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Es muss nicht immer Mord sein

Es muss nicht immer Mord sein

Titel: Es muss nicht immer Mord sein
Autoren: Imogen Parker
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oder
andere Telefonat mit, tauschte Informationen mit den rund zwanzig Maklern aus
und hatte ganz allgemein das Sagen. Der neue Job lag ihm offensichtlich, und er
schien in den zwei Jahren, seit ich das letzte Mal mit ihm zusammengearbeitet
hatte, an Selbstvertrauen gewonnen zu haben. Als ich sah, wie er da so
herumschlich und den Boß markierte, verspürte ich einen nahezu mütterlichen
Stolz.
    Ich kannte Martin schon seit vielen Jahren. Wir
hatten uns in der amerikanischen Bank kennengelernt, bei der wir beide unsere
Karrieren begonnen hatten. Wir waren auf Anhieb Freunde geworden, unter
anderem, weil wir anscheinend die einzigen frisch eingestellten
Hochschulabgänger waren, die einen gesunden Mangel an Respekt vor unserem
erwählten Beruf verspürten. Meine Respektlosigkeit erwies sich dann allerdings
als zählebiger als diejenige Martins, denn eines Tages, nach fünf Jahren in der
Geschäftsabteilung der Bank, beschloß ich, das ganze Karrieregestrampel
aufzugeben und statt dessen lieber herauszufinden, was ich denn wirklich mit meinem Leben anfangen wollte.
    Seither hatte ich die Woche über als
Zeitarbeitskraft gejobbt und war an den meisten Wochenenden als
Stegreifkomikerin in diversen Pubs im Londoner Norden aufgetreten — immer in
der Hoffnung, daß sich mir eines Tages auf wundersame Weise ein neues Leben
eröffnen würde. Hatte es aber nicht. Obwohl meine Jobs jedesmal anders waren,
bekam ich schließlich das Gefühl, in einer Routine zu versauern, die fast so
bedrückend war wie meine Bankkarriere zuletzt und obendrein weitaus schlechter
bezahlt wurde. Also beschloß ich, eine Zeitlang auf Reisen zu gehen, erwarb ein
Diplom, das mich qualifizierte, Englisch als Fremdsprache zu lehren, damit ich
im Ausland notfalls Arbeit hatte und war auf dem Sprung, England auf
unbestimmte Zeit zu verlassen und meine Wohnung unterzuvermieten.
    Costas, der Besitzer des Hauses, in dem ich
wohnte, hatte just diesen Moment gewählt, um mir mitzuteilen, daß sich die
Fundamente absenkten und der Schaden von der Versicherung nicht vollständig
abgedeckt wurde; mein Anteil an den Sanierungskosten, zahlbar sofort, damit die
Stützarbeiten beginnen konnten, betrug 2000 Pfund. Das belief sich auf meine
gesamten Ersparnisse und ein klein wenig mehr.
     
    Während ich meine Pechsträhne hatte, fiel Martin
auf die Füße. Er war gerade von einem Headhunter abgeworben worden, um die Devisenhandels-Abteilung
einer Konkurrenzbank zu leiten. Wie es bei derartigen Dingen so läuft, setzte
die alte Bank ihn vor die Tür, sobald er seine Kündigung eingereicht hatte, und
die neue wollte, daß er sofort bei ihnen anfing. Als wir an seinem ersten Tag
über Mittag auf die Schnelle ein paar Sandwiches miteinander essen gingen,
konnte ich spüren, daß ihm ein wenig bange war vor dem neuen Job. Er trug weit
mehr Verantwortung, als er gewohnt war, und unter den Händlern schien es eine
Menge böses Blut wegen seiner Ernennung zu geben.
    Er brauche eine Assistentin, der er vertrauen
könne, sagte er und wischte sich einen Klecks Mayonnaise von der Nasenspitze,
aber wo solle er die so rasch bloß herbekommen?
    Ich begann, die tüchtigeren
Aushilfssekretärinnen aufzuzählen, denen ich begegnet war.
    »Du könntest dir nicht vorstellen, den Job
selber zu übernehmen, Soph?« unterbrach er mich.
    »Ich? Für dich arbeiten?« rief ich. »Nie im
Leben!«
    »Tja, warum denn nicht? Du brauchst das Geld.
Ich brauche jemanden mit ausreichend Erfahrung. Ich hab’ den Eindruck, daß die
Atmosphäre nicht gerade die beste ist.«
    »Oh, jetzt führst du mich aber wirklich in
Versuchung...« sagte ich.
    »Ach komm, du hast schon öfter in schwierigen
Umgebungen gearbeitet. Nun komm schon, Soph, hilf mir aus der Klemme.
Vielleicht macht es ja sogar Spaß.«
    »Nein. Ich könnte nicht wieder bei einer Bank
arbeiten, und außerdem würde es unsere Freundschaft ruinieren.«
    »Würde es natürlich nicht. Nun komm schon. Nur
für ein paar Monate?« taktierte er.
    »Nein.«
    »Bitte... Ich bezahle dir fünfzig Prozent über
deinem normalen Tarif. Und du würdest der Agentur nichts davon abgeben müssen.
Wie hört sich das an?«
    »Oh, also schön...« sagte ich.
    »Mal ehrlich Soph, ich weiß nicht, warum du
jemals aus dem Bankgeschäft ausgestiegen bist. Du bist eine knallharte
Verhandlungspartnerin«, sagte Martin grämlich.
     
    Martin beendete seine Runde durch den
Händlersaal und begab sich schnurstracks zu einem Treffen mit einem anderen
gedeckt gekleideten
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