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Die Frauen der Calhouns 2. Amanda

Die Frauen der Calhouns 2. Amanda

Titel: Die Frauen der Calhouns 2. Amanda
Autoren: Nora Roberts
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P ROLOG
    Bar Harbor
    8. Juni 1913
    Am Nachmittag ging ich zu den Klippen. Der Tag, unser erster Tag zurück in The Towers, war sonnig und warm. Das Grollen der See klang wie vor zehn langen Monaten.
    Ein Fischerboot tuckerte über das blaugrüne Wasser, und eine Schaluppe glitt fröhlich dahin.
    Zwei Möwen segelten friedlich nebeneinander durch den strahlend blauen Himmel des beginnenden Sommers.
    Es war alles wie früher, und doch verdüsterte ein lebenswichtiger Unterschied meinen Tag. Er war nicht da.
    Es war falsch von mir zu hoffen, ihn da anzutreffen, wo ich ihn vor so vielen Monaten verlassen habe. Ihn beim Malen vorzufinden, was er stets getan hatte, indem er mit dem Pinsel gegen die Leinwand vorging wie ein Duellant in der Hitze des Gefechts.
    Es war falsch von mir zu wünschen, er würde sich umdrehen und mich mit seinen eindringlichen grauen Augen ansehen – mir zulächeln, meinen Namen sagen.
    Dennoch habe ich es mir gewünscht.
    Mein Herz raste in meiner Brust, als ich aus dem Haus stürmte und über den Rasen lief, am Garten vorbei und den Abhang hinunter.
    Die Klippen waren da. Hoch und stolz ragten sie in den klaren Sommerhimmel auf.
    Die See, heute fast ruhig, spiegelte die Farbe des Himmels wider, sodass es fast schien, als wäre ich in eine wunderschöne blaue Kugel eingeschlossen.
    Die Felsen stürzten vor mir in die Tiefe, weit, ganz weit hinunter, wo die Wellen schlugen und zischten.
    Hinter mir erhoben sich die Türme unseres Sommerhauses, des Hauses meines Ehemannes, arrogant und schön.
    Wie seltsam, dass ich dieses Haus liebe, obwohl ich darin solches Unglück erlebt habe.
    Ich erinnere mich daran, dass ich Bianca Calhoun bin, Ehefrau von Fergus Calhoun, Mutter von Colleen und Ethan und Sean. Ich bin eine respektierte Frau, eine pflichtbewusste Ehefrau, eine hingebungsvolle Mutter.
    Meine Ehe ist nicht herzlich, doch das ändert nichts an dem Schwur, den ich geleistet habe. Es gibt in meinem Leben keinen Raum für romantische Schwärmereien und sündige Träume.
    Dennoch stand ich da und wartete.
    Er kam jedoch nicht.
    Christian, der nur in meinem Herzen mein Liebhaber geworden ist, kam nicht.
    Vielleicht ist er überhaupt nicht mehr auf der Insel. Vielleicht hat er seine Bilder und seine Pinsel eingepackt und ist aus seinem Cottage ausgezogen, um ein anderes Meer und einen anderen Himmel zu malen.
    Das wäre das Beste. Ich weiß, dass es das Beste wäre. Seit ich ihn im letzten Sommer kennengelernt habe, verbrachte ich kaum eine Stunde, ohne an ihn zu denken. Doch ich habe einen Ehemann, den ich respektiere, und drei Kinder, die ich mehr als mein Leben liebe. Ihnen muss ich treu sein, nicht dem Andenken an etwas, das nie stattgefunden hat. Und nie stattfinden dürfte.
    Die Sonne geht unter, während ich hier am Fenster meines Turmes sitze und schreibe. Bald muss ich nach unten gehen und Nanny helfen, meine Babys zu Bett zu bringen.
    Der kleine Sean ist sehr gewachsen und versucht schon seine ersten Schritte. Bald wird er so schnell wie Ethan sein. Colleen, mit vier schon eine richtige junge Lady, wünscht sich ein neues rosa Kleid.
    Sie sind es, an die ich denken muss, meine Kinder, meine kostbaren Lieben, und nicht an Christian.
    Es wird ein ruhiger Abend sein, einer der wenigen, die wir während unseres Sommeraufenthalts auf Mount Desert Island verbringen werden.
    Fergus hat schon davon gesprochen, nächste Woche ein Dinner mit Tanzabend zu geben. Ich muss … Er ist da! Da unten auf den Klippen! Durch die Entfernung und das schwindende Licht ist er kaum mehr als ein Schatten. Dennoch weiß ich, dass er es ist. Genau wie ich wusste, als ich am Fenster stand und meine Hand an die Glasscheibe legte, dass er hier heraufsieht, zu mir sieht. Auch wenn es unmöglich ist, könnte ich schwören, dass ich ihn meinen Namen rufen höre. Ganz leise. Bianca.

1. K APITEL
    Sie prallte gegen eine solide Wand aus Jeansstoff und Muskeln. Der Zusammenstoß raubte Amanda Calhoun die Luft, und ihre Päckchen fielen zu Boden. In ihrer Eile machte sie sich nicht einmal die Mühe, dem Mann auch nur einen Blick zuzuwerfen, sondern bückte sich, um die herumliegenden Päckchen aufzuheben.
    Hätte er darauf geachtet, wohin er ging, wäre sie nicht mit ihm zusammengestoßen. Amanda gelang es, sich rechtzeitig auf die Zunge zu beißen, bevor ihr dieser Gedanke vorwurfsvoll herausplatzte.
    Stattdessen betrachtete sie finster die schiefen Absätze seiner Cowboystiefel.
    »Lassen Sie mich helfen, Honey.«
    Der
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