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Gudrun Pausewang

Gudrun Pausewang

Titel: Gudrun Pausewang
Autoren: Hermann Vinke
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Vorwort
    Flucht und Vertreibung, Verlust der angestammten Heima t – etwa 1 5 Millionen Deutsche im Osten mussten für die Folgen des Zweiten Weltkriegs und der verbrecherischen Ausrottungs- und Umsiedlungspolitik des NS-Regimes einstehen. Flüchtlingstrecks gerieten zwischen die Fronten, wurden aus der Luft angegriffen, von Partisanen und Soldaten überfallen und ausgeplündert. Unzählige Mädchen und Frauen wurden Opfer von Vergewaltigungen. Tausende Flüchtlinge ertranken in den eisigen Fluten der Ostsee. Auf der Flucht kamen insgesamt über zwei Millionen Menschen ums Leben.
    Zu den Flüchtlingen, die mit dem großen Treck nach Deutschland gelangten, gehörte 1945 Gudrun Pausewang, später Lehrerin und eine der erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen. Als 17jährige verließ sie mit ihrer Mutter und den fünf Geschwistern ihr Heimatdorf in Ostböhmen und legte über 80 0 Kilometer zu Fuß zurück. Die Erlebnisse während der Flucht haben sich ihr tief eingeprägt: »An den Straßenrändern sahen wir Kranke und Hochschwangere erschöpft sitzen oder liegen, sahen sterbende Säuglinge, vergewaltigte Frauen, kamen an Lagern gefangener deutscher Soldaten vorbei. Typhus und andere hochansteckende Krankheiten grassierte n …«
    Wie Gudrun Pausewang schlugen sich auch die meisten anderen Flüchtlinge auf abenteuerlichen Wegen bis nach Deutschland durch. Dort trafen sie vielfach auf Landsleute, die jeden Neuankömmling mit Argwohn betrachteten. Die Einheimischen hatten oft selbst Haus und Hof verloren und hausten in Notquartieren, die sie jetzt auch noch mit Fremden teilen sollten. Die »Habenichtse« und »Polacken«, wie Flüchtlinge genannt wurden, kamen sich vor wie Strandgut des Krieges, für den sie allein haftbar gemacht wurden.
    Über 1, 5 Millionen Menschen waren Ende Januar 1945 in Ostpreußen von sowjetischen Truppen eingekreist. Als Ausweg blieb ihnen nur noch die Flucht über die Ostsee. Ganze Trecks bewegten sich in Richtung Danziger Bucht, um einen der Häfen dort zu erreichen. Manche waren überhastet aufgebrochen und hatten nicht genug Proviant mitgenommen. Halb verhungert und durchgefroren kämpften sie sich vorwärts. Viele der Trecks nahmen den Weg über das zugefrorene Frische Haff. Russische Tiefflieger verfolgten sie. Artilleriegeschosse rissen die Eisdecke auf, die an manchen Stellen ohnehin brüchig war. Ganze Pferdefuhrwerke versanken in den Fluten.
    Untergang der Flüchtlingsschiffe »Gustloff« und »Steuben«
    Das Flüchtlingsdrama in Ostpreußen war Anlass für eine großangelegte Evakuierungsaktion, wobei es dem Chef der deutschen Kriegsmarine, Großadmiral Karl Dönitz, in erster Linie um die Bergung von Soldaten und Kriegsgerät ging, denn Dönitz glaubte immer noch den Endsieg. Über 50 0 Passagier-, Handels- und Kriegsschiffe wurden in die Ostseehäfen Pillau und Gotenhafen beordert. Sie sollten verwundete Soldaten und Flüchtlinge über die Ostsee in Sicherheit bringen. Am 30 . Januar nahm die Wilhelm Gustloff in Gotenhafen (heute Gdynia) Flüchtlinge auf. Das frühere Paradeschiff der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude war notdürftig als Massentransporter hergerichtet worden. »Als die Passagiere die ›Gustloff‹ erreichten, waren sie völlig erschöpft«, berichtete die Marinehelferin Ingeborg Dorn später. »Sie waren zum Teil zwei oder mehr Wochen unterwegs in Eis und Schnee: graue, durchgefrorene Gestalten auf Schlitten, die gebeugt von ihren Wagen stiegen und glücklich wirkten, da sie dachten, sie seien jetzt gerettet.«
    Der Dampfer, 20 5 Meter lang, startete am Abend des 30 . Januar 1945. Wie viele Soldaten und Flüchtlinge sich an Bord befanden, lässt sich nicht mehr feststelle n – wahrscheinlich über 1 0 000, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Bei der Zahl 7956 schlossen Marinehelfer die Liste. Ihnen fehlten Papier, um noch weitere Namen aufzuschreiben. Wenige Stunden nach ihrem Auslaufen wurde die Wilhelm Gustloff vom sowjetischen U-Boot S 13 unter Beschuss genommen und von zwei Torpedos getroffen. Eine der größten Katastrophen in der Geschichte der Seefahrt nahm ihren Lauf. Nur mit Mühe gelang es, auf dem sinkenden Schiff bei minus 1 8 Grad Celsius einen Teil der vereisten und festgefrorenen Rettungsboote flottzumachen. Auf dem Oberdeck begann ein verzweifelter Kampf um die Plätze in diesen Booten. Alle verfügbaren Schiffe im Umkreis wurden zur Unglücksstelle geschickt. Etwa eine Stunde hielt sich die Gustloff über Wasser, dann stürzte das
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