfung in Geschichte der antiken Philosophie hinter sich, mit hervorragendem Ergebnis, und hastete zum Treppenaufgang, um schnell zu ihrem Hippiefreund Donato zu gelangen, der sich wie gewöhnlich bei den Bänken des Atriums aufhielt zusammen mit den anderen Hippies, wo sie alle ihrem Gott huldigten: dem Haschisch.
    Mitten in der abgeratzten Menge, alle mit denselben Klamotten von denselben Marken, fiel mir dieser pinkfarbene Haarschopf auf und ein Gesicht dekoriert wie ein Weihnachtsbaum.
    Der pinkfarbene Kopf schaute seinerseits ebenfalls Stella an, mit einer Mischung aus Interesse, Neugier und Misstrauen. Denn jeder Alternative in Bari tut so, als wäre er ein absolutes Unikat, und statt sich zu freuen, jemanden zu treffen, der vielleicht dieselbe Musik hört, dieselben Gewohnheiten hat und an denselben Orten rumhängt, konzentriert sich jeder lieber darauf zu beweisen, dass er schon viel länger zu den Alternativen gehört und überhaupt viel alternativer ist als der andere. Und davon lebt die Hierarchie des apulischen Alternativismus. Und so blieb Tina vor Stella stehen. Ihre Köpfe, einer pink gefärbt, einer blond, tauschten Informationen in Form von elektrischen Impulsen. Dann begann Pinky Stella in ein Gespräch zu verwickeln.
    „Hör mal, also du bist im ersten Jahr Philosophie?“, fragte sie.
    „Im zweiten“, antwortete die Blonde. „Ich hab’ mal ’ne Klasse übersprungen.“
    „Kannst du mir ’nen Tipp für den Studienplan geben? Ich hab’ die Fakultät gewechselt und blicke hier gar nicht durch.“
    Stella musterte sie genau: unzählige Ringe im Ohr, ein Nasenring und ein Piercing an der Lippe, braune Haare mit pinken Strähnchen, pinker Pony. Ein schwarzer Pulli mit einem Pilzmotiv, militärgrüne Hosen und Skaterschuhe mit grünen Schnürsenkeln. Skeletthaft dünn. Deutlich erkennbare Falten um die Lippen, die Augenringe mit billigem Make-up bedeckt, kurze Fingernägel, dünne Lippen, dunkle Augen auf Halbmast.
    Die hier raucht nicht nur Joints.
    „Klar, mit dem
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