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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride
Autoren: Gail Giles
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KYLE
    »Sie ist tot, oder? Wenn sie am Leben wäre, würde ich hier nicht in einem Vernehmungsraum sitzen und mit Handschellen an einen Tisch gefesselt sein. Dann würden Sie erst ihre Aussage aufnehmen, bevor Sie versuchen, von mir ein Geständnis zu bekommen, stimmt’s?«
    Der große Cop - der ältere der beiden, der so aussah, als könnte er beim Basketball immer noch was reißen, wenn er nicht zu viel rennen müsste - verzog keine Miene. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wartete ab. Ich zuckte mit den Schultern. Ich steckte so tief in der Scheiße, dass es wahrscheinlich keinen großen Unterschied machte, ob Cass McBride tot war oder nicht. Sie hat getan, was sie getan hat, und bekommen, was sie verdient. Vielleicht war sie nur ein Kollateralschaden, aber mit ihrem Mundwerk hat sie sich in die Schusslinie manövriert.
    »Also, ich spreche direkt in die Kamera, ja? Sie lassen mich die Geschichte so erzählen, wie ich es für richtig halte? Ich erzähl Ihnen keinen Mist, aber nur wenn das alles an die Öffentlichkeit geht, an die Zeitungen und Fernsehsender. Ich will, dass die Leute davon erfahren. Ich will, dass man sich mal eine Weile über sie das Maul zerreißt. Das verstehen Sie doch, oder?«
    Ich drehte mich von der Kamera weg. Schloss die Augen. Davids Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf.
    »Kyle? Bist du noch bei uns?«
    Ich zuckte zusammen und richtete den Blick auf den jungen Cop mit dem Haarschnitt vom Vorjahr. Die Fingernägel meiner Zeigefinger grub ich in die Nagelhaut der Daumen - so lange, bis der Schmerz David aus meinen Gedanken vertrieben hatte.
    »Mann, deine Daumen bluten, Kumpel!«, sagte der junge Cop.
    Ich zog meine Ärmel über die Hände. »Was du nicht siehst, ist nicht da, Kumpel.«
    Die beiden Cops reckten das Kinn vor, als ich ihnen plötzlich so feindselig von oben herab kam. Dumm gelaufen, ich kann es nicht leiden, wenn jemand sieht, dass ich blute.
    »Mein Zeitgefühl ist ein bisschen durcheinander«, erklärte ich. »Welchen Tag haben wir heute? Sonntag?« Davids Beerdigung war am Freitag, das musste etwa zwei Tage her sein.
    An der Kamera blinkte ein kleines rotes Licht. Ich kratzte mich mit meinen bedeckten Fingerknöcheln am Nacken und starrte dann das Kameraobjektiv an, als wollte ich es mit Blicken niederzwingen.
    »Ja, es ist Sonntag, obwohl ...« Der große Cop warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Nein, es ist schon Montagmorgen. Aber fangen wir beim Freitag an. Kannst du mir erzählen, wie du den Ort ausgesucht hast?«
    »Das war die leichteste Übung. Ich arbeite für die Besitzer. Es gibt da ein Haupthaus und ein separates Gästehaus. Die Besitzer nutzen es nur im Winter. Jetzt steht alles leer und ich mähe dort immer den Rasen. Ich sollte die unteren Scheiben des Gewächshauses anstreichen und dort das Zubehör für den Pool und den Kram für den Rasen unterbringen. Es hat einen Lehmboden. Es war der ideale Ort.«

CASS
    Heute Morgen war die Beerdigung von David Kirby. Ich bin nicht hingegangen. Es hätte mehr als seltsam ausgesehen, wenn ich da aufgetaucht wäre.
    Ich war mir nicht sicher, ob er ... das, was er getan hat, wegen diesem blöden Zettel getan hat. Ich wünschte, ich hätte ihn nicht herumliegen lassen. Na schön, ich wünschte, ich hätte ihn gar nicht erst geschrieben.
    Aber ich vermute, David hat ihn niemandem gezeigt. Er hat ihn bestimmt weggeworfen - oder vielleicht verbrannt?
    Von all den Gedanken, die ich mir deshalb machte, hatte ich eine von diesen Kopfschmerzattacken, die sich so anfühlen, als prügelten sich wild gewordene Affen in meinem Schädel um eine Banane. Ich wartete, bis Dad ins Bett ging, und schnappte mir dann seine Aktentasche. Er hatte immer Xanax bei sich. Bingo. Ich nahm eine Tablette. Dann holte ich mir eine zweite. Das hier war Doppel-Xanax-Stress.
    Ich duschte. Lang. Heiß. Die pulsierenden Düsen hatte ich auf Masochist eingestellt und ich positionierte mich so davor, dass der Wasserstrahl auf meinen Nacken und die Schultern trommelte. Ich ließ den Kopfkreisen, während der Dampf um mich herumwirbelte und das Wasser an mir herabströmte. Die Pillen wirken bestimmt gleich. Ein leerer Magen ist der Drogen bester Freund. Gott sei Dank war Dad ein Heuchler. Mir predigte er etwas vor, aber sich Pillen bei irgendwelchen dubiosen Internetapotheken zu bestellen, fand er in Ordnung. Halleluja!
    Jetzt knallen die Pillen endgültig rein. Meine Synapsen tanzten Polka. Ich trat aus der Dusche, trocknete mich
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