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Evers, Horst

Evers, Horst

Titel: Evers, Horst
Autoren: Fuer Eile habe ich keine Zeit
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ist auch nicht beleidigt, wenn man dann nicht rauchen möchte. Selbst wenn
man ihn wütend wegschickt, bleibt er ganz gelassen: «Ach ja, ist kein Problem,
rauchen wir eben heute nicht, ich komm einfach morgen wieder und frag dann
nochmal.» Viele nichtrauchende Freunde hatten mir auch versprochen, ich würde
neue Geruchs- und Geschmackserlebnisse haben, wenn ich nicht mehr rauche. Wenn
nach fünf oder sechs Wochen die Atemwege und Geschmacksknospen wieder frei
wären, dann würde ich in ganz neue Geruchs- und Geschmackswelten eintauchen,
darum würden sie mich richtig beneiden. Nach rund einem Jahr des
Nicht-mehr-Rauchens kann ich guten Gewissens feststellen, das Einzige, was ich
heute rieche, was ich vorher nicht gerochen habe, ist Zigarettenrauch. Ein
wunderbares Erlebnis, da beneide ich mich aber selber drum. Und zu den neuen
Geschmackswelten, die ich entdecke, seit die Geschmacksknospen sich wieder
geöffnet haben, möchte ich sagen: Ungefähr die Hälfte all der Sachen, die ich
mir immer gerne für mich selbst gekocht habe, schmecken mir nicht mehr.
Gegessen werden sie aber natürlich trotzdem.
    Mein
Kioskbesitzer fand es übrigens gar nicht witzig, dass ich aufgehört habe zu
rauchen. Er, also mein persönlicher Zulieferbetrieb, war wirklich beleidigt,
hat sogar ein bisschen patzig reagiert und diese ganz eigene Form der Bestrafung
angewandt. Diese Bestrafung mit der Anrede «Der feine Herr!».
    Sobald ich
in den Kiosk kam, fing er an: «Oh, der feine Herr guckt auch mal wieder vorbei,
ja, der feine Herr raucht ja nicht mehr. Das hat er nicht mehr nötig, der feine
Herr, muss er keine doofen Zigaretten mehr kaufen. Möchte der feine Herr denn
sonst irgendwas? Eine Zeitung vielleicht? Lesen tut der feine Herr ja wohl
noch!» Das war zwar anstrengend, aber doch auch ein bisschen hübsch, weil es
mich an meine Kindheit erinnert hat. Mein Vater war der Letzte gewesen, der
diese Form der Bestrafung angewandt hatte, also diese Bestrafung mit der
Anrede «Der feine Herr!». Er hat immer wieder Sachen gesagt wie: «Oh, der feine
Herr war wieder bis vier Uhr nachts unterwegs!» Und das meinte er nicht
wirklich anerkennend. Oft hat er dann auch noch Sätze nachgeschoben wie: «Wer
saufen kann, kann auch aufstehn!» Ein Satz, der übrigens, wie ich aus
langjähriger Erfahrung weiß, überhaupt gar nicht stimmt. Im Gegenteil. Man soll
sich da bloß nicht drauf verlassen. Ich habe es mehrfach probiert, immer
wieder, wie oft dachte ich: «Um Gottes willen, du musst morgen früh raus, trink
noch!»
     
    Es hat
nicht einmal funktioniert. Nicht ein einziges Mal. Und das Schlimme ist:
Anfangs denkt man dann ja auch noch immer, man selbst sei schuld. Man sei
nicht konsequent genug gewesen. Man müsse konsequenter sein. Man müsse nur mehr
trinken. Dann wird es funktionieren. Es funktioniert nicht, egal, wie viel man
trinkt, ich habe alles probiert, und ich war extrem konsequent. Ich rate da
dringend von ab. Es klingelt. An der Tür. Ich öffne. Ein Mann steht davor, er
sagt, er suche eine Frau, ob hier vielleicht eine wohnen würde.
    Ich sage:
«Die ist verreist, rede selbst schon mit meinen Küchengeräten.»
    Frage ihn,
ob er einen Saft will. Er sagt nein, er habe selbst gerade erst Geburtstag
gehabt.
     
    Ich könnte auch Heidi Klum sein
     
    Julia
sagt: «Das Schönste am Winter ist der Frühlingsanfang.» Julia sagt oft solche
Sachen. Also so originelle Wahrheiten. So Sätze, die man praktisch direkt auf
Kühlschrankmagneten drucken könnte oder auf Postkarten oder in alternativen Einrichtungshauskatalogen.
Julia ist eigentlich nett. Sehr nett sogar. Aber manchmal auch anstrengend. Und
Julia sucht einen Job. Das wäre okay. Wohlgemerkt, ich habe nicht gesagt:
Julia sucht Arbeit. Ich habe gesagt, Julia sucht einen Job. Also einen Job, der
möglichst keine Arbeit macht, dafür aber Geld einbringt. So etwas ist nicht
leicht zu finden. Exakt so einen Job habe ich auch mein halbes Leben lang
gesucht. An sich wäre das also nicht so schlimm. Nur leider sucht Julia diesen
Job bei mir. Deshalb überrascht sie mich mit einem spektakulären Vorschlag:
    -     Sag mal, Horst, willst du mich
nicht als Personal Body Coach einstellen?
    -     Als was?
    -     Als Personal Body Coach.
    -     Seh ich aus, als wenn ich so was
brauche?
    -     Horst, bitte. Wenn jemand so
aussieht, dann du. Engagiere mich, und ich bringe dich bis zum Herbst so weit,
dass du beim Berlin-Marathon mitlaufen kannst.
    -     Wie lange mitlaufen?
    -
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