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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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Seltsam, dachte sie. Gäste kündigten eine bevorstehende Ankunft immer mit einer B B-Nachricht an. Sie riss sich mit einem Seufzer von ihrer Arbeit los. Vielleicht hatte JoeJoe der Hausmeister mal wieder einen Defekt und wusste nicht, wo er hinsollte.
    «Was ist denn jetzt schon wieder los?», fragte Rouge unwillig, als sie die Tür aufmachte.
    Es war aber nicht JoeJoe. Verdutzt sah Rouge einen Mann und einen kleinen Jungen vor sich stehen. Der Mann hatte eine erstaunliche Ähnlichkeit mit JoeJoe – nur ohne Bart. Sein markantes Gesicht und sein attraktiver Körperbau, bei einer Maschine wie JoeJoe schon auffällig, waren bei einem lebenden Menschen schlichtweg überwältigend. Selten war Rouge einer derartigen Maskulinität begegnet. Gleichzeitig hatte der Mann aber auch etwas Sanftes an sich. Vielleicht war es die beschützende Art, mit der er die Hand des Jungen hielt. Dann bemerkte Rouge die Kleidung der beiden: T-Shirts und Jeans. Und sie trugen Mützen mit einer Art langem steifem Schirm vornedran. Das Outfit erinnerte Rouge an Finns Zeitreisekostüm für 2007   –   2011.   Und dann begriff sie, dass der Mann ein Forester war.
    Wieso stand ein Forester vor ihrer Tür?
    Aber noch erstaunlicher als das plötzliche Auftauchen des Mannes mit dem Jungen oder seine Ähnlichkeit mit JoeJoe oder seine Kleidung oder die Tatsache, einen Forester vor sich zu haben, war ihre Reaktion auf ihn. Rouge verspürte etwas, das sie noch nie zuvor erlebt hatte, eine Art chemische Reaktion, einen Hormonschub, der drohte, sie aus dem Gleichgewicht zu hauen. Sie spürte Hormone bis hinunter in die Zehenspitzen rauschen und dann wieder hoch in die Fingerkuppen. Sogar ihre Ohren wurden heiß. Es war frappierend. Ihr ganzer Körper war schlagartig ein einziges Verlangen. Es waren höchstens vier Sekunden verstrichen, seit sie den Mann erblickt hatte, und schon stand sie in Flammen. Sie hatte Ähnliches bei Finn erlebt – aber nicht halb so stark. Ihre Gefühle zu Finn hatten sich ganz langsam eingeschlichen. Dieses Gefühl dagegen war ihr völlig neu in seiner Plötzlichkeit und seiner Wucht.
    «Rouge Marie Moreau?», fragte der Mann.
    Seine Stimme war sonor, unglaublich voll und satt und schien sie förmlich zu umgarnen.
    «Ja», sagte sie.
    Er streckte seine Hand aus. Rouge nahm sie.
    «Raoul», sagte er. «Raoul Aaronson.» Er sah nach unten auf den Jungen. «Und das ist mein Sohn. Colin Aaronson-Aiello.»
    Colin hielt ihr seine kleine Hand hin. «Guten Tag», sagte er mit höflicher Zurückhaltung.
    Rouge brachte ein Begrüßungslächeln zustande, musste jedoch die meiste Energie darauf verwenden, ihre Knie ruhig zu halten – sie wackelten inzwischen unangenehm. Aber zumindest wusste sie jetzt, wer der Mann war. Im vergangenenJuli, vor einer halben Ewigkeit, wie ihr schien, hatte Finn ihr die Nummer von Raouls Handy gegeben. Er hatte ihr auch irgendwas über die Frau des Mannes erzählt. Eine Tragödie. Sie war –
    «Wir sind Freunde von Finn Nordstrom», sagte der Mann.
    «Ja», sagte Rouge. «Er hat bei Ihnen gewohnt.» Aha. Jetzt fiel es ihr wieder ein. Die Frau war bei der Niederkunft gestorben.
    «Letztes Jahr im Juli, bevor Finn fortging, hat er uns gebeten, Ihnen etwas zu bringen.»
    «Kommen Sie rein», sagte sie und trat zurück, um sie in ihre Wohnung zu lassen – und in ihr Leben.
     
    «Ein Buch.» Rouge ließ das braune Packpapier zu Boden fallen. Ihre Finger strichen einen Moment lang über das cognacfarbene Leder, dann öffnete sie es. Sie sah Wörter, Abertausende von Wörtern auf glattem, cremeweißem Papier. Sie wandte sich zu Raoul um. Er saß wenige Meter von ihr entfernt im Sessel, aber darin wirkte er albern. Er war einfach viel zu groß dafür. Seine Knie und Ellbogen ragten in alle Himmelsrichtungen. «Es ist handgeschrieben», sagte sie.
    Er beugte sich vor. «Ja. Ich weiß.»
    Ja. Ich weiß
. Die meisten Forester sprachen wie Städter, wenn sie mit ihnen zu tun hatten. Aber Raoul hatte «ich» gesagt – und das ließ den nächsten Hormonschwall durch sie hindurchrauschen. Sie war eindeutig nicht mehr Herrin ihrer Gefühle. Verlegen blickte sie auf das Buch vor ihr. Warum um alles in der Welt hatte Finn ihr ein Buch geschenkt? Sie versuchte, die Wörter zu lesen, kniff die Augen zusammen und formte mit den Lippen die erstenBuchstaben. «E-ver-la-», begann sie, doch dann gab sie auf. «Wissen Sie, was da steht?», fragte sie. «Es ist sehr schwer zu lesen.»
    Raoul erhob sich zu seiner vollen
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