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Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)

Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)

Titel: Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
Autoren: Youya Lo
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schiefergrauen Lederschuhe sahen schon ziemlich mitgenommen aus.
    „Es tut mir leid, Dad.“
    „Dann lass ihn gehen. Es reicht, wenn einer von euch
beiden sich opfert.“
    „Nein.“ Sie kniete vor ihm nieder und schüttelte
verzweifelt den Kopf.
    Wenn doch endlich irgendetwas aus ihrem Magen
hochgequollen wäre, das sie zusammen mit dem Gefühl der Seekrankheit hätte
ausspucken können. Was, wenn Daniel längst nicht mehr lebte? Er war ein viel zu
großes Risiko eingegangen, in der vergangenen Nacht.
     
    „Du kannst ihn nicht auslösen“, flüsterte ihr Dad.
    „Doch. Doch, das kann ich.“ Es kostete nur eben einen
weiteren Preis.
    „Um Himmels Willen, Nika! Meejael wird dich genauso
zerfleischen wie ihn, und dann war alles umsonst. Alles!“
    Nika stand auf. Sie blickte sie an sich herunter. Der
Schlamm begann in geordneten, schmalen Rinnsalen aus ihrer Kleidung, ihren
Haaren und von ihrer Haut auf den Boden zu fließen, solange, bis sie wieder völlig
sauber war.
    „Nikki… bitte. Keiner von uns ist stark genug, um
Meejael zu besiegen. Sie wird dich töten.“
    „Ich weiß.“
     
     
    Julian schnalzte mit der Zunge, als das verblendete,
dumme Ding sich einfach vor ihm auflöste und in die Hölle entsprang. Er stand
auf.
    All die Macht die er angehäuft hatte, all das Blut,
das er dafür vergossen hatte… Und was konnte Julian  nun ausrichten, mit all
seinem Einfluss?
    Nur Gott konnte Nika noch retten. Aber Gott würde
nicht einschreiten, bevor nicht irgendjemand starb.
    Julian drehte sich zu dem Geröll in der Tiefe. Wie
hilflose Ameisen krabbelten die Männer und Frauen durch den Schlamm und
klaubten ihre Habseligkeiten zusammen.
    Er schubste sie allesamt in eine Trance und riss die
zerbeulten Wellblechstücke mit einem - möglicherweise stürmischen - Impuls aus
dem verdammten Schlamm. Die Bruchstücke flogen durch die Luft und formten sich
noch vor der Landung auf den vorgesehenen Flächen zu schadfreien Wohneinheiten.
     
    Als der verdammte Slum wieder da stand, wo er
hingehörte, hob Julian die Trance auf. Er wandte sich der steilen Steintreppe
zu, die ein Stück weiter am Rand der Siedlung in scheinbar endlosen Serpentinen
bis an den Rand der Stadt herunterführte und begann zu beten, während er
abstieg.
     

Achtundzwanzig
     
    Nika materialisierte sich im Schutz der Rosenbäume,
die um Meejaels Pavillon wuchsen. Daniel bemerkte sie trotzdem sofort und
sprang von den Stufen vor der Laube hoch, auf denen er gesessen hatte. Noch in
der Bewegung löste er sich auf und stand im nächsten Augenblick direkt vor ihr.
    Der Teufel planschte weit unter ihnen im Wasser herum.
Nika konnte es hören.
    „Geh wieder“, sagte Daniel nur.
    Er sah nicht glücklich aus, seine Blicke flogen
hektisch hin und her, aber sein Körper schien unversehrt zu sein. Unversehrt!
    Das bedeutete nicht viel, aber wenigstens lebte er. Er
lebte. Nika schloss die Augen und atmete tief durch.
     
    „Du schon wieder!“ Meejael war aufgetaucht, ohne das
Nika es gemerkt hatte.
    Natürlich waren ihre Haare und sogar das Hemdchen an
ihrem Körper schon trocken. Sie trug denselben durchsichtigen Fetzen, den Nika
schon an ihr gesehen hatte.
    Nika biss die Zähne fest aufeinander und ignorierte
das Gefühl der Eifersucht, weil es lächerlich und beschämend war. Das Miststück
warf ihr einen kurzen Blick zu und gähnte.
    „Was willst du bei Meejael, Menschenkind?“
    Menschenkind?
    Hatte Meejael vergessen, wer Nika war? Sollte es am
Ende so einfach werden?
    Nein, ganz so einfach wohl nicht, denn Daniel wollte
Nika beschützen. Wie eine Mauer richtete er sich vor ihr auf und sah sie aus
eisigen Gletschern an.
    „Ich sagte, verschwinde!“
     
    So gerne hätte Nika sich von Daniel verabschiedet,
aber das hätte die Dinge nur verkompliziert. Das Einzige, was ihr blieb, war,
sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.
    „Er kann gehen“, erklärte sie deshalb und trat einen
Schritt zur Seite, um Meejael anzusehen. Was für ein unglaublich schöner
Anblick, wie sie so dastand, mitten im Mohn, die Hände in die Hüften gestemmt.
    Lass ihn gehen .
    Meejael zog ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen
hoch. Wind kam auf und strich über die Wiesen. Äste raschelten. Ein paar
Blütenblätter lösten sich von den Rosenbäumen und flogen wie tanzende
Schmetterlinge durch die Luft. Sie flimmerte.
    Was war das für ein Ort? Trotz der Gluthitze leuchtete
das Gras in saftigem Grün. Und obwohl die Hitze den Pflanzen nichts auszumachen
schien, wirkte
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