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Evers, Horst

Evers, Horst

Titel: Evers, Horst
Autoren: Fuer Eile habe ich keine Zeit
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Vergleich zu was?
    -     Na, jetzt so zu anderen Häusern
oder einer Wohnung in Berlin.
    -     Wieso ist denn eine Wohnung in
Berlin so viel teurer?
    -     Na, weil Wohnungen in Berlin total
begehrt sind, während diese Häuser in Brandenburg, die ... die ... na, die
sind halt billig.
    -     C4-Gewinde-Fräsen-Drehbänke sind
im Moment auch total billig. Willst du auch eine C4-Gewinde-Fräsen-Drehbank kaufen?
    -     Was? Wieso sollte ich?
    -     Siehste.
    -     Ach, im Wesentlichen ist es ja
wegen der Familie.
    -     Claudia möchte aufs Dorf ziehen?
    -     Ja, jetzt nicht unbedingt, aber
sie findet es auch nicht so schlimm.
    -     Was ja auch nicht mehr so schlimm
ist, ist Fußpilz. Das kann man mittlerweile relativ einfach behandeln.
    -     Für die Kinder ist es in jedem
Fall viel schöner, wenn sie im Garten spielen können und nicht ständig nur vor
dem Computer hocken oder so.
    -     Hmm. Sehen die Kinder das auch so?
    -     Na ja, die müssen sich natürlich
erst einmal daran gewöhnen, dann mehr Zeit im Garten zu verbringen als vor dem
Computer.
    -     Ach so, ist klar. Gott, was bin
ich froh, nicht dabei zu sein, wenn die sich daran gewöhnen müssen. Bist du dir
wirklich sicher, dass du das Haus wegen der Familie kaufen willst?
    -     Natürlich, also zumindest
teilweise.
    -     Du meinst wegen des Teils der
Familie, der du bist?
    -     Sehr lustig.
    -     Hat das Dorf überhaupt DSL?
    -     Wie?
    -     Na, es gibt in Brandenburg schon
hier und da Orte, die haben noch kein DSL.
    -     Was? Nein, nein, da gibt's DSL, da
... bestimmt, ich glaub, die haben da mehr DSL, als sie brauchen.
    -     Und Nazis? Gibt's da Nazis?
    -     Nee, nee, Nazis sind da in der
Ecke überhaupt keine.
    -     Sagt wer?
    -     Na, der Mann, der das Haus
verkaufen will.
    -     Ach, da ist der Mann aber bestimmt
froh, dass es da keine Nazis gibt. Sonst müsste er das Haus ja bestimmt total
billig verkaufen.
    -     Genau. Ich meine, das wäre ja auch
...
    Micha
stutzt. Man kann seine Gedanken förmlich knarzen hören. Dann jedoch wird er
plötzlich laut:
    -     Mann, was soll denn das? Hör mal,
das ist doch nicht aus der Welt. Du tust ja so, als wenn das werweißwo wäre. In
nur zwanzig Minuten ist man mit dem Fahrrad an der Regionalbahn und dann in
nicht mal einer Dreiviertelstunde in Berlin.
    -     Das ist allerdings super. Diese
Nähe zu Berlin. Das hat man ja sonst praktisch nirgends, also außer
vielleicht... na ja, in Berlin, da hätte man das eventuell schon auch, oder?
    -     Dafür hast du in Berlin keine
Natur.
    -     Hör mal, ich bin genauso schnell
da draußen wie du hier drinnen. Die Regionalbahn fährt auch andersrum. Und das
Beste: Falls es mal regnet, muss ich da gar nicht hinfahren.
    -     Mein Gott, wir behalten die
Wohnung in Berlin natürlich auch.
    -     Oh, dann ist es aber nicht mehr so
billig.
    -     Erst mal nicht, aber auf lange
Sicht schon.
    -     Auf lange Sicht ist es günstiger,
zwei Sachen zu bezahlen?
    -     Nein, aber im Alter, wenn Berlin
zu teuer ist, können wir dann auf dem Land wohnen.
    -     Im Alter?
    -     Ja, wenn wir achtzig sind oder so.
    -     Stimmt, dann ist es sicher total
angenehm, zwanzig Minuten im Regen mit dem Fahrrad zur Regionalbahn zu fahren.
Oder zur nächsten Pflegestation ...
    Micha
springt auf, stampft mit den Füßen auf den Boden und beginnt mich zu
beschimpfen: Alles würde ich ihm vermiesen, immer nur die Probleme sehen. Dann
kaufe er das Haus eben nicht, ich hätte später die Schuld, das könne er mir
aber versprechen, dass ich dann später die Schuld hätte, und ob ich das
eigentlich mit Absicht machen würde, dieses Anderen-immer-alles-vermiesen-Wollen.
    «Danke»,
brüllt er, «dass du mir den Tag versaut hast! Danke, danke, danke!!!», und
poltert agil fluchend aus dem Lokal. Ich rufe Claudia an: «Hallo, Claudia, ich
bin's. Ja, er wankt zumindest. Wenn du und die Kinder jetzt noch ein wenig
nachlegt, müsst ihr vielleicht doch nicht in dieses Dorf nach Brandenburg ...
Keine Ursache ... gern geschehen ... Tschüs.»
    Früher
haben mich höchstens alle halbe Jahre mal Freunde oder Freundinnen gebeten, mit
ihren jeweiligen Partnern zu reden, weil die plötzlich irgendwelche saubilligen
Häuser oder Bauernhöfe in Brandenburg kaufen wollten. Mittlerweile passiert
das fast jede Woche. Wenn das so weitergeht, kann ich meine
Anti-Makler-Tätigkeit bald als
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