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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein
Autoren: Imogen Parker
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gewesen, mir Geld zustecken zu
lassen, aber da ich nun mal pleite war und keine Lust hatte, mit der U-Bahn zu
fahren, nahm ich es an.
    Draußen war es noch hell, und die Luft war
angenehm mild. Martin winkte ein Taxi herbei und umarmte mich zärtlich, bevor
ich einstieg.
    »Wir seh’n uns dann morgen«, sagte er.
    Während das Taxi wendete, ließ ich die
Fensterscheibe herunter und sah, daß Pat gerade aus der Bank kam. Sie hielt den
Kopf gesenkt und tat so, als habe sie unseren Abschied nicht mitbekommen.

Kapitel Zwei
     
      Beim ersten Telefonanruf , den
ich am nächsten Morgen entgegennahm, wurde sofort wieder aufgelegt. Der
zweite kam von meiner Mutter, die mir mitteilte, daß Reg im Laufe der Nacht
einen leichten Herzanfall erlitten hatte und im Northwick Park Hospital lag.
Nein, es gebe nichts, was ich tun könne. Sie würde mir Bescheid sagen, wenn ich
ihn besuchen durfte. Einstweilen solle ich mir keine Sorgen machen.
    Ich verbrachte den Morgen in größter Sorge, weil
Mutter immer versucht, mich vor schlechten Nachrichten zu schützen und ich
nicht glaubte, daß die Situation so gut unter Kontrolle war wie sie behauptet
hatte. In Krisen bewahrt meine Mutter stets Ruhe — einer der vielen Züge, die
ich nicht mit ihr gemein habe.
    In einer kurzen Pause zwischen seinen ständigen
Besprechungen schlug Martin vernünftigerweise vor, ich solle das Krankenhaus
anrufen, und ich sprach mit einem Arzt, der mir versicherte, Reg gehe es gut,
aber er sei ein bißchen müde. Er sagte, ich könne ihn nächsten Abend besuchen.
Nach diesem Gespräch fühlte ich mich ein wenig besser.
    Martin führte eine Gruppe von Japanern aus der
Tokioter Filiale der Bank durchs Haus. Er bat mich, für das Mittagessen ein
japanisches Restaurant ausfindig zu machen, das einen Tisch hatte, der groß
genug für sie alle war. Ich legte im Computer eine Restaurantdatei an, die
Name, Adresse und Telefonnummer jedes Lokals enthielt; später wollte ich noch
eine Spalte mit Kurzkritiken einrichten, in der nach Martins Angaben Sternchen
für Service, Schnelligkeit, Atmosphäre, Qualität des Essens und Preise (die
sich offenbar in den Jahren, seit ich noch die stolze und verschwenderische
Besitzerin einer Firmenkreditkarte gewesen war, zu einem wichtigen Faktor
entwickelt hatten) vergeben wurden. Das hieß, die sekretarielle Tüchtigkeit auf
die Spitze treiben, aber da Martin zu beschäftigt gewesen war, um mir
irgendeine andere Arbeit zu geben, hatte ich nichts Besseres zu tun. Ich
erwischte mich beim Nachdenken darüber, ob ich — falls ich lange genug blieb —
wohl einen Restaurantführer für die City produzieren könnte, der sich dann an
andere Banken und Geschäftsleute verkaufen ließ.
    Sich den ganzen Morgen lang Tabletts voll
leckerer Sushi, eingelegtem Ingwer und fingerhutgroßer Becherchen mit warmem
Sake vorzustellen, hatte meinen Appetit auf Müsli ruiniert, also beschloß ich,
mir den Fitneßclub im Basement mal anzusehen. Im Waschraum hing ein
Werbezettel, der wohlüberlegt mit Tesafilm direkt neben den bodenlangen Spiegel
geklebt worden war und der besagte, daß es ein Sonderangebot gab. Angestellte
der Bank konnten eine einmonatige Gratismitgliedschaft in Anspruch nehmen. Ich
hatte den Verdacht, daß diese Konzession für Aushilfskräfte nicht galt, aber
ich hatte auch nicht vor, dort zu erzählen, daß ich Aushilfskraft war. Der Hausausweis,
der auf meinem Schreibtisch gelegen hatte, als ich an diesem Morgen ins Büro
gekommen war, verriet zwar meinen Namen, aber nichts über meinen Status.
    Es gab mindestens zehn Gründe, das Mädchen an
der Empfangstheke zu hassen (langes, glänzendes, kastanienbraunes Haar, das
nicht an ihrem Designer-Sweatshirt festklebte, Oberschenkel, die in Radlerhosen
echt gut wirkten, all sowas), aber sie schien nicht nur beunruhigend schön,
sondern auch sehr nett und hilfsbereit zu sein. Sie gab mir ein großes weißes
Handtuch, in dessen einer Ecke das Logo des Clubs — ein grüner Apfel —
eingestickt war, und informierte mich, die Trainer seien im Moment alle
beschäftigt, aber ich dürfe mich gerne umsehen und gratis in die Sauna gehen,
falls ich Lust dazu hätte.
    Ich ging rasch an den Übungsräumen vorbei, in
denen Karate- und Aerobic-Kurse liefen, und quer durch die Trainingshalle; sie
war rundum verspiegelt, und es sah aus, als erstreckten sich die Reihen der
hochmodernen Kraftmaschinen bis in die Unendlichkeit. Im Zentrum des Clubs war
ein großes, rechteckiges Schwimmbecken, auf
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