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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein
Autoren: Imogen Parker
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Gefängnis
eingeschmuggelte Schußwaffen nicht entdeckt hatte, erwies sich auch nicht gerade
als hilfreich, und erst als Martin eintraf und sich wortreich dafür
entschuldigte, daß er durch einen Bombenalarm an der Waterloo Station
aufgehalten worden war, gestattete man mir schließlich, in das Gebäude
vorzudringen.
    Die Aufzüge, denen ich zugesehen hatte, während
ich in der luxuriösen, palmengesäumten Empfangszone gesessen hatte, waren wie
verstellbare Glaslaternen, die lautlos an den Innenmauern des Gebäudes auf und
ab glitten.
    »Ganz schön edel, was?« sagte Martin.
    »Beeindruckend«, erwiderte ich und beobachtete,
wie das kleine Fleckchen Grün unter uns zurückwich.
    »Das Haus steht praktisch leer, abgesehen von
unseren vier Etagen, und im Tiefgeschoß ist so eine Art Fitneßcenter. Tut mir
leid, daß ich an deinem ersten Tag zu spät komme.«
    »Geht schon in Ordnung. Mir war gar nicht klar,
daß die Rezession auch an Orten wie diesem zugeschlagen hat«, sagte ich,
während wir an Stockwerk nach Stockwerk voller leerstehender Büroräume
vorbeiglitten.
    »Wo hast du denn gesteckt? Die Häusermakler sind
reihenweise pleite gegangen. Büros wie die hier kriegst du heutzutage für ’nen
Appel und ein Ei. Da sind wir«, fügte er hinzu, als eine leise Glocke ertönte
und die Türen sich auf einen mit Teppich ausgelegten Korridor öffneten. Ich
mußte rennen, um mit ihm Schritt zu halten. Er blieb vor einer polierten
Holztür mit Nußbaumfüllung stehen, die in einer derartigen High-Tech-Umgebung
fehl am Platz schien und klopfte auf der Suche nach seiner Brieftasche seine
schicke Anzugsjacke ab.
    »Hör mal, Martin, ich glaube, es ist keine gute
Idee, mit mir in aller Öffentlichkeit so vertraut umzugehen«, sagte ich.
    »Ooh, Miss Fitt, was möchten Sie denn damit
andeuten?« erwiderte er in einem albernen Tonfall.
    »Da ist sie ja. Mensch!« Mit einem erleichterten
Seufzer zog er die Brieftasche aus der hinteren Hosentasche.
    »Ich meine es im Ernst, Martin. Solange ich mich
in diesem Haus aufhalte, bin ich deine Sekretärin, nicht deine Bekannte. Du
weißt doch, wie die Leute sind. Sie werden zu klatschen anfangen, und das
schadet deiner Autorität.«
    »Was soll ich also tun, dich ignorieren?«
    »Nein, aber ich finde, es war nicht sehr klug,
auf mich zuzustürzen, >Sorry, Soph< zu brüllen und mir um den Hals
zu fallen, wie du es gerade an der Rezeption getan hast.«
    »Akzeptiert«, sagte Martin. Erzog einen
kreditkartengroßen Hausausweis hervor und fuhr damit durch einen Schlitz
seitlich an der Tür. Sie sprang klickend auf.
    »Ich besorg’ dir einen von denen«, sagte er und
hielt mir die Tür auf.
     
    Nach der relativen Ruhe des Atriums warf mich
der Lärm aus dem Händlersaal fast um. Die Märkte waren schon offen, und es
wurde heftig geschrien und gestikuliert. Ein paar Typen drehten sich um, weil
sie sehen wollten wer hereinkam und pfiffen wie die Bauarbeiter, als ich über
die Schwelle trat. Sie verstummten abrupt, als sie sahen, daß dicht hinter mir
ihr Boß folgte. Martin schien nicht weiter beunruhigt, während er mich an den
Reihen der Händler vorbei zu seinem Büro führte und dabei jenen, die gerade
nicht am Telefon hingen, ein knappes »Morgen« gönnte.
    Er zeigte mir mein eigenes Büro, das eigentlich
bloß aus einem Schreibtisch mit drei Schubladen, einem Computerterminal, einer
Tastatur und einem Drucker bestand, die in einem kleinen Vorraum zwischen
Martins Büro und dem Händlersaal standen. Die Wände waren aus Rauchglas,
wodurch ich um einiges besser nach draußen sehen konnte als die anderen hinein.
Zu meiner enormen Erleichterung gab es eine Tür, mit der sich zumindest ein
Teil des Lärms aussperren ließ.
    Auf dem Schreibtisch lag eine Hausmitteilung von
jemandem namens Marie, der EDV-Beauftragten, die mir meinen Zugangscode für den
Computer mitteilte. Ich schaltete die Maschine ein und schaute auf den Monitor.
Es war ein System, mit dem ich einigermaßen vertraut war. Es gab ein paar
Nachrichten für Martin, die ich ausdruckte und dann auf seinen lächerlich
großen pseudo-viktorianischen Schreibtisch legte.
     
    Ich beobachtete wie Martin mit einem der Händler
am DM-Tisch sprach, und war ziemlich überrascht, als der Makler — der nicht
wesentlich jünger war als Martin selbst — bei einer seiner Anweisungen
zusammenzuckte und dann eifrig nickte, als sei er sehr darauf bedacht, es ihm
recht zu machen. Martin schlenderte durch den Händlersaal, hörte das eine
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