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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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schicken Leute in Kosovo zurück, die haben kein Dach und keine Fenster.“
    „Das da ist nicht der Kosovo. Schau erst einmal, wie es drinnen aussieht.“
    Vesna betrachtet den primitiven Türriegel, macht die Tür zu, legt ihn vor, macht die Tür wieder auf. „War nur gegen den Wind“, sagt sie dann.
    „Hallo Mama, das ist Céline.“
    „Céline? Hat das was mit Céline Dion zu tun?“, fragt Vesna und mustert die Freundin ihrer Tochter.
    Céline grinst etwas schief. „Hallo Frau Krajner. Ich bin auf die Welt gekommen, als Céline Dion für die Schweiz den Eurovision Song Contest gewonnen hat. Meine Mutter war hingerissen von ihr. Sie hat vor Urzeiten selbst in einer Band gesungen.“
    Meine Güte, so lang kann der Song Contest doch nicht her sein. Ich erinnere mich daran, fast als ob es gestern gewesen wäre. Nicht dass mich die Heulboje sehr beeindruckt hätte. Da braucht es mehr als eine starke Stimme und weiche Schnulzen.
    „Nicht ganz mein Stil“, redet Céline weiter. „Ich mache eine klassische Ausbildung und will mich dann auf die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts spezialisieren.“
    „Sie studiert Gesang und nebenbei mit mir Psychologie“, erklärt Jana. Vesna geht durch die Räume wie ein Hund, der Witterung aufnimmt. Vor dem Teppich im Schlafraum verharrt sie, beugt sich schließlich hinunter. „Blut.“ Sie steht wieder aufrecht und sieht Céline an. „Hat es keiner weggemacht?“
    Céline hat die Arme um ihren Körper geschlungen. Sie schüttelt den Kopf. Vesna betrachtet den Eisenofen. „Da sieht man nur mehr kleine Spuren.“
    Die kleine Kolonne bewegt sich ins Bad.
    „Schlimm, nicht?“, flüstere ich.
    „Muss man abdichten, die tropfende Leitung. Aber schlimm? Das gibt es in bosnischen Dörfern auch. Manche Menschen, sie haben kein Geld und sind auch nicht geschickt.“
    „Wir sind in Österreich“, erinnere ich Vesna.
    „Ha, als ob die zwei Länder so weit voneinander weg sind. Ich werde alles gründlich absuchen. Polizei war wahrscheinlich nicht sehr genau. Besser, ihr geht inzwischen nach draußen. Ich rufe, wenn ich Fragen habe.“
    Ich nicke und bin froh, das Haus verlassen zu können. An sich habe ich an diesem Sonntag endlich einmal so richtig faulenzen wollen. Meine letzte Story fürs „Magazin“ hat einige Wellen geschlagen. Es ging um parlamentarische Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten, die bisweilen bei einem Nazi-Internet-Versand einkaufen. Für ihn so etwas wie „Lausbubenstreiche“. Vermutlich haben die Jungs ja nur schauen wollen, was so ein Versand denn liefert. Aber der Herr Präsident ist ja selbst bei einer ultrarechten Burschenschaft. Die großen Parteien haben ihn dennoch gewählt. Zum Kotzen. Ausspannen im Liegestuhl auf Oskars wunderbarer Dachterrasse, Septembersonne, meine Katze Gismo in Streichelreichweite, Oskar, der in der Küche steht und etwas Feines für den Abend zubereitet. So hätte mein Sonntag aussehen sollen. Aber dann musste Oskar ohnehin in seine Kanzlei, Telefonkonferenz mit seiner Partneranwaltskanzlei in Frankfurt, es ist irgendein Problem bei einer deutsch-österreichischen Fusion aufgetaucht. Und Vesna hat mich gefragt, ob ich nicht ins Weinviertel kommen könnte. Bei „Weinviertel“ denke ich an meine Freundin Eva Berthold und ihr großartiges Weingut, an sanfte Hügel, an das wunderbare Restaurant „Apfelbaum“. Ist auch alles gar nicht so weit von hier. Und doch Lichtjahre entfernt.
    Céline erzählt Jana leise von ihrer Mutter. „Sie war nicht immer so kaputt. Sie hat selbst jetzt noch gut gesungen, sie muss als Junge sehr gut gewesen sein. Mit ihrer Band hat sie vor allem Schlager gesungen, aber ich weiß, dass sie auch Weill gemocht hat. Das Populärere halt, sie hat ja nicht viel gekannt. Mackie Messer und so.“
    „Und warum hat sie aufgehört?“
    „Ich weiß es nicht. Sie hat nie darüber gesprochen. Sie hat nur gesagt, es hätte nichts mit uns Kindern zu tun, sie wollte nicht mehr. Ich kann mich erinnern, dass sie dauernd irgendwelche Hilfsjobs hatte. Sie war nicht besonders stark, viel kleiner als ich. Als Packerin hat sie sich wohl die Gelenke ruiniert. Außerdem hat sie immer mehr zugenommen. In Wien ging es noch, da waren die Wege nicht so weit. Aber da … sie ist fast nur noch vor dem Fernseher gesessen.“
    „Und warum ist sie hierhergezogen?“
    Céline lächelt traurig. „Man hätte sie in Wien delogiert. Sie hat einfach alle Zahlungstermine ignoriert. Nie etwas getan, damit sie Aufschub
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