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Ethik: Grundwissen Philosophie

Ethik: Grundwissen Philosophie

Titel: Ethik: Grundwissen Philosophie
Autoren: Detlef Horster
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nach selbstgesetzten Zwecken in der Welt zu wirken.« (Volkmann-Schluck 1974, 98) Erst aus der Vernunft eines solchen Wesens, das den Zweck seiner Existenz in sich selbst hat, kann Kant ein [18] allgemein geltendes Prinzip herleiten, das die Autonomie dieser vernünftigen Wesen garantiert. Wenn es überhaupt ein oberstes praktisches Prinzip geben kann, muss »es ein solches sein, das aus der Vorstellung dessen, was notwendig für jedermann Zweck ist, weil es Zweck an sich selbst ist, ein objektives Prinzip des Willens ausmacht, mithin zum allgemeinen praktischen Gesetz dienen kann«, schreibt Kant. »Der Grund dieses Prinzips ist: die vernünftige Natur existiert als Zweck an sich selbst. So stellt sich notwendig der Mensch sein eignes Dasein vor; so fern ist es also ein subjektives Prinzip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere vernünftige Wesen sein Dasein zufolge eben desselben Vernunftgrundes, der auch für mich gilt, vor; also ist es zugleich ein objektives Prinzip, woraus als einem obersten praktischen Grunde alle Gesetze des Willens müssen abgeleitet werden können. Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst. Wir wollen sehen, ob sich dieses bewerkstelligen lasse.« (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten BA 66)
    Der kategorische Imperativ ist das gesuchte Prinzip, von dem aus alles seinen Ausgang zu nehmen hat. In der
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
gibt es noch zwei weitere Formulierungen des kategorischen Imperativs: 1. »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.« Und 2. »Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte.« (BA 52) Die Formulierung in der
Kritik der praktischen Vernunft
lautet: »Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.« (A 54)
    Wenn nun vom kategorischen Imperativ die Rede ist, stellt sich die Frage, was »kategorisch« heißt. Dazu sagt Kant: »Alle Imperativen nun gebieten entweder hypothetisch, oder kategorisch. Jene stellen die praktische Notwendigkeit einer [19] möglichen Handlung als Mittel zu etwas anderem, was man will (oder doch möglich ist, daß man es wolle), zu gelangen vor. Der kategorische Imperativ würde der sein, welcher eine Handlung als für sich selbst, ohne Beziehung auf einen andern Zweck, als objektiv-notwendig vorstellte.« (Grundlegung zur Metaphysik der Sitten BA 39)
    Der Zweck des kategorischen Prinzips liegt nicht außerhalb seiner. Demnach kann man nicht sagen, dass man sich deshalb moralisch richtig verhält, damit man in den Himmel kommt. Auch bei der Goldenen Regel liegt der Zweck des Gesetzes außerhalb des Gesetzes: Man verhält sich moralisch richtig, damit man selbst von den anderen ebenfalls anständig behandelt wird. Das moralische Gesetz Kants wird dagegen um des Gesetzes willen befolgt. Das heißt »kategorisch«. Man muss das Gesetz unbedingt befolgen, ganz gleich, was die Befolgung dieses Gesetzes bewirken wird, sonst verliert man die Achtung vor dem Gesetz. Und weil der Mensch sich das Gesetz selbst gegeben hat, verlöre er letzten Endes die Achtung vor sich selbst.
    In welchem Verhältnis steht nun das Gesetz zur Freiheit? Ist die Freiheit des Menschen Bedingung des kategorischen Imperativs, oder ist der Mensch erst dann frei, wenn er den kategorischen Imperativ befolgt? Darauf gibt Kant in der
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
eine klare Antwort, denn dort sagt er, dass das Gesetz unter der Kausalität der Freiheit steht. Dies fasst er in der
Kritik der praktischen Vernunft
genauer: Die Freiheit sei die ratio essendi des moralischen Gesetzes, das moralische Gesetz hingegen die ratio cognoscendi der Freiheit. (A 5 Fn.) Freiheit von der Natur muss vorausgesetzt werden, damit man den kategorischen Imperativ überhaupt denken kann. Nur ein vernünftiges Wesen, das qua Vernunft frei sein kann von fremden Einflüssen, kann sich den kategorischen Imperativ als Handlungsgesetz geben. Die Unabhängigkeit von den Naturgesetzen muss möglich sein, damit der kategorische Imperativ überhaupt gedacht und formuliert werden kann. Nur durch die Geltung [20] des kategorischen Imperativs realisiert und stabilisiert der Mensch die Freiheit
zu
etwas, und zwar
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