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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben
Autoren: Georg Haderer
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(Pumpernickel, eine Dose Leberstreichwurst und ein Glas Apfelmus – alles Importware aus seiner Wiener Wohnung.) Danach füllte er in der lazarettmäßigen Küche boilerheißes Wasser in eine Tasse mit löslichem Kaffee, zündete sich eine Zigarette an und inspizierte den Garten. Unter dem Holunderstrauch lag eine Katze und schleckte sich die Pfoten. Später fragte er sich, warum ihm das Tier sofort sympathisch gewesen war. Wahrscheinlich aus Mitleid über ihr Aussehen: schwarz grundiert, mit grauen Flecken, die aussahen wie Schimmelbefall. Am Rücken unregelmäßige rostfarbene Streifen, als ob sich in ihren Stammbaum eine Hyäne geschlichen hätte. Auch ihr Kopf war seltsam geraten, die Nase zu tief oder die Augen zu nah beieinander, Schäfer konnte nicht genau bestimmen, was eigentlich bei diesem Tier schiefgegangen war … ein göttlicher Ausrutscher, wofür sie als ausgleichende Gerechtigkeit wahrscheinlich imstande war, einen Atomkrieg zu überleben.
    „Du kannst dir alles abschlecken, was du hast, hässliches Viech“, sprach er sie offiziersmäßig an und richtete den Zeigefinger auf sie, „du kannst hier patrouillieren, Mäuse fangen, Vögel zerfledern … aber wenn du ins Haus gehst, mir irgendwo hinpisst oder hinkackst, dann werde ich zum Kampfhund, verstanden?“
    Die Katze hatte ihre Pfoten fertig gereinigt, zu ihm aufgeblickt und das schiefe Maul zu einem Gähnen geöffnet.
    „Zum Kampfhund, kapiert?“, hatte Schäfer wiederholt und die Katze ihrer Morgenwäsche überlassen.
    Ein paar Wochen später war der Rabe aufgetaucht und die beiden hatten angefangen, ihre widernatürliche Choreografie einzustudieren. Worüber sich vielleicht ein Steuerberater gewundert hätte, der im vierten Jahrzehnt seines gemaßregelten Lebens ein Einfamilienhaus auf dem Land erstanden hatte. Doch Schäfer, der – nur als Beispiel – den Besitzer einer Vierzimmerwohnung auf alle deren Räume verteilt gesehen hatte, Schäfer war das ziemlich egal.
    „Was tut sich in Wien?“, wandte er sich nun an Bergmann, um ihn aus seiner Faszination für den Schäfer’schen Kleintierzirkus zu reißen.
    „Was? … Als ob Sie das nicht wüssten“, erwiderte Bergmann leicht genervt. Wohl weil er mit keinem einzigen auch nur halbwegs spannenden Fall aufwarten konnte. Normalerweise störte ihn das nicht, zumal seine Gruppe mit dem routinemäßigen Abarbeiten der alltäglichen Gewalt ausgelastet war; und geistige Drahtseilakte, wie sie Schäfer regelmäßig aufgeführt hatte, waren ohnehin nicht sein Ding. Aber hier, neben dem legendären Major der Mordkommission, der sein Vorgesetzter und Ausbildner gewesen war – da hätte er doch gerne mit ein paar außertourlichen Leistungen aufgetrumpft. Aber wie denn, wenn sich mit Schäfers Abschied offenbar auch die mysteriösen Verbrechen verzogen hatten.
    „Wissen Sie, was ich mich letztens gefragt habe?“, lenkte er von seinem aufkommenden Ärger ab.
    „Ob Sie sich um eine Versetzung hierher bemühen sollten?“
    „Genau, ein verrücktes Paar auf dem Land … Nein … ob nicht vielleicht Sie mit Ihrer Arbeitsweise ein Energiefeld geschaffen haben, wo die Kriminellen sich besonders angestrengt haben, um Sie nicht mit allzu banalen Straftaten zu reizen … also dass die Komplexität Ihrer Fälle eher …“
    Schäfer drehte sich zu Bergmann hin und fuchtelte mit der Hand vor seiner Stirn hin und her.
    „Sonst geht’s Ihnen aber noch gut, oder? … Erstens habe ich von Einbruch über Versicherungsbetrug bis zum organisierten Autodiebstahl alles gemacht, was einen guten …“
    „Jaja … schon gut“, wehrte Bergmann ab.
    „Außerdem!“, Schäfer hob dozierend den Zeigefinger, „wenn an Ihrer hirnrissigen Energiefeld-Theorie etwas dran ist, könnten ja genauso gut Sie dafür verantwortlich sein … wenn ich mich recht erinnere, ist nämlich nach meinem Wechsel in die Königsdisziplin der Kriminalarbeit bald einmal ein heillos überforderter Inspektor an meinem Rockzipfel gehangen, der …“
    „Jaja!“, Bergmann machte eine wegwerfende Handbewegung, stand auf und ging ein paar Schritte in den Garten hinaus, um den auftrumpfenden Major seine Überlegenheit allein genießen zu lassen. Was für ein sinnloses Unterfangen, diesem in seinem eigenen Revier die Show stehlen zu wollen.
    „Und zu Ihrer Beruhigung“, rief Schäfer ihm nach, „das hier ist nicht die Baker Street, sondern ein ödes Kaff, wo jede zweite Straftat von einem begangen wird, der so besoffen ist, dass wir ihn eine
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