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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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gebracht. Vom zweiten Telefon – für Nachforschungen und Ermittlungen jeder Art – wissen die Behörden allerdings nichts.
    „Wie alt war sie?“, frage ich.
    „Keine Ahnung, ich habe sie nie getroffen. Céline wohnt zur Untermiete in Wien. Ihre Mutter soll mit dem Kopf gegen einen Eisenofen gekracht sein. Céline glaubt nicht, dass es ein Unfall war, aber …“
    „Das war kein Unfall!“
    Ich drehe mich erschrocken um. Laute, klare Stimme. Mädchen, junge Frau im Alter von Jana. Schlank und groß mit halblangen schwarzen Haaren. Ausgeprägter Mund, ausgeprägte Nase, große Augen, hohe Wangenknochen. Zorniger Blick. He, ich opfere meinen Sonntag nicht, um auch noch angefaucht zu werden.
    „Mira Valensky“, sage ich, strecke ihr die Hand hin, versuche meine Überlegenheit durch Manieren zu beweisen und lächle, als ob ich etwas zu verkaufen hätte.
    Céline hat einen festen Händedruck, sie sieht mich entschuldigend an. „Céline Maier. Sorry. Aber ich hab es so satt, dass alle Mutters Tod als Unfall sehen.“
    „Alle?“
    „Na alle bei der Polizei eben. Sie sagen, sie haben die bei einem überraschenden Todesfall üblichen Untersuchungen gemacht. Und damit ist der Fall erledigt. Kein Anzeichen von Fremdverschulden.“
    „Kann es nicht so gewesen sein?“, frage ich vorsichtig.
    „Meine Mutter war zweiundvierzig. Sie war gesundheitlich nicht auf der Höhe, das stimmt. Aber warum sollte sie stürzen und ausgerechnet auf den Ofen fallen?“
    „Sie haben hier mit ihr gelebt?“
    „Hab ich dir doch schon gesagt“, mischt sich Jana ein. „Nein, hat sie nicht.“
    Céline schüttelt den Kopf. „Ich hab ein Untermietzimmer in Wien, bei einem älteren Paar.“
    „Wer hätte Ihrer Mutter denn etwas antun sollen?“
    „Keine Ahnung. Aber ihr Mobiltelefon ist verschwunden.“
    „Keiner begeht einen Mord, um ein Mobiltelefon zu stehlen, das man ganz legal gratis bekommt“, werfe ich ein.
    „Weiß ich schon“, erwidert Céline ungeduldig. „Aber sie hatte es immer in ihrer Nähe. Es war quasi ihr Begleiter. Es ist total peinlich, sie hat es ‚Liebling‘ genannt. Sie hat andauernd kleine Filme gedreht, ihr Mobiltelefon konnte das. Ich hab ihr Speicherkarten geschenkt.“
    „Was für Filme?“
    „Nur Quatsch. Sie ist damit herumgegangen und hat gefilmt, wie sie isst und wie sie fernsieht, wie sie Wäsche wäscht. So als ob es nicht nur ihre Augen, sondern auch die Augen ihres ‚Lieblings‘ gäbe.“
    „Und was wollte sie damit?“
    Céline zuckt mit den Schultern. „Ich hab sie gefragt, sie hat gesagt: ‚Natürlich nichts. Man schaut ja auch einfach, ohne etwas zu wollen.‘ “
    Jana nimmt Céline am Arm. Sie ist einen halben Kopf kleiner als ihre Freundin. Zart, aber ganz schön zäh. Sagt zumindest ihre Mutter. „Und was, wenn sie etwas gefilmt hat, das sie nicht hätte filmen sollen?“
    Céline schüttelt den Kopf. „Unwahrscheinlich. Alles, was ich gesehen hab, hat sich hier im Haus abgespielt.“
    „Hast du der Polizei davon erzählt?“, will ich wissen.
    „Klar, aber die haben gesagt, dass Mama das Telefon wohl einfach verloren hat. Als ob solche wie sie auf nichts achtgeben könnten.“
    „Solche wie sie?“ Ich sehe Céline an.
    „Sie hat von der Sozialhilfe gelebt. Sie hat chronische Gelenksbeschwerden gehabt und Bluthochdruck und zum Schluss hat sie deutlich über hundert Kilo gewogen. – War Roger schon da?“
    „Wer?“
    „Mein Halbbruder. Ich hab ihm gesagt, er soll herkommen. Aber auf ihn ist einfach null Verlass. Ich hab kaum Kontakt zu ihm.“
    „Hat er hier gewohnt?“, will ich wissen.
    „Wo denn?“, fragt sie zurück. „Er wohnt in Wien. Bei seinen Kumpels in der Siedlung, in der wir aufgewachsen sind.“
    Ich höre, dass vor dem Haus ein Auto hält. Die Fenster sind irgendwann einmal ausgetauscht worden, Fenster mit weißem Plastikrahmen, sie scheinen dennoch nicht gut zu schließen. Ich halte es hier drinnen nicht mehr aus, ich gehe an Céline und Jana vorbei ins Freie. Verwilderte Idylle, hohes Gras und Holunderbüsche zwischen Haus und Schuppen, daneben ein Eingang, der in ein Kellergewölbe führen könnte. Vesna steht vor dem Haus und mustert es. Ich gehe zu ihr und nicke ihr zu. Die Wangenküsserei heben wir uns für gesellschaftliche Anlässe auf. Irgendwie kennen wir einander zu gut, um diese Bussi-Bussi-Sache zu brauchen.
    „Unglaublich, dass da wer wohnt“, murmle ich in ihre Richtung.
    „Warum unglaublich? Ist Haus, hat Fenster und Dach. Sie
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