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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein
Autoren: Imogen Parker
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ich
wußte einfach, daß es ein paar Dinge gab, die sie nur einer Frau erzählen
würde. Ich versuchte einen Termin mit dem Psychiater auszumachen, um ihn um Rat
zu bitten. Es bedrückte mich, daß ich nicht dazu ausgebildet war, Liz zu
helfen, und ich fragte mich, ob er mir wohl ein paar Tips würde geben können.
Ich erhielt ein knappes Antwortschreiben von ihm, das besagte, er könne
unmöglich seine vertrauliche Beziehung zu seiner Patientin mit mir erörtern.
Ich fand seine Reaktion arrogant, also beschloß ich, eine andere Taktik
auszuprobieren. Ich rief meine Freundin Stephanie an und fragte, ob sie mir
eine Therapeutin empfehlen könne, mit der sich reden ließ.
    »Ich bin ja so froh, daß du dir dein Problem
eingestanden hast«, sagte Stephanie, nachdem sie mir eine Telefonnummer gegeben
hatte. »Ich bin sicher, daß sie dir helfen wird.«
    »Genaugenommen ist das nicht für mich, es ist
für eine Freundin«, sagte ich.
    »Hmmm. Vielleicht hast du ja größere
Schwierigkeiten, der Realität ins Auge zu sehen, als ich dachte«, sagte
Stephanie.
    Ich hatte keine Lust, sie zu korrigieren.
    Aber die Therapeutin, die sie empfohlen hatte,
war äußerst hilfreich. Sie hatte zwar auch keine Antworten parat, aber sie
schlug ein paar Bücher vor, die ich lesen sollte, und erklärte mir, wie man
rein hypothetisch beginnen konnte, Liz’ Problem zu interpretieren.
    Außerdem stellte sie mir eine Reihe gründlicher
und verständiger Fragen danach, warum ich ein derartiges Interesse an der Sache
nahm. Es endete damit, daß ich sie ein paarmal aufsuchte und über meine eigenen
Gefühle sprach, daß mein Vater mich im Stich gelassen hatte. Das Reden half,
das wurde mir klar, denn wenn ich von ihr wegging, fühlte ich mich jedesmal
besser als bei der Ankunft. Meine Entschlossenheit, meinen Vater zu treffen,
wurde immer stärker.
     
    »Was ich nicht verstehen kann«, sagte Charlotte,
»ist, warum diese Liz geglaubt hat, Sie seien ihr Kind.«
    »Wir haben auch eine Weile gebraucht, um das
herauszukriegen. Sie konnte es zunächst nicht erklären«, sagte ich. »Dann ging
ich eines Abends zu dem Pub in Islington und sah zufällig den 73er Bus
vorbeifahren; vorne drauf war Stoke Newington als Ziel angegeben. Na ja, einer
meiner Freunde lebt in Stoke Newington, und ich weiß, daß das im Bezirk Hackney
liegt, wo Liz gewohnt hatte, und die Route führt die ganze Oxford Street
entlang, also fragte ich Liz, wie sie jeden Morgen zur Arbeit kam. Und
wahrhaftig, sie sagte mit der Linie 73. Also saß sie jeden Morgen im Bus, der
steckte im Stau fest, verstehen Sie, und dann sah sie mein Bild und meinen
Namen auf diesen Plakaten. Sie sagt, daß sie sich eines Tages eben in meiner
Vorstellung wiedergefunden hat, und da sprach sie dann zufällig mit Jools, die
ihr zufällig erzählte, wo ich arbeitete. Also begann sie mich anzurufen und zur
Show zu kommen, und eines Abends traf sie dann zufällig Dave, der Primrose Hill
erwähnte. Na ja, der ist nicht sehr groß, und als sie sah, daß die Wohnung zu
vermieten war, glaubte sie, es sei ihr vom Schicksal bestimmt, in meiner Nähe
zu leben. Es war ihr damals nicht einmal klar, daß ich im Appartement direkt
über ihr wohnte.«
    »Also dachte sie, Sie seien ihre Tochter, bloß
weil Sie den gleichen Vornamen hatten?« fragte Charlotte. »Das glaube ich
nicht.«
    »Ich hab’ Sie auch nicht darum gebeten«, sagte
ich ziemlich unfreundlich. »Wahrscheinlich ist es weit komplexer als das. Es
muß eine Reihe von Auslösern gegeben haben, sagt meine freundliche Psychologin.
Daß meine >Suzy Seltsam< ziemlich ihrer Mutter gleicht, könnte Liz auf
die Idee gebracht haben, daß ich mit ihr verwandt bin. Mein Alter ist auch
ungefähr richtig. Es gibt keine Möglichkeit, definitiv zu sagen, was jemanden
aus dem Gleichgewicht bringt, und wenn es zuvor geschehen war, hat man sie mit
Medikamenten behandelt, die wahrscheinlich auch nicht gerade geholfen haben...«
    »Was meinen Sie damit — zuvor geschehen?«
unterbrach mich Charlotte rasch.
    Sie war extrem clever. Ich verwünschte mich
dafür, diese Information so früh herausgelassen zu haben. Das war der Punkt,
den ich eigentlich nicht hatte erzählen wollen, nicht jetzt. Charlotte würde es
schwer genug haben, sich Liz als sympathische Figur vorzustellen, obwohl ich
mir alle Mühe gegeben hatte, sie so nett und harmlos wie nur möglich erscheinen
zu lassen, aber dieser Teil der Geschichte ließ sie echt durchgeknallt
erscheinen. Ich holte tief
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