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Alfons die Weihnachtsgans

Alfons die Weihnachtsgans

Titel: Alfons die Weihnachtsgans
Autoren: Kari Koester-Loesche
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Kapitel 1
    O rganisation war das Wichtigste. Bei Anke Paulsen, ehemals Halligbäuerin, jetzt gestandene Vermieterin von drei Wohnungen auf der Ketelswarf der Hallig Langeness, ging daher normalerweise nichts schief.
    Sie stand am Küchentisch und dachte nach.
    Nach alter Gewohnheit pflegte sie beizeiten mit ihren Weihnachtsvorbereitungen zu beginnen, um nicht unter Druck zu geraten. Zahlende Gäste erwartete sie über die Feiertage zum Glück nicht, dafür aber die Familien ihrer beiden erwachsenen Kinder, die in Kiel und Hamburg wohnten. Zu planen und zu organisieren gab es also genug.
    Gefrier- und Kühlschrank mussten für so viele Menschen noch gefüllt und die Tannenzweige vom Festland bestellt werden, die das Grab ihres Ehemannes und ihrer Oma über den Winter schützen würden. Zudem brauchte ihre auf der Hunnenswarf lebende Tochter Anna, die im Januar ihr erstes Kind erwartete, jetzt öfter Zuspruch und Unterstützung.
    Die Adventszeit würde turbulent werden, aber sie hatte nichts gegen Trubel. Da waren außerdem noch einige alte Bräuche zu beachten, wie sie seit Menschengedenken auf der Hallig überliefert wurden. Mit dem Christentum hatten sie nicht viel gemein, aber der Respekt vor den Vorvätern, die es geschafft hatten, dieses winzige Eiland über Jahrhundertegegen Stürme und Politiker zu verteidigen, verlangte ihre Fortführung.
    Alles dies wollte unter einen Hut gebracht werden. Und wenn sie ehrlich mit sich war, lag ihr an den alten Bräuchen mehr als an den neuen. Sie hatte sogar eine Idee, wie man sie wieder beleben konnte ...
    Genug der Überlegungen. Anke eilte in die Diele.
    Als Erstes musste sie sich um die Gans kümmern. Seit ihr Mann gestorben war, waren Wildenten, die er selbst zu schießen pflegte, ihr verleidet, sie waren mit zu vielen Erinnerungen verbunden. Nicht einmal eingeweckte hatte sie noch im Vorratsschrank stehen. Zu Weihnachten hatte sie sich auf Gans umgestellt. Sie setzte sich ans Telefon und wählte.
    Onkel Calle, der in Ockholm auf dem nordfriesischen Festland wohnte, war sofort am Apparat. Wie immer galten seine Fragen zuerst dem Wetter auf der Hallig. Obwohl es per Luftlinie nicht weit war, war das Wetter auf dem Festland mitunter ganz anders. Nicht ausgeschlossen, dass es dort zu nebelig war, um die eigene Gartenpforte zu erkennen, während auf der Hallig die Sonne schien. Schmunzelnd ließ Anke sich darauf ein. Daran vorbeikommen würde sie ohnehin nicht.
    »Ja, das Wetter ist wirklich komisch! Kaum zu glauben, dass es auf Weihnachten zugeht«, stimmte sie ihrem Onkel zu und blickte unwillkürlich durch die offen stehende Haustür nach draußen. Die Mittagssonne, die jetzt im Dezember sehr tief stand, schien herein, und auf der Schwelle saß in den warmen Strahlen Kurt, ihr schwarzweißer Kater, und putzte sich.
    Im Wintergarten, wenige Meter entfernt, war schon derKaffeetisch gedeckt. Mit einem Heizöfchen konnte man es dort ungeachtet der Jahreszeit noch ausgezeichnet aushalten. Sie liebte den Blick von dort über das Südufer der Hallig Langeness und über das Wattenmeer, ganz gleich, ob es stürmte oder ob sie Land unter hatten.
    An diesem Tag aber war das Meer spiegelglatt, es glänzte, dass man Angst hatte, geblendet zu werden. In der Ferne war im Dunst Pellworm verborgen. Auf halbem Weg dorthin glitzerte die rote Fahrwassertonne.
    »Anke? Bist du noch da?«, erkundigte sich die Stimme ihres Onkels bedächtig.
    »O ja, natürlich«, besann sich Anke und lachte leise über sich selbst. »Heute ist es so schön da draußen, auch nach fünfzig Jahren habe ich mich daran nicht satt gesehen.«
    »Das ist bei dir auch nicht zu erwarten«, entgegnete Onkel Calle vergnügt. »Du findest ja selbst an den Kotwürmchen der Ringelgänse noch etwas Lobenswertes. Im Gegensatz zu manchen anderen.«
    »Gänse! Deswegen habe ich dich doch überhaupt angerufen«, sagte Anke und rief sich selbst energisch zu ihrem eigentlichen Anliegen zurück! »Ich brauche eine größere Weihnachtsgans! Die kleine kannst du streichen. Tochter und Sohn haben sich unerwartet als Besuch angekündigt, beide mit der ganzen Kinderschar. Ich muss also mindestens eine Zehn-Kilo-Gans haben oder zwei Fünf- bis Sechs-Kilo-Tiere.«
    »Alfons«, sagte Calle sofort.
    »Wer ist Alfons?« Anke war irritiert. Ein Nachbar von Calle? Züchtete der schwerere Gänse?
    »Unser Ganter. Ein ganz stattliches Tier. Kräftig, gut entwickelt. Von Hand aufgezogen. Läuft dir nach, wenn du willst.«
    Anke folgte mit den
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