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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein
Autoren: Imogen Parker
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dessen Mitte ich am Morgen zuvor
geblickt hatte. Es war umgeben von einer Arkade aus weißen Säulen, unter der
ein Selbstbedienungsrestaurant mit dunkelgrünen Gartenmöbeln eingerichtet
worden war. Es gab Palmen und Töpfe mit Geranien, und überall wucherte Efeu;
ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und kniff hinein, um zu sehen, ob
er echt war. In der Luft hing der feuchte, ein wenig modrige Geruch eines
Gewächshauses, und ich fragte mich, wie sie es schafften, die Pflanzen bei so
wenig natürlichem Licht so gesund zu halten. Hinter mir kreischte ein Papagei
in einem Käfig los und ließ mich zusammenfahren. Ich hoffte, daß der Club, der
>Garten Eden< hieß, sein Motto nicht auf lebende Schlangen ausdehnte.
    Der Umkleideraum für Damen, oder >Evas Reich<
wie es auf der Tür hieß, war eine Märchengrotte für Eitle und Körperbewußte.
Das Labyrinth kleiner Räume, von denen jeder eine andere Attraktion
bereithielt, war so ausgedehnt wie eine unterirdische Höhle. Im Whirlpool
hätten bequem sechs Personen Platz gefunden, in der Sauna duftete es nach
Eukalyptus. Es gab einen ganzen Komplex von Dampfräumen mit einem Tauchbecken
am Ende. Aus dem Bereich, wo die Spinde und Duschen waren, führte eine Tür zu
den Therapiezimmern; nach einem kurzen Blick auf die Preisliste machte ich mir
gar nicht erst die Mühe, mich dort umzusehen.
    Von meiner Mittagspause war noch eine halbe
Stunde übrig. Einen Moment lang war ich mir unschlüssig, ob ich in die Sauna
gehen oder etwas essen sollte. Schließlich schwor ich mir, am nächsten Tag
meinen Badeanzug mitzubringen, damit sich die ganze Aus- und Anzieherei auch
lohnte und ging zurück ins Restaurant. Es gab eine kleine Auswahl farbenfroher
Salate, diverse interessante Brotsorten und eine Terrine voll eisgekühlter
Tomatensuppe mit Basilikum. Ich nahm mir eine Tasse davon und ein Stück
Ciabatta mit eingebackenen schwarzen Oliven. Ich konnte nicht sehen, wo man
hier bezahlen mußte, stand immer noch mit meinem Tablett in den Händen da und
versuchte eine Kasse und einen freien Tisch ausfindig zu machen, als eine
Stimme hinter mir »Nochmals hallo!« sagte.
    Ich brauchte ein paar Sekunden, um das Gesicht
unterzubringen. Ich ertappte mich dabei, wie ich auf der Suche nach einer
Inspiration ihr Essenstablett musterte. Es war beladen mit mehreren Scheiben
Brot, einem großen gemischten Salat und zwei der schwer wirkenden Desserts, die
auf der als Speisekarte dienenden Schiefertafel an der Wand unter
>Sünden< aufgeführt waren.
    »Oh, hallo!« sagte ich, als es in meinem Hirn
endlich klickte, und ich sie als die Frau wiedererkannte, die ich am Tag zuvor
in der Sandwichbar getroffen hatte.
    »Da, die gehen gerade.« Sie deutete auf einen
Tisch nahe am Pool. »Teilen wir uns den?«
    »Gute Idee«, erwiderte ich.
     
    »Ally Capellino, stimmt’s?« sagte sie, als wir
uns setzten.
    »Nein, Sophie Fitt«, sagte ich. Kleiner Scherz.
»Ach so, Sie meinen die Jacke.« Es war eine kurze, karamelfarbene Kaschmirjacke
mit einem braunen Samtkragen und aufgesetzten Taschen. Ich hängte sie über die
Rückenlehne meines Stuhls. »Bißchen zu warm für dieses Wetter«, fuhr ich fort,
»aber mit der Klimaanlage ist es da oben, als würde man im Kühlschrank sitzen.«
    »Ich hatte letztes Jahr einen Rock von ihr, aber
das war derart hochwertige Wolle, daß die Motten sich draufgestürzt haben, als
wär’s Kaviar«, erwiderte sie. »Nebenbei, ich bin Jools.« Sie sprach rasch, mit
einem ausgeprägten Londoner Akzent. »Was heißt denn >da oben    »Da oben heißt, daß ein paar Treppen höher die
Bank liegt, bei der ich arbeite. Oder vielleicht sollte ich besser sagen
>ein paar Fahrstühle höher<, weil es sowas Rückständiges wie eine Treppe
in diesem Gebäude nicht zu geben scheint. Und wo arbeiten Sie?«
    »Eigentlich überall und nirgends«, sagte sie.
»Ich bin Model. Nun gucken Sie nicht so überrascht, wenn ich Make-up drauf
habe, seh’ ich besser aus.«
    Ich sagte, ich wirke bloß so verblüfft, weil
Models in der City ziemlich dünn gesät seien. Sie erwiderte, ganz und gar
nicht, in Wirklichkeit würde die moderne Architektur des Lloyd’s Building sogar
ziemlich häufig als Hintergrund für Modefotos benutzt. Aber ich sähe mir vermutlich
die Kleider an, nicht die Umgebung, und genau deswegen sei mir das nie
aufgefallen.
    »Wir schießen gerade unten in Billingsgate einen
Katalog für die Herbst/Winter-Saison. Typisch. Mitten in einer gottverdammten
Hitzewelle darf ich
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