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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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sich dafür eingesetzt hatte, Doc-Doc-Doc die Ehrendoktorwürde zu verleihen – sozusagen als Wiedergutmachung dafür, dass er die Gattin des Bibliotheksdirektors, Dr.   Dr.   Gwyneth Elwyn, geschwängert hatte. Jedenfalls gediehen alle Embryos prächtig, Gwyneths, Gaos, Yolandas und Mrs.   Grossmanns. Inzwischen waren auch ein Dutzend PAs im Märkischen Viertel guter Hoffnung, sechs davon allein im Rubik, dem Epizentrum des Virusausbruchs.
    Der sogenannte Liebeskeim war umbenannt worden, wie Rouge erklärte, und würde nun als
Amorivirus grossmanni
in die Wissenschaftsgeschichte eingehen. Ich war erleichtert, dass mein Name aus dem Spiel war.
    «Also, das war’s dann, Finn», sagte Rouge. «Alles im Kasten.»
    Es war schwer, Rouge adieu zu sagen. Sie würde mir immer ein Rätsel bleiben. Wer war sie? Wie viel Macht besaßsie, dass sie einen Weg gefunden hatte, mich aus dieser Welt hinauszuschmuggeln? Ja, sie blieb mir ein Rätsel.
    Inzwischen hatte es zu nieseln begonnen, und ich wusste nicht, ob die Nässe in meinem Gesicht Regentropfen oder Tränen waren.
    «Wie geht es dir?», fragte sie.
    «Ich bin traurig. Und   …»
    «Und?»
    «Ich habe Angst. Große Angst.»
    «Das solltest du auch. Diese Quant fürchtet um dich. Bist du sicher, du willst es durchziehen?»
    Ich musste nur an Eliana denken. «Ja. Ganz sicher.»
     
    Ich schreibe jetzt die letzten Seiten meines Buches. Wenn ich fertig bin, werde ich etwas Everlasting darauf träufeln, wie Eliana es einst getan hat. Ich werde es dann in Papier einwickeln und Raoul geben. Ich werde ihn bitten, das Päckchen nach Berlin zu Rouge zu bringen und ihr zu sagen, dass ich möchte, dass sie es liest. Falls mein Bauchgefühl mich nicht täuscht, wird sie Lucias Klon aufziehen, ein wunderbares Mädchen, und sie wird dem Mädchen dann auch das Buch zu lesen geben, wenn es alt genug ist.
    Die beiden Aaronsons werden mich zum E-Bus begleiten. Raoul und ich werden uns auf die leicht verlegene Art umarmen, die Männer so an sich haben. Wir werden uns auf den Rücken klopfen und uns dann an den Schultern packen und sagen: «Mach’s gut, Alter.»
    Der kleine Colin wird ohne zu fragen spüren, dass ich für lange Zeit fortgehe. «Wann kommst du wieder?», wird er besorgt fragen, die Stirn in Falten gelegt wie ein Bulldoggenwelpe.
    «Ich weiß es nicht», werde ich antworten.
    «Aber wir sehen uns doch wieder, oder?»
    Und ich werde ihn hochheben und fest an mich drücken. Seine Augen werden türkis leuchten. «Ich hoffe es, Colin. Du hast ja keine Ahnung, wie sehr.»
    Ich werde mit dem E-Bus nach Toronto fahren, von dort das Swuttle nach Manhattan und dann einen Citygleiter nach Fire Island nehmen, wo Magda die Magd mir jeden Wunsch von den Augen ablesen wird und wo Koch Carlo Canelli rasch eine Pasta mit Hummer für mich zaubern wird.
    Dann werde ich im Wohnzimmer den Füllfederhalter leeren, reinigen, polieren und ihn neben den Ring auf sein Samtbett legen. Ich werde das Onyx-Kästchen mit der Sonnenblumenintarsie schließen und es in der Geheimschublade des Walnussholztisches verstauen.
    Später werde ich draußen am Strand sitzen. Der Sand wird noch warm sein von der Hitze des Nachmittags, die Luft salzgeschwängert, und der Wind wird den Duft des Jasmins im Nachbarsgarten herübertragen. Ich werde zusehen, wie die Wellenkämme in der untergehenden Sonne rosa schimmern und dann silbrig werden, wenn die Nacht dunkel wird und der Mond aufgeht. Ein letztes Mal werde ich in die Sterne blicken, die über dieser Insel leuchten, dann werde ich ins Meer tauchen, hinaus bis zur Boje schwimmen und wieder zurück zum Strand.
    Ich werde durch das Haus streifen, mich von diesem Leben verabschieden, von meiner Familie, meiner Vergangenheit. Ich werde Lulus Teddy für Lucia ausklopfen, mich dann in das Bett meiner Kindheit legen, das kleine Fläschchen Everlasting unter dem Kopfkissen, und über die Rätsel des Lebens nachdenken, darüber, dass wir einige enthüllen und andere stets unlösbar bleiben.
    Bei Tagesanbruch werde ich nach Berlin fliegen, durch die Straßen der BAD-PA D-Anlage gehen, am Olga-Zhukova-Institut für Angewandte Physik ankommen und mich in die Obhut von Dr.   Yuka Shihomi begeben, die mir sagen wird, wie traurig sie darüber ist, dass ich fortgehe. Und dann, verehrte Leser, werden mein Leben und meine Liebe in den Händen der Zeit liegen.

Epilog Die große Verführung
    Im Mai 2266, zehn Monate nach Finns Verschwinden, klopfte es an Rouges Rubik-Tür.
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