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Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün
Autoren: B Leix
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kümmere mich jetzt um den Tresorinhalt.«
     
    Oskar Lindt zündete seine Pfeife erneut an, legte die Beine hoch und blies genussvoll kleine Rauchwölkchen in den Junihimmel. Die hofseitige Hausfront lag genau in seinem Blick. Er musterte die verschiedenen Stockwerke. Hochparterre die Maiwalds, darüber vier weitere Wohnungen, bis hoch unters Dach. Er hatte auf den Klingelschildern nachgeschaut, doch es war kein Name darunter, der ihm von früher bekannt gewesen wäre.
    Sein Blick begegnete einem Gesicht im Vierten, das sich blitzschnell hinter die Gardine zurückzog. Lag die Lösung ganz nah? Irgendein Konflikt hier im Haus?
    Er ließ seine Augen auf und nieder schweifen. Die Frau im Dritten kannte er schon. Sie hatte zugesehen, wie sich die Maiwalds erbrachen.
    »Alle Häuser, alle Mieter, Paul«, sagte Lindt zu seinem Kollegen Wellmann, der die Außentreppe herunterkam. »Wir brauchen die Aussagen von allen. Mit diesem Haus hier fangen wir an. Wird wieder mal ’ne Ochsentour.«
    »Ob’s was bringt?« Wellmann zog sein Notizbuch aus der Hosentasche. »Die Maiwalds hatten 17 Häuser mit insgesamt 188 Wohnungen. Bei durchschnittlich 1,8 Bewohnern macht das locker weit über 300 Vernehmungen. Wer soll das leisten?«
    »Hast du einen besseren Vorschlag? Wir können ja mit dem näheren Umfeld beginnen.«
    »Wie wäre es denn, zuerst dem Geld zu folgen?«, schlug Jan Sternberg vor, der ebenfalls aus dem Haus gekommen war und sich auf die Besucherbank fallen ließ. »Wer erbt, hat ein Motiv – zumindest theoretisch.«
    »Habt ihr also doch ein Testament gefunden?«
    »Noch nicht, Chef, aber diese Brüder haben sicher nichts dem Zufall überlassen. Die Anfrage an die Justiz ist bereits unterwegs.«

4
    Das breite Schuppentor war mit derselben grünen Ölfarbe wie das Eingangsportal gestrichen. Oskar Lindt erinnerte sich, dass er früher gerne einmal einen Blick in das Gebäude geworfen hätte, doch die beiden Maurer hatten ihn leider nie zu einer Betriebsbesichtigung eingeladen. Die Torflügel ließen sich ohne große Kraftanstrengung zur Seite schieben.
    Der Kommissar blieb erstaunt am Eingang stehen. Überraschend groß, fast wie eine Halle kam ihm das Innere vor. Von außen kaum zu erahnen, erstreckte sich der Raum so weit in die Tiefe, dass das Tageslicht nicht bis ganz nach hinten dringen konnte. Lindt fand eine ganze Batterie von Lichtschaltern und drückte wahllos darauf. Anstatt der erwarteten Neonröhren flammten eine Reihe starker Halogenstrahler auf. Auch mehrere Hochleistungsglühbirnen, die in schüsselförmigen Metallschirmen an der Decke festgeschraubt waren, erhellten die Räumlichkeit. Der Maiwald-Fuhrpark hätte bequem mehrfach hier drin Platz gehabt, aber aus irgendeinem Grund parkten die Brüder ihren alten Diesel und den noch älteren Lastwagen lieber unter dem seitlichen Vordach des Schuppens.
    Grün gestrichene Stahlträger stützten die Decke, und eine stabile Laufkatze in derselben Farbe konnte mittels elektrischer Steuerung über die gesamte Breite des Raumes gefahren werden, um Lasten in die Höhe zu hieven.
    Halb leere Paletten mit Ziegelsteinen und Zementsäcken waren entlang der Außenwände aufgestapelt, daneben einige Stahlcontainer mit Resten von Sand und Kies. Stahlmatten und Bewehrungseisen waren als weitere Zeugen der früher wohl recht aktiven Baufirma ›Gebrüder Maiwald‹ übrig geblieben, genauso wie die Sammlung alter Werkzeuge und Elektrogeräte in mehreren breiten Schwerlastregalen.
    Lindt nahm den Lebensinhalt der beiden Maurermeister genau in Augenschein. Alles war vermutlich schon seit vielen Jahren nicht mehr genutzt worden, doch kein Zementrestchen klebte an der Trommel des Betonmischers und kein Kalkstaub an Rüttelplatte, Schaufeln und Spitzhacken.
    Die beiden Alten hatten ihren Laden wirklich in Schuss gehalten, nickte der Kommissar anerkennend und stieg die breite Holztreppe an der Hinterfront der Halle nach oben. Er betrat einen Flur, von dem mehrere grüne Holztüren abgingen, hinter denen sich einfach eingerichtete Zimmer mit Schlafkojen verbargen. Sicherlich hatten die Maiwalds hier früher ihre Hilfsarbeiter, ›Gastarbeiter der ersten Generation‹, untergebracht.
    Lindt erinnerte sich an seine Anfangsjahre bei der Polizei, als zwischen italienischen Maurern in derartigen Primitiv-Unterkünften öfter Fäuste und Messer geflogen waren.
    Eine Küche am Ende des Ganges strahlte mit Terrazzoboden und Wände mit Ölfarbe nach wie vor den unverkennbaren Charme
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