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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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widersprüchlichen Gefühle Rouge gegenüber beschreibt, fragte Raoul, ob es ihr auch wirklich nichts ausmachte, dass er das alles las. Sie tat seine Frage mit einer Handbewegung ab.
    «Sind Sie sicher?»
    «Lesen Sie weiter», sagte sie, «bitte.» Sie wollte nicht, dass er aufhörte. Noch nie hatte sie eine so schöne Stimme gehört wie die von Raoul. Sie war wie Samt. Rouge ertappte sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, beim Klang dieser Stimme einzuschlafen.
    Er saß im Sessel und sie auf dem Sofa. Sie machten eine Mittagspause, eine Teepause und eine, um etwas zu Abend zu essen. Ehe er sich verabschiedete, erwähnte er, wie interessant er das alles gefunden habe, was er über das Olga-Zhukova-Institut gelesen hatte, und dass er das Institut gern mal besichtigen würde. Rouge sagte, sie würde sich erkundigen, ob das möglich wäre.
    Am zweiten Tag saß Raoul an einem Ende des Sofas und Rouge am anderen. Als er las, dass Finn durch einen Trick zum Zeitreisenden gemacht worden war, blickte er empört vom Buch auf. «Ihr wart nicht offen mit ihm», stellte er fest.
    «Nein. Das waren wir nicht. Es ging nicht anders.»
    Am Ende des zweiten Tages waren sie per du.
    Am dritten Tag saßen sie beide in der Mitte des Sofas. Raouls Stimme war von dem vielen Lesen heiser, und er sprach leise, aber Rouge fand das besonders attraktiv. Während er las, sog sie seinen fremdartigen erdigen Geruch ein. Er hatte etwas Dunkles an sich, Verbotenes, etwas zutiefst Erregendes.
    Am Nachmittag legten sie eine Pause ein, um einen Rundgang durch das OZI zu machen. Rouge war kein bisschen erstaunt, wie rasch Raoul die verschiedenen wissenschaftlichen und technischen Grundkonzepte erfasste. Gegen Abend schlenderten sie durch die Landschaftsausstellung des Museums der Europäischen Kulturen, übersahen die neugierigen Blicke   – Forester waren in dem BAD PAD kein alltäglicher Anblick. In der Nähe der Gartenzwergsammlung suchten sie sich eine freie Bank, und mit dem letzten Licht des Tages las Raoul weiter. Als es am Ende des dritten Tages dunkel wurde, saßen sie so dicht beieinander, dass Passanten sie für Gefährten halten mussten. Doch sie sagten sich mit einem einfachen Händedruck gute Nacht.
    Am vierten und letzten Morgen lagen sie bäuchlings nebeneinander auf Rouges Bett. Sie wussten, wenn das Buch zu Ende war, würden sie sich trennen müssen   … .
    «‹Und dann, verehrte Leser›», las dann irgendwann Raoul, «‹werden mein Leben und meine Liebe in den Händen der Zeit liegen.›» Das war der letzte Satz des Buches. Raoul klappte das Werk zu und rollte sich auf den Rücken.
    Auch Rouge rollte sich auf den Rücken.
    Sie starrten an die Decke, beobachteten durch das Oberlicht ein paar vorbeiziehende Wolken.
    «Und?», sagte Raoul schließlich und wandte sich ihr zu. «Sag’s mir. Hat er es geschafft oder nicht?»
    Sie wandte sich ihm zu. «Er ist in Sicherheit.»
    Raouls Gesicht leuchtete auf. «Ist er da, wo er sein wollte?»
    «Ja.»
    «Bei Eliana?»
    «Ja.»
    Er setzte sich auf. «Woher weißt du das?»
    «Wir haben jemanden in das Jahr 2018 geschickt. Ende Juni 2018.   Kurz vor dem Ausbruch des Dark Winter.»
    «Warum gerade dann?»
    «Es war das einzige Portal, das das OZI hatte. Und wir wollten es wissen. Er ist seit September 2011 dort. Genau wie wir es geplant hatten.»
    «Wer ist wir? Du?»
    «Wir
alle

    Er starrte sie einen Moment lang an. Dann stieß er einen Jubelschrei aus. «Er hat’s geschafft, die alte Sau! Er hat gekriegt, was er wollte! Er hat’s geschafft!» Er lachte und lachte und konnte gar nicht mehr aufhören.
    Rouge betrachtete ihn verwundert. Sie hatte noch nie jemanden so hemmungslos lachen sehen. Vor Lachen liefen ihm Tränen über die Wangen. Er griff in seine Jeanstasche und zog ein Päckchen mit gefalteten Papiertüchern heraus. Genau so eins hatte sie mal in einem schwedischen Forester-Andenkenladen gekauft. Sie sah zu, wie Raoul sich übers Gesicht wischte, die Nase putzte und das Tuch wieder in die Tasche steckte.
    «Wir wussten natürlich, dass ihr euch mit solchen Sachen befasst», sagte er. «Und ich komme rum, habe hier und da so einiges aufgeschnappt. Wir wussten es alle, aber   … Mannomann! Das muss ich erst mal verdauen.» Er schüttelte den Kopf. Dann sagte er: «Und was habensie berichtet? Wo haben sie ihn gesehen? Was hat er gemacht?»
    «Er wurde letztmalig in einem Bio-Supermarkt in Charlottenburg gesichtet.»
    «Ein Bio-Supermarkt.» Er grinste. «Oh, oh,
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